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Landkreis will um Gynäkologie kämpfen

Der Kreistag spricht sich gegen die Schließung der Abteilung in der Asklepios-Klinik Sebnitz aus. Nun soll es Gespräche geben. Hat das noch Sinn?

Von Gunnar Klehm & Anja Weber
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Die Asklepios-Klinik in Sebnitz hat aus wirtschaftlichen Gründen die Gynäkologie geschlossen.
Die Asklepios-Klinik in Sebnitz hat aus wirtschaftlichen Gründen die Gynäkologie geschlossen. © Steffen Unger

In der Zielrichtung waren sich alle Kreisräte einig: Die Schließung der Abteilung Gynäkologie in der Asklepios-Klinik Sebnitz soll verhindert werden. Dennoch gab es in der Ratssitzung am Montagabend eine Debatte mit verbalen Spitzen gegen die politischen Kontrahenten und die Klinikleitung.

Die war eigentlich geladen, um noch offene Fragen zur Schließung und zu einer möglichen Alternative zu beantworten. Bis zur letzten Minute wurde gewartet. Doch dann machte die Nachricht die Runde, dass Asklepios-Regionalgeschäftsführer Patrick Hilbrenner auf keinen Fall zur Sitzung kommt. Weil er positiv auf das Coronavirus getestet wurde, sei er in Quarantäne.

Linke sieht Krankenhaus Sebnitz komplett in Gefahr

So konnte im Kreistag nicht mit der Klinik, sondern nur über sie gesprochen werden. Die politische Debatte wollte sich aber niemand entgehen lassen, auch wenn vorab beschlossen wurde, die Sitzung möglichst kurz zu halten und die Tagesordnung zu reduzieren. "Um sich der Gefahr nicht unnötig lange auszusetzen", begründete Christoph Fröse (Freie Wähler) seinen Antrag mit dem Bezug zur aktuellen Corona-Lage.

Zwei Anträge wurden diskutiert. Zum einen forderte die Linke-Fraktion, "sich gegen die geplante Schließung der Gynäkologie im Krankenhaus in Sebnitz auszusprechen". Zur Antragsbegründung erklärte Kreisrat und Bundestagsabgeordneter André Hahn (Linke), dass mit dieser Entscheidung zur Schließung der Gynäkologie, "über kurz als lang die Zukunft des gesamten Klinikums auf dem Spiel steht". Dabei verwies er auf die schon erfolgte Schließung der Geburtenstation. "Der Status als Krankenhaus der Grundversorgung könnte verloren gehen".

Hahn erinnerte daran, dass der Kreistag zwar ihn selbst und Jens Michel (CDU) einst in den Beirat der Klinik berufen hat. "Der hat aber kein einziges Mal getagt", sagte Hahn verärgert. Zudem sei Asklepios "nur durch Betrug an das Krankenhaus gekommen". Er verwies auf die Strafanzeige des Landkreises im Zusammenhang mit der Privatisierung, die jedoch nicht zu einem Urteil führte.

CDU will Expertenrunde zum Erhalt der Gynäkologie

Mit der gleichen Zielrichtung stellte die CDU-Fraktion den Antrag, eine "Expertenrunde" einzuberufen. Die solle "mögliche Chancen des Weiterbetriebs der gynäkologischen Abteilung ausloten". Der CDU-Fraktionsvorsitzende und Oberbürgermeister von Sebnitz, Mike Ruckh, erklärte in Richtung Hahns, dass es jedoch kontraproduktiv sei, die Gespräche "rückwärtsgewandt" anzugehen. Hahns Schlagworte wie Betrug, Sargnagel oder Nötigung sei Wahlkampfgetöse - und ungeeignet als Gesprächsgrundlage, so Ruckh.

Dennoch ergab sich eine Allianz zwischen beiden Antragstellern, als Landrat Geisler vorschlug, beide Anträge zusammenzuführen. Das brachte die Fraktion der Alternative für Deutschland (AfD) so aus der Fassung, dass sie eine fünfminütige Auszeit zur internen Absprache beantragte. Das hielt die Mehrheit der Räte angesichts der Klarheit der Situation und der Maßgabe zu einer möglichst kurzen Sitzung für unangebracht und lehnte die Auszeit ab.

AfD zeigt Verständnis für Schließung der Gynäkologie

Zwar wolle auch die AfD eine Schließung verhindern. Kreisrat und Landtagsabgeordneter Ivo Teichmann zeigte aber Verständnis für die Situation der Klinik. "Wenn es wirtschaftliche Zwänge gibt, dann muss man eben unternehmerisch handeln". Das gelte auch für Krankenhäuser.

SPD-Fraktionschef Ralf Wätzig fragte an, wie sinnvoll denn Gespräche überhaupt noch sind und ob die Klinik nicht schon die Herausnahme der Gynäkologie aus dem regionalen Versorgungsplan beantragt hat. Das mussten sowohl der Landrat als auch seine Sozial-Beigeordnete, Kati Kade (CDU), passen. Auf Nachfrage von Sächsische.de erklärte Hilbrenner, dass der Antrag bereits "in den letzten Wochen gestellt" wurde. Pflegepersonal wird auf anderen Stationen eingesetzt. Ärztlichem Personal ist SZ-Informationen zufolge gekündigt worden.

Idee: Niedergelassene Ärzte nutzen die Kapazitäten

Martin Rülke (CDU-Fraktion) fragte noch mal nach, woher der Optimismus kommt, dass die Klinik gesprächsbereit sei, die Schließung wieder zurückzunehmen. Dazu räumte Landrat Geisler ein, dass in einer Ausschusssitzung von der Klinik Bereitschaft signalisiert wurde, über ein "Belegsystem" zu sprechen.

Asklepios möchte niedergelassenen Fachärzten für Gynäkologie aus der Region die Möglichkeit einräumen, weiterhin gynäkologische Behandlungen in der Klinik Sebnitz anzubieten. "Im Verbund mit der Asklepios Klinik Hohwald wären dann weiterhin ambulante Eingriffe möglich", so Hilbrenner gegenüber Sächsische.de. Die Klinikleitung habe das beim Sozialministerium bereits beantragt.

Der kombinierte Antrag von CDU und Linke wurde schließlich vom Kreistag angenommen. Der Gesprächskreis soll nun ausloten, was noch möglich ist und das Ergebnis im nächsten Kreistag 2021 präsentieren.

Das sind die Mitglieder der geplanten Expertenrunde

  • Landrat
  • Geschäftsführung und Vertreter der Asklepios-Klinik
  • Vertreter des sächsischen Sozialministeriums
  • Einweisende Ärzte der Region
  • Krankenhausbeirat
  • Ein Vertreter jeder Kreistagsfraktion

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