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Bahnchaos in der Sächsischen Schweiz am Tag der Deutschen Einheit

Überfüllte Züge, zu wenig Busse im Schienenersatzverkehr. Wanderer aus Dresden erlebten auf der Rückfahrt aus dem Elbsandsteingebirge eine Odyssee.

Von Dirk Schulze
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S-Bahn am Nationalparkbahnhof Bad Schandau. Am Tag der Deutschen Einheit gab es Probleme auf der Bahnstrecke im Elbtal.
S-Bahn am Nationalparkbahnhof Bad Schandau. Am Tag der Deutschen Einheit gab es Probleme auf der Bahnstrecke im Elbtal. © Symbolfoto: Marko Förster

Bei sommerlichen Temperaturen am 3. Oktober nutzten zahlreiche Besucher den Feiertag für einen Ausflug in die Sächsische Schweiz. Darunter auch das Ehepaar Jahn-Wolf aus Dresden. Die Wanderer wollen an diesem Tag einen weiteren Abschnitt des Malerwegs durch das Elbsandsteingebirge in Angriff nehmen.

Schon auf der Hinfahrt wird deutlich, dass es an diesem Tag schwierig werden könnte. Die S-Bahn um 9.20 Uhr ab Dresden-Neustadt ist bereits überfüllt. Per Durchsage wird den Reisenden mitgeteilt, dass in wenigen Minuten ein Entlastungszug folgen soll. Das nützt nur nichts, wenn man in Bad Schandau einen Bus als Anschluss kriegen will, denken sich die Eheleute.

Doch alles klappt. Der Bus am Nationalparkbahnhof in Bad Schandau wartet, und bringt die Ausflügler bis zum Lichtenhainer Wasserfall im Kirnitzschtal. Von dort brechen die beiden 59- und 56-jährigen Wanderer zu ihrer Tour auf. Auf dem Malerweg geht es mit einer Abkürzung zum Großen Winterberg und wieder hinunter ins Elbtal nach Schmilka. Wanderung geschafft, nun soll es per Zug wieder heim nach Dresden gehen.

200 Menschen warten an der Haltestelle

Es ist 15.30 Uhr. Die S-Bahn um 15.33 Uhr auf der gegenüberliegenden Elbseite ist nicht mehr zu kriegen. Es stellt sich heraus, dass es die vorerst letzte S-Bahn für diesen Nachmittag sein soll, danach ist Schienenersatzverkehr angesagt. Und damit beginnt die Odyssee.

Der Bus um 16.20 Uhr ist total überlastet, ein zweites Fahrzeug gibt es nicht. Beim nächsten Bus um 16.59 Uhr das Gleiche. Zeitweise stehen an die 200 Menschen an der Haltestelle am Fähranleger Schmilka, berichten die beiden Wanderer. Zu viele, als dass sie alle in einen Bus passen würden.

Die Eheleute entscheiden sich, mit der Fähre zum Bahnhaltepunkt Schmilka-Hirschmühle auf der anderen Elbseite überzusetzen. Dort wird ein Zug erwartet, der Wanderexpress Bohemica (RE20) aus Litoměřice mit Fahrziel Dresden. Es ist ein einteiliger Triebwagen. Der Lokführer schaut aus dem Fenster und schüttelt verneinend den Kopf. Der Zug ist schon überfüllt mit den Ausflüglern, die eine Haltestelle zuvor in Schöna eingestiegen waren.

Was nun? Die nächste S-Bahn ist für 18.35 Uhr angekündigt, das hieße eine weitere Stunde warten. Die meisten Wartenden strömen wieder zurück zur Fähre, setzen erneut über und hoffen auf den nächsten Bus ab Schmilka um 17.38 Uhr. In diesem Bus der Linie 252 bekommen auch die Eheleute Jahn-Wolf endlich einen Platz.

Bus steckt im Stau auf der B172 fest

Der Bus gerät jedoch in den abendlichen Rückreisestau der Autos auf der B172. Zudem fährt er planmäßig über den Ortsteil Ostrau oberhalb von Bad Schandau. Oben in Ostrau rät der Busfahrer den beiden Dresdnern, in den historischen Personenaufzug umzusteigen. Damit seien sie schneller in Bad Schandau als mit dem bald wieder im Stau stehenden Bus. Gesagt, getan.

Der Aufzug hat jedoch schon geschlossen. Also läuft das Ehepaar zu Fuß hinunter nach Bad Schandau. Es ist inzwischen 18.30 Uhr. Mit der Elbfähre können sie schließlich um kurz vor sieben zum Nationalparkbahnhof übersetzen, wo an Gleis 1 tatsächlich eine fast leere S-Bahn nach Meißen steht, die um 19.14 Uhr abfährt. In der Online-Auskunft des VVO sei diese Verbindung gar nicht angezeigt worden, lediglich in der App der Deutschen Bahn, sagt der Ehemann.

Um 20.10 Uhr kommen die Wanderer schließlich am Bahnhof Dresden-Neustadt an - das macht eine Reisezeit von über viereinhalb Stunden ab Schmilka. Normalerweise ist die Strecke mit der S-Bahn in einer Stunde zu bewältigen.

Bauarbeiten an der Bahnstrecke im Oberen Elbtal

Schon seit einiger Zeit hat die Bahn-Tochter DB Regio mit massivem Personalmangel zu kämpfen. Auf den S-Bahn-Strecken rings um Dresden fallen deshalb immer wieder Züge aus. Die Probleme am Tag der Deutschen Einheit in der Sächsischen Schweiz hatten aber nichts mit dem Personalmangel zu tun, erklärt Christian Schlemper, Sprecher des Verkehrsverbunds Oberelbe (VVO).

Vielmehr seien die laufenden Bauarbeiten zwischen Schmilka und Bad Schandau die Ursache gewesen. Die Deutsche Bahn erneuert dort gerade die Gleisanlagen am Güterbahnhof Bad Schandau-Ost. Das Projekt ist Teil der umfassenden Sanierung der Bahnstrecke im Oberen Elbtal. Schon seit Juni 2022 gibt es deswegen Einschränkungen im Bahnverkehr. Am 3. Oktober seien die Züge gemäß dem gültigen Jahresfahrplan gefahren.

"Grundsätzlich gab es je Stunde eine Abfahrt im Abschnitt Schmilka – Bad Schandau, entweder mit Schienenersatzverkehr oder Zug", erklärt der VVO-Sprecher. Aufgrund der Baumaßnahmen hätten aber die sonst üblichen zusätzlichen Züge nicht fahren können, sodass das Angebot am Feiertag, noch dazu bei gutem Wetter, für die Vielzahl der Reisenden nicht ausgereicht habe.

Die geschilderte Situation mit nur einem Bus als Schienenersatzverkehr will der VVO jetzt zum Anlass nehmen, um mit der DB Regio die Kapazitäten für die Feiertage anzupassen.