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Massive Bauernproteste ab Montag: Diese Aktionen sind in Sachsen geplant

Am kommenden Montag wollen die Landwirte in Sachsen den Verkehr blockieren. Am Mittwoch ist in Dresden zudem eine große Demo gegen die Bundesregierung geplant. Auch Sachsens Ministerpräsident Kretschmer wird dort erwartet.

Von Luisa Zenker & Moritz Schloms
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Schon kurz vor Weihnachten blockierten Bauern mit ihren Traktoren zahlreiche Auffahrten an der A4.
Schon kurz vor Weihnachten blockierten Bauern mit ihren Traktoren zahlreiche Auffahrten an der A4. © Bodo Schackow/dpa

Die sächsischen Landwirte beteiligen sich in der kommenden Woche an einer Aktion des Deutschen Bauernverbandes. Der Sächsische Landesbauernverband (SLB) hat gemeinsam mit den Landwirten vom sächsischen Verein "Land schafft Verbindung" und einem Verband für Familienbetriebe in der Aktionswoche eine Großdemonstration, sowie Verkehrsblockaden angekündigt.

Auslöser waren die geplanten Kürzungen von Subventionen für Landwirte, welche die Ampel-Regierung jedoch am Donnerstag schon teilweise zurücknahm. Demnach soll es keine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft mehr geben. Die Bauern bleiben jedoch bei ihrer Protestwoche. Stefan Seyfarth, der Hauptgeschäftsführer des SLB, sagt dazu: "Es muss weitere Nachbesserungen bei den Maßnahmen der Regierung geben." So müsse etwa die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel komplett vom Tisch.

Eine Heugabel steckt in einem Strohballen, der vor dem Landtag liegt. Dort demonstrierten Bauern im November 2023 für eine Sicherstellung der Ausgleichszahlungen für erbrachte Umweltleistungen.
Eine Heugabel steckt in einem Strohballen, der vor dem Landtag liegt. Dort demonstrierten Bauern im November 2023 für eine Sicherstellung der Ausgleichszahlungen für erbrachte Umweltleistungen. © Sebastian Willnow/dpa

Unter dem Motto "Die demokratische Mitte steht auf!" soll zuerst am Montag der Verkehr in Sachsen massiv verlangsamt werden. Dabei wollen die Bauern mit Traktoren vor allem die Autobahnauffahrten um die Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz blockieren. Auch einzelne Bundes- und Schnellstraßen sollen betroffen sein.

Von diesen Blockaden könnte auch die Gesundheitsversorgung Sachsens betroffen sein. Darum sorgt Friedrich München, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen. Er sagt: "Wir respektieren das Recht auf friedlichen Protest, möchten jedoch dringend darum bitten, während der Streiks Durchfahrten für Rettungsdienste und medizinisches Personal der Krankenhäuser zu ermöglichen."

Stefan Seyfarth sagt zu der Aktion: "Damit wollen wir die Aufmerksamkeit der Bevölkerung gewinnen." Diese solle genutzt werden, um auf die Demonstration am 10. Januar auf dem Dresdner Theaterplatz hinzuweisen. Dabei werden voraussichtlich etwa 1.000 Demonstranten gegen die Sparmaßnahmen der Regierung protestieren. Mit Dutzenden Traktoren, aber auch Forstmaschinen soll der Platz umkreist werden. Unklar sei dabei noch, ob sich das Hochwasser auf die geplante Aktion auswirken könne, sagt Seyfarth.

Warum halten die Bauern trotz Ampel-Rückzieher an ihren Protesten fest?

Auf der Demonstration soll auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer auftreten. Er sei als einziger Politiker eingeladen, heißt es von den Organisatoren. Dem CDU-Politiker soll ein Forderungskatalog übergeben werden, den er für die Bauern an die Ampel-Regierung weitergeben soll. Kretschmer kritisierte die Sparmaßnahmen der Ampel schon zuvor. "Mit den geplanten Maßnahmen der Bundesregierung werden die Landwirte einseitig und überproportional belastet."

Dass die Bauern an ihren Protesten festhalten, obwohl die Ampel-Regierung diese Maßnahmen weitgehend zurückgenommen hat, erklärt Stefan Seyfarth auch damit, dass es den Landwirten längst um Grundsätzliches gehe. "Die Sparpläne waren nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Es muss die Frage geklärt werden, ob und wie in Deutschland überhaupt Lebensmittel produziert werden sollen." Aufgrund zahlreicher Gründe sei die Produktion in Deutschland teurer als im Ausland. Als Beispiel nennt er den Mindestlohn, der in Tschechien deutlich geringer sei.

Am Morgen des 21.12.2023 protestierten Landwirte an vielen sächsischen Autobahnauffahrten gegen die Streichung der Subventionen durch die Bundesregierung.
Am Morgen des 21.12.2023 protestierten Landwirte an vielen sächsischen Autobahnauffahrten gegen die Streichung der Subventionen durch die Bundesregierung. © Roland Halkasch

Wer unterstützt die Proteste der Bauern noch?

Dass sich mittlerweile weitere Verbände anschließen, die von den Maßnahmen der Regierung gar nicht betroffen sind, erklärt sich der 36-jährige Seyfarth so: "Es gibt mittlerweile eine große politische Unsicherheit im Land." Eine Sprecherin des SLB sagte: "Unsere Demonstrationen sind ein Funke, der auf ganz viele übergesprungen ist."

So solidarisieren sich Handwerk und Gastronomie mit den Bauernprotesten. So befürchtet der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Jörg Dittrich, dass sich durch den Wegfall der Subventionen für die Landwirte Rohstoffe verteuern. Die Handwerker nutzen den Protest aber auch für weitere Anliegen, wie hohe Energiekosten und fehlende Fachkräfte. Auch der Hotel- und Gaststättenverband ruft am Mittwoch zu Protesten auf den Theaterplatz. Er fordert unter anderem den Mehrwertsteuersatz auf Speisen wieder auf sieben Prozent zu senken. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz war am 31. Dezember automatisch ausgelaufen.

Am Montag, 15. Januar, ist in Berlin eine Abschlusskundgebung der Bauern geplant.

Wo genau in Sachsen Aktionen geplant sind

Nach aktuellem Stand werden alle Autobahnauffahrten in Mittesachsen durch Versammlungen blockiert sein. Dies betrifft die A4, A14 und A72. Die Auffahrten können voraussichtlich in der Zeit von zirka 5 bis 17 Uhr nicht benutzt werden. Das geht aus einer Mitteilung des Landratsamts hervor. Auch das Harthaer Kreuz soll blockiert werden.

Landwirt Henryk Schultz aus Reinhardtsdorf rechnet vor, was die Pläne der Ampel für seinen Betrieb bedeuten: "Wenn der Staat uns die Dieselsteuerrückerstattung streicht und wir für unsere Fahrzeuge, die größtenteils nur auf Feldern unterwegs sind, Kfz-Steuern zahlen sollen, würde das in unserem Fall eine Mehrbelastung von rund 70.000 Euro im Jahr bedeuten." Auch im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sind Proteste angekündigt.

In Bautzen sind ebenfalls starke Verkehrsbehinderungen zu erwarten. So sind an allen Auffahrten zur A4 in der Zeit von 5.00 bis 17.00 Uhr Protestaktionen angekündigt. Hier wird mit rund 400 Fahrzeugen gerechnet. Bauern im Kreis Görlitz schließen sich auch der bundesweiten Aktionswochen an. Der Versammlungsbehörde des Landkreises Görlitz liegen bereits mehrere Anmeldungen für Bauernprotest-Versammlungen vor.

In Großenhain sorgten derweil schon in dieser Woche Gummistiefel für Aufmerksamkeit. An mehreren Ortsschildern hingen eben solche. Angebracht offenbar von Sympathisanten für die angekündigten Proteste der Bauern. Das vermutet Thomas Keil. Er ist der Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Elbe-Röder. Die Stiefel seien ein neues Symbol.

Wie reagieren die Bauern auf gleichzeitig stattfindende Proteste von Rechtsextremisten?

Im Fahrwasser der Aktionswoche trommeln auch Rechtsextremist Max Schreiber (Freie Sachsen) und Querdenker Marcus Fuchs für eine Demonstration am Montag. Dabei soll unter anderem ein Protestcamp vor der Staatskanzlei aufgebaut werden, wo die Demonstranten übernachten wollen. Stefan Seyfarth distanziert sich von diesem Protestaufruf.

Diana Henke, Sprecherin des Landesbauernverbandes, spricht von Versuchen der Verbrüderung, die nicht im Sinne der Bauern seien. "Wir reden nicht von Umsturz, sondern uns geht es um eine wirtschaftliche und wettbewerbsfähige Landwirtschaft. Wir distanzieren uns von wilden, unkontrollierten Demos." Unter anderem habe eine in Dresden angemeldete Demonstration unter dem Motto "Tag des Widerstands" nichts mit den Landwirten zu tun.

Von den Bauern hieß es, der Verband habe extra den Montag vermieden, da dieser in Dresden von den Pegida-Protesten vorbelastet sei. In einem Video, das Schreiber auf Telegram verbreitete, rief der dennoch dazu auf, sich den Protesten der Bauern am Mittwoch anzuschließen. Laut Stefan Seyfarth sollen am Mittwoch Ordner darauf achten, dass keine verfassungsfeindlichen Symbole oder Flaggen von Parteien gezeigt werden.