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Was wurde aus der Kohlroulade als Aushängeschild der sächsischen Küche?

Gewickeltes Kraut mit Füllung als die Spezialität der Sächsischen Schweiz? Einige Köche glauben an den Siegeszug dieser kulinarischen Reklame.

Von Heike Sabel
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Die wilde Variante der Kohlroulade bereitet Robin Philipp im Schandauer Elbhotel zu.
Die wilde Variante der Kohlroulade bereitet Robin Philipp im Schandauer Elbhotel zu. © Mike Jäger

Die Kohlroulade ist so etwas wie Jägerschnitzel. Nämlich keine richtige Roulade. So wie das Jägerschnitzel statt nur eine gebratene Scheibe Jagdwurst ist, hat die Kohlroulade nichts oder nur ganz wenig mit Rindfleisch zu tun. Dafür ist die Kohlroulade die geschmackliche Werbung für die Sächsische Schweiz. Soll sie jedenfalls sein. So dachten es sich vor neun Jahren Köche und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Doch was ist aus dem Reklamehelden Kohlroulade geworden, wo wird sie noch gekocht und serviert und wie schmeckt der Klassiker heute?

Eigentlich ist die Kohlroulade ein Klassiker, sprich ein Gericht, das es schon gefühlt immer gab, so wie Kraut und Hackfleisch. Als die Kohlroulade zum "Sächsischen Gericht" erklärt wurde, war man im Elbhotel in Bad Schandau etwas skeptisch. "Wir hätten nie gedacht, dass das ein Erfolg werden würde", sagt Daniel Mitzscherlich. Wäre sie wahrscheinlich auch nicht, wenn alle die gleiche Kohlroulade serviert hätten. Aber Köche sind kreativ und so entstanden in den Restaurantküchen der Sächsischen Schweiz viele Kohlrouladen - und jede wurde eine Spezialität auf ihre Art. Im Schandauer Elbhotel ist es ein "Wildkrautwickel mit Quittenragout verfeinert", der auf der Speisekarte als "Regionale Spezialität" steht und 16,90 Euro kostet. Jährlich wird das Gericht um die 1.000 Mal bestellt.

Omas Klassiker läuft wie Bolle

Nicht immer, aber immer anders wird die Kohlroulade im Heeselichter Landhotel und Restaurant Zum Erbgericht serviert. Mit Kalbfleisch oder Wild, nach Omas Rezept mit gemischtem Hack oder geflochten, auch mal mit Rotkraut sind die Ideen von Junior-Chef Philipp Haufe. "In der Klassiker-Woche läuft die Kohlroulade wie Bolle", sagt er. Und auch sonst sind die Gäste der Roulade in Kohl wohlgesonnen. Die geflochtene Variante ist Teil des Menüs, das aufgrund des höheren Preises nicht ganz so gefragt ist.

Derzeit steht keine kohlige Rouladen-Variante auf der Heeselichter Speisekarte. Gerade war Valentinstag und danach ist Schlachtfest das Thema. Der Start-Krautwickel in Heeselicht vor neun Jahren präsentierte sich im Schachbrettmuster: Unter Rotkohl- und Wirsingblättern verbarg sich feines Kalbsfilet. Gewürzt wurde die Delikatesse mit Thymian, Knoblauch, Kümmel und Senfkörnern.

Die Könige wechseln, das Kraut bleibt

Das Romantikhotel Deutsches Haus in Pirna hat die Kohlroulade nach wie vor als Krautwickel auf der Speisekarte und weist sie ausdrücklich als "Das Gericht der Sächsischen Schweiz" aus. Dazu gibt es Kartoffelpüree und Sellerie, das Ganze für 21 Euro.

Junior-Chefin Katja Riedel hatte sich vor neun Jahren sogar ein Krautwickel Märchen ausgedacht. In dem liebten in einem Königreich alle Bewohner mit dem König an der Spitze Krautgerichte über alles. Mit dem Land war und ist die Sächsische Schweiz gemeint, mit dem König der damalige Chef des Tourismusverbandes, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Klaus Brähmig (CDU). Die Könige wechseln, das Kraut aber bleibt.

Ausflug in die Kohlwelten soll weitergehen

Für die Dehoga, den Interessenvertreter der Gastwirte und Hoteliers, war die Kohlroulade ein kleiner, aber recht erfolgreicher Ausflug in die Kohlwelten, sagt Thomas Pfenniger, Geschäftsführer Controlling & Administration. Leider hätten nur wenige Unternehmen aus der Sächsischen Schweiz den Sinn dahinter erkannt. Doch für die, die damals mitmachten, habe es sich auf jeden Fall gelohnt.

Der Krautwickel soll nun zu neuem Leben erweckt werden, sagt Pfenniger. "Aber ohne direkte Dehoga-Beteiligung." Man sei damals der Initiator gewesen, jetzt sollen es die Gastwirte selbst in die Hand nehmen. Doch die haben derzeit andere Sorgen, Stichwort Rückkehr zur höheren Mehrwertsteuer. "Ohne hätte es den Einsatz von mehr regionalen Produkten erleichtert und wir hätten vielleicht schon ein neues Erfolgsprodukt vorweisen können", sagt Pfenniger. Aber das könne sich bei den kreativen Mitgliedern schnell ändern.

Weißwurst und Spätzle brauchten auch ihre Zeit

Weißwurst und Spätzle sind auch nicht von heute auf morgen zu den geschmacklichen Synonymen für Bayern und das Schwabenland geworden, sagt Philipp Haufe. Damit es die Kohlroulade für die Sächsische Schweiz schafft, müssten alle an einem Strang sprich dem Kohlkopf ziehen. Haufe denkt an Events, in deren Mittelpunkt Kraut und - nein nicht Rüben - sondern die rouladigen Verwandten stehen. Riesenkrautwickel und spezielle Wochen rund um den sächsischen Helden gab es schon einmal. Warum sie nicht wieder unter dem Motto "Alles Kohl oder was" aufwärmen?