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Sachsen plant mehr Schulsozialarbeiter

Der Freistaat will die Sozialarbeit ausbauen und dafür mehr Geld ausgeben. Doch das reiche nicht mal für den Mindeststandard, kritisiert der Landeselternrat.

Von Andrea Schawe
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Schulsozialarbeiter helfen auch, wenn Schülerinnen und Schüler unter Mobbing leiden - wie in der Übung an der Oberschule Niesky.
Schulsozialarbeiter helfen auch, wenn Schülerinnen und Schüler unter Mobbing leiden - wie in der Übung an der Oberschule Niesky. © André Schulze

Dresden. Mobbing, Sucht, Schwangerschaft, Suizid, Probleme mit den Eltern: Nicht alle Konflikte in Schulen können Lehrerinnen und Lehrer lösen. Gerade bei psychischen und emotionalen Problemen helfen Sozialarbeiter. Die Corona-Pandemie hat die Probleme bei vielen Schülerinnen und Schülern noch einmal verschärft. Insgesamt finanziert der Freistaat Schulsozialarbeiter an mehr als 600 Schulen.

„Unser Ziel bleibt Schulsozialarbeit an allen Schulen. Das gilt und wird Schritt für Schritt weiter umgesetzt“, sagte die SPD-Abgeordnete Juliane Pfeil im Landtag.

Dafür soll in den kommenden zwei Jahren mehr Geld investiert werden. CDU, Grüne und SPD wollen die Mittel um etwa sieben Millionen Euro erhöhen. Insgesamt stehen 2023 und 2024 damit 73 Millionen Euro bereit.

Schulsozialarbeit ist eine Aufgabe der Kommunen, die Städte und Gemeinden investieren in die Kinder- und Jugendhilfe. Seit 2017 unterstützt Sachsen mit Landesmitteln die Schulsozialarbeit. Im Schulgesetz wurde 2018 festgeschrieben, dass es an allen Oberschulen einen Schulsozialarbeiter geben soll.

Ein Sozialarbeiter betreut rechnerisch 624 Schüler

Kinder und Jugendliche ließen Probleme, Nöte und Zukunftsfragen nicht an der Schulhaustür zurück, sagte Sozialministerin Petra Köpping (SPD). Schule sei viel mehr als Unterricht. „Wir brauchen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, denn sie verbessern das Schulklima, unterstützen junge Menschen, Eltern aber auch Lehrerinnen und Lehrer.“ CDU-Politiker Alexander Dierks bezeichnete die Schulsozialarbeit als Qualitätsfaktor.

Doch nicht alle Schülerinnen und Schüler können dieses zusätzliche Angebot wahrnehmen. Nach Angaben des Sozialministeriums betreut rein rechnerisch ein Schulsozialarbeiter in Sachsen 624 Schüler – dabei gibt es große Unterschiede in den Schularten. Nach einer Schätzung der Landesarbeitsgemeinschaft besteht das beste Verhältnis an Förderschulen und Oberschulen mit eins zu 350, das schlechtestes Verhältnis an Gymnasien mit einem Sozialarbeiter für 1.500 Schüler.

Mindeststandrad nicht erreicht

Das sei nicht einmal der Mindeststandard, kritisiert der Landeselternrat. Experten empfehlen einen Betreuungsschlüssel von einen Sozialarbeiter auf 150 Schüler. „Sachsens Schüler brauchen Schulsozialarbeit an allen Schulen – und zwar sofort“, teilte der Vorstand mit. Dafür müssen die Mittel „vollumfänglich“ im Haushalt eingestellt werden.

Die vereinbarte Erhöhung reiche nicht, so der Landeselternrat. An 60 Prozent der Schulen in Sachsen gebe es keine Schulsozialarbeit. Außerdem stammen die Planungen aus der Zeit vor Corona. „Die aktuellen wissenschaftlichen Erhebungen zum Bedarf unserer Kinder an sozialer und psychosozialer Unterstützung scheinen in den aktuellen Haushaltsplanungen ebenso wenig berücksichtigt, wie der dramatische Lehrermangel.“

Bedarf an Förderschulen groß

Unterstützung kommt von der Linksfraktion. „Es stimmt, dass die Koalition keinen Grund für Selbstbeweihräucherung hat – der zuletzt erfolgte Ausbau der Schulsozialarbeit ist zu zaghaft und macht die Defizite der vergangenen Jahre nicht wett“, sagte Bildungspolitikerin Luise Neuhaus-Wartenberg. Die Oppositionspartei fordert insgesamt 32,1 Millionen Euro zusätzlich. Schulsozialarbeit sei an allen Schulen nötig: für Prävention und die Konfliktbewältigung zwischen Eltern, Lehrern und unter den Schülerinnen und Schülern.

In den Dresden, Chemnitz und den Landkreisen Zwickau, Leipzig und Görlitz ist die Zahl der Schulen mit Sozialarbeit von 2020 auf 2021 sogar gesunken. Dazu komme, dass manche Schulsozialarbeiter keine volle Stelle haben und zwischen den Schulen pendeln müssen, so Neuhaus-Wartenberg. Außerdem müsse die Förderrichtlinie vereinfacht werden. „Der Verwaltungsaufwand ist immens.“

Die Grünen setzen sich dafür ein, zuerst die Förderschulen zu stärken. Noch immer gebe es 80 Förderschulen ohne Sozialarbeiter. „Dort ist der Bedarf am größten“, sagte Kathleen Kuhfuß.

Sachsens Landesschülerrat fordert, dass Schulsozialarbeit an den Schulen zur Selbstverständlichkeit wird. „Mindestens ein Sozialarbeiter für jede Schule sollte das Ziel sein“, so die Vorsitzende Lilly Härtig.