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Morgenlage in Sachsen: Bauernprotest; Rechte Demo; Wagenknecht; Bahn-Streik

Bauern-Protest sorgt für Staus + 3.000 Teilnehmer bei rechtsextremer Demo + Wagenknecht peilt Regierungsbeteiligung an + Klagen gegen Bahn-Streik zurückgewiesen

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Tausende Bauern haben am Montag gegen die Politik der Bundesregierung protestiert.
Tausende Bauern haben am Montag gegen die Politik der Bundesregierung protestiert. © dpa

Guten Morgen,

während die Bauern mit ihren Treckern gestern die Autobahn-Auffahrten sperrten, öffneten sich nahezu gleichzeitig etlichen eindeutig rechtsextremistisch zu verordnenden Gruppierungen ganz neue Zuhörerschaften bei ihren Kundgebungen in der Dresdner Innenstadt.

Ja, es war ein bizarres Bild, und es waren teil sehr rechts-verrutscht-schrille Töne, die bei mehreren Rednern aus dem durchweg rechtsextremistischen Spektrum zu hören waren. Und das von einer Bühne herab, nicht einmal zwanzig Meter von der sächsischen Regierungszentrale entfernt. Im Fahnenmeer der so genannten "Freien Sachsen", teils angeführt vom ehemaligen brandenburgischen AfD-Landeschef Andreas Kalbitz. Dazwischen ein paar untergemengte "Jungmänner" aus eindeutigem Rechts-Milieu.

Aber auch viele teils sehr junge Handwerker und sonstige Arbeitnehmer. Gekommen, um zu demonstrieren. Gelandet bei einer Kundgebung, deren Redner teils unumwunden einen "Systemwechsel" forderten und – mehr oder minder verklausuliert – von einer Art jüngstem Gericht faselten, wo sich "die Politiker" dann verantworten müssten.

Applaus bekamen sie alle. Gestört haben so manche befremdlich-demokratiefeindlichen Äußerungen offenbar nur wenige. So starten wir nun in dieses politische Jahr. Mit keinem guten Gefühl.

Aber dennoch: Ich wünsche uns allen ein friedliches, freundliches, gutes Neues Jahr,

herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

Bauern sorgen mit Protest für Verkehrsbehinderungen

Mit lautem Gehupe und der Blockade zahlreicher Autobahnauffahrten haben Sachsens Landwirte am Montag im gesamten Freistaat für Verkehrseinschränkungen gesorgt. Allein im Großraum Leipzig habe es mehr als 30 Versammlungen gegeben, teilte die Polizei am Montag mit. An den dortigen Protesten hätten sich mehr als 3.700 Menschen mit etwa 3.000 Fahrzeugen beteiligt. Wie die Leipziger Volkszeitung berichtet, wurde der Leipziger Innenstadtring für fast fünf Stunden lahmgelegt. In den Landkreisen Görlitz und Bautzen beteiligten sich nach Polizeiangaben etwa 2.000 Traktoren Lastwagen und Autos an dem Protest. Dieser endete sachsenweit bereits 15 Uhr statt 17 Uhr. Sächsische.de fasst das Geschehen vom Montag in einem Report zusammen. Die Ereignisse des Tages gibt es außerdem im Live-Ticker.

Hinter den Protesten steckt der Verein "Land schafft Verbindung" (LSV). Zwei zentralen Figuren des Vereins wird jedoch vorgeworfen, eine rechtsextreme Vergangenheit zu haben - einer als Funktionär der NPD. Führende Köpfe des LSV sehen diese jedoch geläutert. Am Montag veröffentlichte LSV einen "Bauernkodex". Beim Protest am Mittwoch auf dem Dresdner Theaterplatz, bei dem auch Ministerpräsident Michael Kretschmer reden soll, werden 10.000 Teilnehmer erwartet.

Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) beklagte einen Vertrauensverlust in die Politik und mahnte zugleich Fairness und Anstand im Umgang an. "Verdruss und Verunsicherung grassieren, und zwar nicht nur an Autobahnauffahrten", sagte er am Montag in seiner Neujahrsansprache angesichts der aktuellen Bauernproteste. Rößler betonte, bei allen Auseinandersetzungen gelte es, die demokratische Streitkultur zu achten. Kretschmer unterstützte die Proteste der Landwirte. Im Deutschlandfunk-Interview warf der CDU-Politiker der Bundesregierung eine mangelnde Bereitschaft zum Dialog vor. Diese Demonstrationen würden dann ein Ende haben, wenn die Ampelkoalition das Signal sendet: "Wir haben verstanden." Der Unmut wachse Kretschmer zufolge nicht nur bei den Bauern, sondern auch in anderen Teilen der Gesellschaft. Daher sei es nun dringend geboten, sich an einen Tisch zu setzen und einen Konsens auszuloten.

Die Blockadeaktionen der Bauern werden derweil in den sozialen Netzwerken immer wieder mit den Straßenblockaden der "Letzten Generation" verglichen. Mit-Organisator der Blockaden, Marc Bernhardt, sagt dazu: "Unsere Blockaden werden alle angemeldet und intensiv mit den Ordnungsbehörden durchgesprochen, das ist der große Unterschied zu denen, die sich einfach irgendwo festkleben und dann auf Aufforderung nicht weggehen." Der Dresdner Physiker und Klimaschützer Christian Bläul, der als einer der Köpfe der "Letzten Generation" gilt, findet die Bauernproteste legitim: "Das finanzielle Leid der Bauern ist real. Regionale Lebensmittelerzeugung muss fair, also deutlich besser als jetzt bezahlt werden." Er sagt aber auch: "Die Kürzung von klimaschädlichen Subventionen ist wichtig für Bauern, die bereits heute unter den Folgen der Klimakrise leiden."

3.000 Teilnehmer bei rechtsextremer Demo

Etwa 3.000 Menschen sind am Montag in Dresden bei einer von der rechtsextremen Partei "Freie Sachsen" angemeldeten Demonstration durch die Innenstadt gezogen. Am Carolaplatz gab es einen Vorfall gegeben, als Teilnehmer versuchten, sich durch eine Polizeikette zu drängen. Die Demonstranten seien zurückgedrängt worden, hieß es von der Polizei. Zahlreiche Demonstranten aus dem rechten Spektrum zogen bis zur Staatskanzlei und kritisierten die Politik der Regierung. Zuvor hatten sich zahlreiche Anhänger der "Freien Sachsen" auf dem Theaterplatz versammelt. Auf Bannern wurden das Ende der Ampel-Regierung sowie Neuwahlen gefordert. Vor der Staatskanzlei befanden sich am Abend noch 50 Personen. Sie sind Teil eines Protestcamps, zu dem der Rechtsextremist Max Schreiber (Freie Sachsen) und Marcus Fuchs, Kopf der Dresdner "Querdenken"-Bewegung, aufgerufen hatten. Einige wollen hier laut den Veranstalter trotz Minusgraden in ihren Fahrzeugen übernachten und bis Dienstagabend bleiben. Das Demo-Geschehen zum Nachlesen gibt es in unserem Liveblog.

Auch in der Chemnitzer Innenstadt kam es am Nachmittag zu einer Demo. Angemeldet wurde die Kundgebung von der während der Corona-Proteste entstandenen Gruppierung Chemnitz steht auf. Zu sehen waren laut einem Bericht der Freien Presse zahlreiche Fahnen mit Erkennungszeichen der rechtsextremen Vereinigung Freie Sachsen.

Wagenknecht bereitet sich auf Regierungsbeteiligung vor

Die frühere Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht sieht auf ihre neue Partei Regierungsverantwortung zukommen. Bei der Pressekonferenz nach der formalen Gründung von "Bündnis Sahra Wagenknecht - Vernunft und Gerechtigkeit" (BSW) sagte sie am Montag in Berlin, im Zuge der drei ostdeutschen Landtagswahlen im Herbst sei eine Regierungsbeteiligung für die Partei nicht ausgeschlossen. Die Bundestagsabgeordnete zeigte sich zuversichtlich, dass es gelinge, in Thüringen, Sachsen und Brandenburg "solide" und "kompetente" BSW-Landeslisten zu präsentieren. Mit Blick auf die drei Landtagswahlen im Osten sagte Wagenknecht: "Also die Menschen erwarten, dass wir antreten. Und deswegen gehe ich eigentlich auch davon aus, dass wir das leisten." Es gehe allerdings darum, pro Land eine Liste mit 30 bis 40 Kandidatinnen und Kandidaten vorzulegen. Zunächst einmal ist seit gestern die Chef-Frage in der Wagenknecht-Partei geklärt.

Gericht weist Klagen gegen Bahn-Streik zurück

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) darf aus Sicht des Arbeitsgerichts Frankfurt ab Mittwoch den Schienenverkehr in Deutschland bestreiken. Das Gericht hat einstweilige Verfügungen des Eisenbahnunternehmens Transdev und der Deutschen Bahn gegen den Streik am Montag in erster Instanz abgelehnt, wie es am Abend mitteilte. Die bloße Behauptung einer wirtschaftlichen Überforderung seitens des Unternehmens genüge nicht, um einen Streik zu untersagen, erklärte die Vorsitzende Richterin zur Begründung. Der Ausstand soll im Personenverkehr um 2 Uhr morgens beginnen und bis Freitagabend um 18 Uhr andauern. Im Güterverkehr soll es bereits am Dienstagabend um 18 Uhr losgehen. Es ist in der aktuellen Tarifauseinandersetzung mit der Bahn der dritte und bisher längste Arbeitskampf. Aber wer sind die Leute, die angeblich nicht genug kriegen, Utopisches fordern und unsolidarisch sind? Sächsische.de mit einem Stimmungsbild von der Basis. Vier von der Bahn erzählen, warum sie streiken.

- Zugausfälle und Verspätung: Welche Rechte Fahrgäste während des Streiks haben
- Protest- und Streikwoche in Sachsen: Wann welche Verkehrsmittel betroffen sind

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