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Morgenlage in Sachsen: AfD-Wahlsieg; Russland schließt Konsulat; CDU-Austritte

Schuldzuweisungen nach AfD-Wahlsieg + Russland schließt Konsulat in Leipzig + CDU verliert zwei prominente Mitglieder

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Tim Lochner ist der erste AfD-Oberbürgermeister Deutschlands. Über die Gründe seines Wahlsiegs wird gestritten.
Tim Lochner ist der erste AfD-Oberbürgermeister Deutschlands. Über die Gründe seines Wahlsiegs wird gestritten. © dpa

Guten Morgen,

weithin betretenes Schweigen füllte am Tag nach der Pirnaer Oberbürgermeisterwahl den politischen Raum über Sachsen. Der Ministerpräsident besuchte eine Nudel-Fabrik, der Vize-Ministerpräsident stellte den Waldzustandsbericht vor. Ganz normales Programm an einem ganz normalen Montag. Öffentlich äußern wollte sich kein Regierungsmitglied zur Oberbürgermeisterwahl in Pirna. Aus Respekt für das Wähler-Votum. Nur keine Wähler-Beschimpfung.

So herrschte neben Jubel-Rufen der AfD eher Katerstimmung bei den anderen Parteien. Dabei war es doch eine Niederlage mit sehr langer Ansage. Hier geht es weiter.

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Das Wichtigste am Morgen:

Schuldzuweisungen nach AfD-Wahlsieg

Nach der Wahl des AfD-Kandidaten Tim Lochner (zum Porträt) zum Oberbürgermeister in Pirna kritisieren die Freien Wähler die CDU. Die CDU habe es nicht fertiggebracht, sich hinter den nach dem 1. Wahlgang zweit platzierten Kandidaten der Freien Wähler zu stellen, sagt Thomas Weidinger, Landeschef der Freien Wähler in Sachsen. "Stattdessen hat man mit dem nochmaligen Antritt der CDU-Kandidatin bewusst in Kauf genommen, für die AfD den Steigbügelhalter zu spielen." Die CDU wiederum sieht die Schuld bei den Freien Wählern. Die Spitzen der sächsischen Regierungskoalition halten sich hingegen auffallend zurück. Sächsische fasst alle Zahlen und Fakten des Wahlergebnisses zusammen.

Doch welche Auswirkungen hat der AfD-Wahlsieg auf die Landespolitik? Womöglich wird die CDU nun stärker differenzieren zwischen Wählern und Funktionären der Partei. Auf Landesebene ist die CDU die einzige Kraft, die in Umfragen etwa gleichauf mit der AfD liegt. Alle anderen Parteien stoßen in Sachsen auf deutlich geringere Resonanz. Anders gesagt: Ihnen fällt die Abgrenzung zur AfD leichter, da sie ohnehin keine Stimmen von deren Anhängern erwarten können. Bündnisse gegen die AfD werden nach Pirna noch komplizierter. Womöglich ist die CDU nach der Landtagswahl im Herbst auf die Linke angewiesen, wenn im Landtag eine Mehrheit ohne AfD zusammenkommen soll. Hier geht es zur kompletten Analyse von Sächsische.de. Im Podcast-Interview äußert sich der Politikwissenschaftler Hans Vorländer deutlich: "Das war absolut ein Stimmungstest für die Landtagswahl." Allerdings, fährt Vorländer fort, habe das Pirnaer Ergebnis auch gezeigt: "Es ist die Grenze des Potenzials der AfD erreicht."

Russland schließt Konsulat in Leipzig

Russlands Generalkonsulat in Leipzig wird geschlossen. Die Bundesregierung hatte der russischen Föderation Ende Mai aufgetragen, vier ihrer fünf Generalkonsulate in Deutschland zu schließen und sich auf die Botschaft in Berlin und ein Generalkonsulat zu beschränken – "um eine Ausgewogenheit der beiderseitigen Präsenzen sicherzustellen", hieß es. Kurz zuvor hatte Putins Regierung die Zahl der Beschäftigten bei deutschen Einrichtungen in Russland auf 350 Personen begrenzt. Seither sind nur noch die Botschaft und ein Generalkonsulat in Sankt Petersburg geöffnet. Die Pressestelle der russischen Botschaft schiebt die Verantwortung jedoch allein der Bundesregierung zu: Die russischen konsularischen Missionen würden "ausschließlich infolge des präzedenzlosen unfreundlichen Schrittes der deutschen Seite geschlossen". Dass die Arbeit der Generalkonsulate in Hamburg und Leipzig nun in Berlin erledigt werden müsse, stelle die Botschaft vor große Aufgaben. Auf dem Botschaftsgelände soll nun eine Filiale der Konsularstelle entstehen.

CDU verliert zwei prominente Mitglieder

Die sächsische CDU verliert zwei prominente Mitglieder. Der ehemalige Landrat von Riesa-Großenhain, Rainer Kutschke, sowie der Ex-Oberbürgermeister von Großenhain, Burkhard Müller, haben mit Schreiben an den Kreis- beziehungsweise Ortsvorstand ihren Austritt aus der Partei erklärt. Kutschke bezeichnet die Wahl von Sebastian Fischer, der im Vorjahr als Nachrücker wieder in den Landtag kam, als Großenhainer CDU-Direktkandidat für die Landtagswahl 2024 als falsch. "Herr Fischer hat den Wahlkreis verloren, als die AfD noch nicht solche Umfragewerte hatte", so Kutschke. "Es wird ja wohl nicht besser werden. Man hat sich einfach nicht bemüht, geeignete Personen in diesen drei Jahren für eine solche Funktion heranzuziehen." Im Grunde sei es aber die Gesamtsituation der CDU, "die weder mit Inhalten noch mit Personen die Menschen in unserem Land erreicht". Müller hingegen sieht den Grund für den Austritt ausschließlich bei sich selbst.

Gericht verurteilt Klimaaktivistin - doch Prozess geht weiter

Eine Klimaaktivistin, die sich am 15. Februar 2023 bei einem Protestcamp gegen den geplanten Kießabbau im Heidebogen bei Ottendorf-Okrilla auf einer Baumplattform angekettet hatte, ist am Amtsgericht Bautzen zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Das ist die Mindeststrafe für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte im besonders schweren Fall. Fünf Prozesstage hatte das Gericht gebraucht, um zu einem Urteil zu kommen, allein drei davon gingen dafür drauf, um festzustellen, wer überhaupt auf der Anklagebank sitzt. Doch beendet ist der Prozess damit noch nicht. Der Anwalt hat bereits angekündigt, Rechtsmittel einzulegen.

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