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Sachsen will Frauen in der Verwaltung stärken

Ministerin Katja Meier legt einen Entwurf für das neue Gleichstellungsgesetz für den Öffentlichen Dienst in Sachsen vor - mit flexibleren Arbeitszeiten und verbindlichen Förderplanen.

Von Nora Miethke
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Sachsens Gleichstellungsministerin Katja Meier (Bündnis90/Die Grünen) stellt Entwurf für ein neues Gleichstellungsgesetz vor.
Sachsens Gleichstellungsministerin Katja Meier (Bündnis90/Die Grünen) stellt Entwurf für ein neues Gleichstellungsgesetz vor. © Sebastian Kahnert/dpa

Das ist ein dickes Brett, das Sachsens Justiz- und Gleichstellungsministerin Katja Meier (Grüne) bohren will – ein neues Gleichstellungsgesetz für den Freistaat verabschieden. Immerhin kann sie es jetzt anbohren. Am Dienstag hat das Kabinett beschlossen, den Entwurf für ein Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst zur Anhörung von Verwaltung, Verbänden und Interessenvertretungen freizugeben.

Das Gesetz soll das aus dem Jahr 1994 stammende Sächsische Frauenförderungsgesetz ablösen, das Meier zufolge in der Verwaltung "unterschiedlich konsequent" umgesetzt wurde. Künftig sollen Frauen in Führungspositionen bei gleicher Eignung bevorzugt werden, wenn sie in der betreffenden Dienststelle unterrepräsentiert sind. Über die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen Ebenen und Bereichen des öffentlichen Dienstes hinaus möchte der Freistaat Sachsen Chancengerechtigkeit für alle Bediensteten mit Familien- und Pflegeaufgaben herstellen.

Bisher - einmalig in Deutschland - ist vorgesehen, dass Beschäftigte für die Pflege von Personen in ihrem Haushalt freigestellt werden können, auch wenn sie keine verwandtschaftliche Beziehung zu diesen Personen haben. Hintergrund ist die zunehmende Zahl von Singles, die in Wohngemeinschaften leben, auch im fortgeschrittenen Alter.

Des Weiteren hat sich die Ministerin vorgenommen, die Gleichstellungsarbeit in den Dienststellen durch starke Gleichstellungsbeauftragte und aussagekräftige Gleichstellungspläne zu professionalisieren. „Mit dem Gleichstellungsgesetz erfüllt der Freistaat den Verfassungsauftrag zur tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern aus Artikel 8 der Sächsischen Verfassung und setzt ein wichtiges Vorhaben unseres Koalitionsvertrages um.“, betont Katja Meier. Sie kann dabei auf Vorarbeiten ihrer Amtsvorgängerin Petra Köpping (SPD) zurückgreifen, die schon in der vergangenen Legislaturperiode um ein Gleichstellungsgesetz gekämpft hat.

Das Gleichstellungsgesetz soll für den gesamten öffentlichen Dienst im Freistaat Sachsen gelten, also grundsätzlich auch in den kommunalen Verwaltungen. Ab 17.000 Einwohnern sollen Kommunen künftig einen Gleichstellungsbeauftragten oder -beauftragte bestellen. Deren Freistellungszeiten werden je nach Größe der Dienststelle geregelt. Ziel ist, nicht nur mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, sondern auch ihre Beteiligung in Gremien wie Beiräten, Kommissionen, Verwaltungsräten oder Jurys zu erhöhen.

Frauenbeauftragte werden zu Gleichstellungsbeauftragten

Die bisherigen Frauenbeauftragten in den Dienststellen werden von Gleichstellungsbeauftragten abgelöst. Sie werden durch erweiterte Beteiligungsrechte, verbindliche Freistellungsregelungen und ein eigenes Klagerecht gestärkt.

Zu professioneller Gleichstellungsarbeit gehört nach Ansicht des Ministeriums auch stetiges und aussagekräftiges Monitoring. Die bisherigen Frauenförderpläne werden durch Gleichstellungspläne ersetzt, in denen die Dienststellen regelmäßig ihre Bedienstetenstruktur analysieren und sich Ziele zur Herstellung von Chancengerechtigkeit für alle Bediensteten setzen sollen.

Aber wie ist es überhaupt um die Geschlechterparität im öffentlichen Dienst bestellt? Grundlage des Gesetzentwurfs ist der sechste Frauenförderungsbericht des Freistaats, erschienen im Mai 2021 und erarbeitet von der Personalberatung Kienbaum. Die dort analysierten Daten und Statistiken stammen aus dem Jahr 2018, ergänzt durch die Ergebnisse einer Online-Befragung aus dem Jahr 2019.

Jüngere Entwicklungen wie zum Beispiel die Neueinstellungen von Schul- und Kitapersonal oder Folgen der Corona-Pandemie wie das zunehmende mobile Arbeiten und konnten demnach nicht berücksichtigt werden. Das muss man bei den folgenden Zahlen im Hinterkopf haben.

Frauenanteil in obersten Leitungsfunktionen bei 39 Prozent

Zum Stichtag 30. Juni 2018 waren nach dem Bericht insgesamt 216.848 Personen im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen beschäftigt - 75.502 Männer und 141.346 Frauen, was einem Frauenanteil von 65,2 Prozent entspricht. Der Frauenanteil unter Beamtinnen und Beamten fällt mit 43,7 Prozent schon erheblich niedriger aus, in den höchstbesoldeten Gruppen sinkt er noch einmal auf 39,2 Prozent.

Obgleich in einzelnen Bereichen – wie den Sparkassen – der Frauenanteil in den obersten Leitungsfunktionen leicht anstieg, waren über alle Bereiche hinweg betrachtet Frauen in diesen Positionen weiterhin mit einem Anteil von 46,3 Prozent „unterrepräsentiert“, wie es in dem Bericht heißt. In einigen Bereichen soll der Anteil der Frauen in Leitungsfunktionen nur bei einem Viertel liegen.

Die Ergebnisse der Online-Befragungen haben gezeigt, das 98 Prozent der Dienststellen ihren Beschäftigten eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten und Gleitzeit anbieten. Allerdings war 2019 ortsunabhängiges Arbeiten mit 13 Prozent eher selten ermöglicht. Nur jede zweite Dienststelle hatte für im Mittel rund 17 Prozent der Beschäftigten ein entsprechendes Angebot eingeführt.

Gleichzeitig wird das mobile Arbeiten aber von den (weiblichen) Beschäftigten stark nachgefragt, 69 Prozent wünschen sich dies. Zwei Drittel der Dienststellen führen regelmäßig Personalgespräche zur langfristigen Planung der beruflichen Entwicklung der Beschäftigten.

Wie geht es weiter? Die bis Mitte Februar 2023 laufende Verbändeanhörung wird bis zum Ende des ersten Quartals ausgewertet. Die zweite Kabinettsbefassung und Einbringung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung in den Landtag sollen vor der Sommerpause 2023 erfolgen. Abhängig von der Behandlung des Entwurfs im Sächsischen Landtag könnte das Sächsische Gleichstellungsgesetz am 1. Januar 2024 in Kraft treten.