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Morgenlage in Sachsen: AfD-Hoch; Kretschmer; Wagenknecht; Bauernprotest

Kretschmer äußert sich zu AfD-Hoch + Wagenknecht nennt weitere Mitstreiter - und Parteinamen + Bauernprotest: Das ist kommende Woche in Sachsen geplant

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich erstmals zu dem gegenwärtigen AfD-Hoch geäußert. Er sieht vor allem eine Ursache.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich erstmals zu dem gegenwärtigen AfD-Hoch geäußert. Er sieht vor allem eine Ursache. © Robert Michael/dpa

Guten Morgen,

wenn der Arbeitskollege ironisch über den Bürotisch ruft: "Na, und wollen wir nicht auch eine Partei gründen?" dann nimmt die Tendenz zu immer neuen politischen Kräften absurde Formen an. Erinnern Sie sich noch an das "Bündnis Deutschland" um den ehemaligen Freie-Wähler-Landeschef Steffen Große? Wenn nicht, macht nichts. Seit der Gründung vor etwas mehr als einem Jahr ist es um die Partei sehr still geblieben.

Bessere Chancen, bei den anstehenden Wahlen zu bestehen, hat da schon Sahra Wagenknecht. Nachdem gestern die Einladung zu einer Pressekonferenz am kommenden Montag verschickt wurde, wissen wir auch, wie die Partei nun höchstwahrscheinlich heißen soll: "Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit". Es wird also voll auf die große Popularität der ehemaligen Linkenpolitikerin gesetzt. Ob das reicht?

Auch ein weiterer bekannter Name will bei den Wahlen dabei sein. Wie gestern bekannt wurde, strebt Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die Ausgründung der Werteunion als eigene Partei an. Am 20. Januar soll die Entscheidung fallen.

Man kann über diese Inflation der Partei-Neugründungen spotten, sie machen aber zwei Dinge deutlich: Angesichts der in diesem Jahr anstehenden EU-, Kommunal- und Landtagswahlen schätzen die Neulinge ihre Chancen wohl als einmalig gut ein, im Gespräch zu bleiben und gar in Parlamente einzuziehen. Hinzu kommt, dass sie ihr Stimmen-Potenzial angesichts der großen Unzufriedenheit unter der Wahlbevölkerung wohl als besonders groß ansehen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag und ein erholsames Wochenende. Bis Montag,

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

AfD-Hoch: Kretschmer sieht "Medienrevolution" als Grund

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hält die jüngsten Ergebnisse einer Civey-Umfrage für Sächsische.de, nach der die AfD in der sächsischen Wählergunst auf 37 Prozent und die CDU auf 33 Prozent kommt, für eine "Momentaufnahme", die man ändern könne. "Aber man muss diese Situation ernst nehmen", sagte Kretschmer bei seinem traditionellen Neujahrsauftakt-Besuch im sächsischen Industrieclub. Einen Hauptgrund für den wachsenden Zuspruch für die im Freistaat als rechtsextrem eingestufte AfD-Partei sieht Kretschmer in der "neuen Medienrevolution", die in Sachsen besonders stark ausgebrochen sei. Immer mehr Menschen würden keine Tageszeitung mehr lesen oder sich im Öffentlichen Rundfunk informieren, sondern über Social-Media-Kanäle und viele von ihnen in einer parallelen Wirklichkeit leben. "Wir haben noch keinen aufgeklärten Umgang mit diesen neuen Medien", so der CDU-Landeschef.

Im Interview spricht der ehemalige Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle über den momentanen AfD-Höhenflug. Er sagt: "Die Wähler der AfD sind längst nicht alle Rechtsextreme und Antisemiten." Sicherlich seien viele anfällig für Verschwörungstheorien und populistische Parolen, das seien aber keine neuen Phänomene; beides gebe es seit Jahrhunderten. "Ich halte nichts von Lager-Theorien: Hier stehen die Wähler der AfD, dort sind die anderen. Es ist vielfältiger, komplizierter, verwobener. Es gibt nicht 'den' AfD-Wähler."

Wagenknecht nennt weitere Mitstreiter - und Parteiname

Sahra Wagenknechts Partei nimmt konkrete Formen an. Am Montag ist die offizielle Gründung geplant. Die ehemalige Linkenpolitikerin will dazu eine Pressekonferenz in Berlin geben. Wie aus der Einladung hervorgeht, soll über die Gründung der Partei "Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit" sowie über den Vorschlag über die Spitzenkandidaturen zur Europawahl informiert werden. Neben Wagenknecht sind auch andere prominente Politikerinnen und Politiker angekündigt. Wagenknechts Vertraute aus der früheren Linksfraktion, die damalige Vorsitzende Amira Mohamed Ali, sitzt auf dem Podium. Auch der Bundestagsabgeordnete Christian Leye ist angekündigt. Zu den weiteren Teilnehmern zählt Fabio di Masi. Der Politiker saß für die Linke im Europaparlament sowie im Bundestag. Unterstützung für Wagenknecht kommt auch aus Sachsen. Die ehemalige SPD-Landtags- und -Bundestagsabgeordnete Marlies Volkmer kündigte am Donnerstag ihren Eintritt in die neue Partei an.

Maaßen will mit neuer Partei auch in Sachsen antreten

Die Werteunion will bei einer Mitgliederversammlung über erste Schritte hin zu einer Parteigründung entscheiden. "Die Partei könnte bereits bei den anstehenden ostdeutschen Landtagswahlen antreten und würde mit allen Parteien zusammenarbeiten, die diese Programmatik unterstützen und die zu einer Politikwende in Deutschland bereit sind", sagt der Ex-Bundesverfassungsschutzpräsident und Vorsitzende der Werteunion, Hans-Georg Maaßen. In diesem Jahr stehen in Sachsen, Thüringen und in Brandenburg Landtagswahlen an. Laut Maaßen ist eine Mitgliederversammlung der Werteunion für den 20. Januar in Erfurt geplant. Dort solle über eine Übertragung des Namensrechts auf eine neu zu gründende Partei namens WerteUnion entschieden werden.

Bundesregierung kippt Kürzungen für Landwirte teils

Die Ampel-Koalition will geplante Kürzungen von Subventionen für Landwirte teilweise zurücknehmen. Demnach soll es keine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft geben, wie die Bundesregierung am Donnerstag mitteilte. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel werde zudem nicht in einem Schritt vollzogen. Es soll eine schrittweise Reduzierung erfolgen, um den betroffenen Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben. Sachsens Landesregierung erneuerte ihre Kritik an den ursprünglichen Plänen. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nennt die teilweise Rücknahme der Pläne unzureichend.

Auch dem Deutschen Bauernverband reichen die angekündigten Nachbesserungen nicht aus. Bauernpräsident Joachim Rukwied sagt: "Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch. An unserer Aktionswoche halten wir daher weiter fest." Im Interview erklärt Rukwied, warum die Landwirte kommende Woche auf die Straße gehen wollen - und wie sie es mit der AfD halten. Am Montag, 8. Januar, planen die Landwirte dezentrale Aktionen in ganz Sachsen. Vorgesehen ist, alle Autobahnauffahrten im gesamten Freistaat zu blockieren - auch kleinere Straßen sind betroffen, wie zum Beispiel in der Region Döbeln. Im Landkreis Görlitz soll es auch schon am Sonntag zu Blockaden kommen. Eine Großdemonstration auf dem Theaterplatz in Dresden ist für Mittwoch, den 10. Januar angesetzt. Schlusspunkt der Bauern-Aktionswoche wird eine Großdemonstration in Berlin am 15. Januar. Sächsische.de fasst zusammen, mit welche Behinderungen zu rechnen ist.

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