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Wegen 9-Euro-Ticket: Hartz-4-Empfängern in Sachsen drohen Rückzahlungen

Bei Kindern von Hartz-4-Empfängern übernimmt das Jobcenter die Kosten für das Schülerticket. Weil diese durch das 9-Euro-Ticket günstiger geworden sind, drohen den Familien jetzt Rückzahlungen.

Von Angelina Sortino
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Ärger statt Entlastung könnte das 9-Euro-Ticket für die Familien von Hartz-4-Empfängern in Sachsen bedeuten.
Ärger statt Entlastung könnte das 9-Euro-Ticket für die Familien von Hartz-4-Empfängern in Sachsen bedeuten. © Monika Skolimowska/dpa

Dresden. Familien von Hartz-4-Empfängern, die das Schülerticket ihrer Kinder bezahlt bekommen, müssen möglicherweise bald einen Teil des Geldes an die Jobcenter in Sachsen zurückzahlen. Denn durch die Einführung des 9-Euro-Tickets sinkt der Preis der Bildungstickets vorübergehend von 15 auf 9 Euro.

Wenn den Familien durch eine - wie es amtsdeutsch heißt - Vorab-Leistungsgewährung zum Schuljahresbeginn das Geld bereits überwiesen wurde, haben sie nun unter Umständen zu viel Geld erhalten, das nun zurückgefordert werden kann.

Der Hintergrund: In Sachsen haben laut dem Sozialministerium alle Schülerinnen und Schüler Anspruch auf das Bildungsticket, welches für monatlich 15 Euro beim jeweiligen Verkehrsverbund per Abo erhältlich ist.

Dieses Bildungsticket sei als Bildungs- und Teilhabeleistung nach § 28 Abs. 4 SGB II erstattungsfähig und werde mit dem Bescheid der Regelleistung automatisch und generell mitbewilligt. "Mit der temporären Umwandlung zum 9-Euro-Ticket reduziert sich der Betrag nun entsprechend um insgesamt dreimal sechs Euro", so das Sozialministerium.

Wohnort entscheidet über Rückzahlung

Die Familien haben mitunter also 18 Euro zu viel erhalten. Das Problem gibt es nicht nur in Sachsen, sondern in allen Bundesländern. Wie diese damit umgehen ist jedoch sehr unterschiedlich.

Während man etwa in Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Brandenburg auf eine Rückforderung verzichtet, müssen sich Hartz-4-Empfänger in Baden-Württemberg, Thüringen, Bayern und Niedersachsen darauf einstellen, das Geld zurückzahlen zu müssen. Zuerst hatte HartzIV.org darüber berichtet.

In Sachsen ist die Lage ähnlich. Auf Anfrage von Sächsische.de erklärt das Sozialministerium: "Mögliche Rückforderungen betreffen in Sachsen ausschließlich die Bildungstickets für Schülerinnen und Schüler. Diese Entscheidung fällt das jeweilige Jobcenter." Die fehlende landesweite Regelung bedeutet, dass sächsische Familien eventuell die 18 Euro zurückzahlen müssen. Da das im Ermessen der jeweils zuständigen Jobcenter liegt, kann sich die Rückforderungsregelung in den Kommunen unterscheiden.

Dresden verzichtet auf das Geld

Dresden hat seine Entscheidung bezüglich der Rückzahlungen bereits veröffentlicht: Die Stadt verzichtet auf eine Rückerstattung von Sozialleistungen im Zusammenhang mit dem 9-Euro-Ticket für bedürftige Schüler und Auszubildende. Sie könnten zu viel gezahlte Bildungs- und Teilhabeleistungen behalten, teilte die Stadtverwaltung am Dienstag mit. "Mangels klarer rechtlicher Vorgaben von Bund und Land haben wir eine unbürokratische Lösung im Sinne der Betroffenen in Dresden erarbeitet", erklärte Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP).

"Eine Rückforderung würde dem Sinn und Zweck des 9-Euro-Tickets völlig zuwiderlaufen. Der Verwaltungsaufwand stünde in keinem Verhältnis zu den Rückzahlungen", betonte auch Dresdens Sozialbürgermeisterin Kristin Klaudia Kaufmann (Linke). Für "übertriebene Pingeligkeit" sei jetzt nicht die Zeit.

Die Stadt macht sich damit die Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu eigen. Das Ministerium hatte die Länder und Kommunen gebeten, im Sinne der Betroffenen und aufgrund des Verwaltungsaufwands von einer Rückforderung abzusehen. (mit dpa)