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Bis zu 31 Stück Zucker in einem Liter Glühwein

Ökotest hat neun abgepackte Glühweine getestet. Am Etikett kann man die Inhaltsstoffe nicht erkennen. Doch das soll sich im Dezember ändern.

Von Susanne Plecher
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Vier von neun abgepackten Glühweinen sind laut Ökotest "sehr gut".
Vier von neun abgepackten Glühweinen sind laut Ökotest "sehr gut". © 123rf

Glühwein gehört nicht nur auf den Weihnachtsmarkt. Immer häufiger kommt er auch daheim in die Tassen – zum Beispiel beim lauschigen Fernsehabend mit Weihnachtsfilmen auf der Couch oder an der Feuerschale mit Freunden. Viele Supermärkte haben die Produkte schon seit September im Sortiment, ähnlich wie Spekulatius oder Pfefferkuchen. Doch was taugen die und worauf muss oder kann man beim Kauf achten?

Die Zeitschrift Ökotest hat 24 dieser abgefüllten Glühweine untersucht. Gekauft wurden sie zwischen September und Oktober im Laden und online. Die ersten neun Ergebnisse werden jetzt, der große Rest am 1. Dezember veröffentlicht.

Relevant für den Test war zunächst die sensorische Prüfung, also Geschmack, Duft und Farbe der Weine. Wichtig war den Testern dabei vor allem, dass die Produkte nach Zimt und Nelke schmeckten, so, wie es das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit empfiehlt. Ein Labor ermittelte zudem unter anderem den Gehalt an Vanillin, Cumarin sowie Zucker, Alkohol und Konservierungsstoffen. Schließlich wurden die Glühweine auf potenziell schädliche Inhaltsstoffe wie Pestizide, Schwermetalle oder Schimmelpilze untersucht. Gefunden wurden bis zu drei Pestizidspuren pro Glühwein.

Bioprodukte als einzige frei von Pestizidrückständen

Vier der neun Produkte schnitten sehr gut ab, davon alle drei Bio-Glühweine im Test, darunter der Heiße Hirsch von Acht Grad Plus und der rote Hygge Glühwein von Voelkel. Mit einem Literpreis von 4,65 Euro bis 5,98 Euro kosteten sie zwar am meisten, waren aber auch die einzigen Produkte, die weder Pestizidspuren, also Reste von Pflanzenschutzmitteln, noch andere bedenkliche Inhaltsstoffe enthielten. Ein Glühwein war gut, drei befriedigten die Anforderungen, einen schätzten die Tester als ausreichend ein.

Letzterer ist der einzige im Tetrapack: Omas Glühwein von der St. Lorenz Weinkellerei. Mit 3,48 Euro pro Liter ist er der Drittgünstigste. Er schmecke den Testern zufolge zwar weinartig und nach Nelke und Zimt – also so, wie es sein sollte. Aber auch die Verpackung war herauszuschmecken. Das führte zu einer Abwertung um zwei Noten.

Zudem fanden sich Spuren von zwei Pestiziden sowie nicht authentisches Vanillin-Aroma. Das heißt, dass dieser Stoff nicht aus der Vanillin-Schote gewonnen, sondern synthetisch oder biotechnologisch hergestellt wurde.

Glühwein lässt sich auch einfach selber machen: Zum guten Grundwein gibt man Gewürze wie Kardamom, Sternanis und Zimt, etwas Honig und Orangenscheiben.
Glühwein lässt sich auch einfach selber machen: Zum guten Grundwein gibt man Gewürze wie Kardamom, Sternanis und Zimt, etwas Honig und Orangenscheiben. © Christin Klose/dpa

Rein rechtlich sei das kein Problem, so Heike Baier von Ökotest. Dennoch gibt es dafür Punktabzug, „weil in unseren Augen Lebensmittel, die mit hochwertigen natürlichen Zutaten und Gewürzen geschmacklich überzeugen, eine höhere Qualität haben.“

Ottonormalverbraucher ohne Labor könne das an der Farbe des Weines ausmachen, sagt Sommelier und SZ-Weinkolumnist Silvio Nitzsche aus Dresden: Eine leicht trübe Färbung sei ein Zeichen dafür, dass echte Gewürze und keine Aromen verwendet wurden. Aromatisierte Getränke verrieten sich außerdem oft schon „am intensiv-aufdringlichen Geschmack“.

EU-Verordnung sorgt für mehr Klarheit

Einen guten Glühwein nur am Etikett zu erkennen, ist bislang kaum möglich. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Lebensmitteln muss Glühwein weder eine Zutatenliste noch eine Nährwerttabelle tragen, wie Antje Degner von der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern sagt.

Doch das ändert sich für alle Weine, Obstweine, aromatisierten Weine und Schaumweine, die nach dem 8. Dezember 2023 hergestellt werden. Dafür sorgt eine EU-Verordnung, die verlangt, dass ab diesem Datum detaillierte Angaben zu den Energie- und Nährwerten, Inhaltsstoffen und Allergenen klar ersichtlich auf die Etiketten gedruckt werden müssen. Dann wird für alle Käufer auch ersichtlich sein, wie viel Zucker die Hersteller ihren Glühweinen beigemischt haben.

Deutliche Unterschiede im Zucker- und Alkoholgehalt

Noch ist das aber keine Pflicht. Ökotest hat diese Angaben erhoben und fand zwischen 72 und 94 Gramm Zucker pro Liter Glühwein in den Produkten. Zum bildhafteren Verständnis: Das sind zwischen 24 und 31,3 Stück Würfelzucker pro Liter. Eine 100-Gramm-Tafel Vollmilchschokolade enthält etwa 56 Gramm Zucker. Da Wasser dem Glühwein nicht zugesetzt werden darf, ist Zucker eine der billigsten legalen Zutaten.

Der süßeste Glühwein im Test war der Heiße Hirsch, der am wenigsten süße der Hygge Glühwein von Voelkel. Auch im Alkoholgehalt unterscheiden sich die Produkte mitunter eklatant. Am wenigsten beinhaltet mit 8,7 Volumenprozent Omas Glühwein, am meisten mit 11,7 Volumenprozent der rote Premium Glühwein von der Weinkellerei Andreas Oster. Dieses Produkt, das Aldi Nord vertreibt, weist das beste Preis-Leistungs-Verhältnis der neun Glühweine im Test auf.

Glühwein: Das darf rein

  • Die Zusammensetzung von Glühwein regelt die EU-Verordnung über aromatisierte Weinerzeugnisse rechtlich.
  • Glühwein ist demnach ein weinhaltiges Getränk, das ausschließlich aus Rot- oder Weißwein gewonnen und hauptsächlich mit Zimt und/ oder Gewürznelken gewürzt wird. Seit 2022 darf Glühwein auch aus Roséweinen hergestellt werden.
  • Der Alkoholgehalt muss zwischen sieben und 14,5 Volumenprozent liegen.
  • Der Zusatz von Zucker oder anderen süßenden Zutaten sowie bestimmten Farb- und Aromastoffen ist erlaubt.
  • Wasser darf genau so wenig zugesetzt werden wie Alkohol.
  • Laut Deutschem Weininstitut (DWI) verwenden hiesige Winzer für ihre Glühweine hauptsächlich die roten Rebsorten Dornfelder und Spätburgunder sowie die weißen Sorten Müller-Thurgau und Riesling.
  • Begriffe wie „Winzer-Glühwein“ oder „Weingut“ auf dem Etikett stellen laut DWI sicher, dass das Produkt aus eigenen Weinen im Betrieb zubereitet wurde.
  • Die Angabe „Deutscher Glühwein“ garantiert dem DWI zufolge heimische Grundweine. (rnw)