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Sebnitzer Klinikchef: "Die dritte Welle rollt"

Der scheidende Asklepios Regionalchef Patrick Hilbrenner über die Corona-Lage, die Schließung der Gynäkologie und die Zukunft der Klinik in Sebnitz.

Von Dirk Schulze
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Asklepios-Klinik Sebnitz: Die Zahl der Corona-Patienten steigt bereits wieder.
Asklepios-Klinik Sebnitz: Die Zahl der Corona-Patienten steigt bereits wieder. © Steffen Unger

Eigentlich sollte Asklepios-Regionalgeschäftsführer Patrick Hilbrenner schon im Dezember dem Sebnitzer Stadtrat Rede und Antwort stehen, warum er die Gynäkologie in Sebnitz geschlossen hat. Doch der Klinikchef, der für die Häuser in Sebnitz, im Hohwald und in Radeberg verantwortlich ist, war seinerzeit selbst an Covid-19 erkrankt, der Termin musste ausfallen. Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass Hilbrenner Sachsen beruflich verlässt und künftig in Frankfurt/Oder arbeiten wird. Somit wurde der jetzt nachgeholte Auftritt des genesenen Geschäftsführers in Sebnitz gleichzeitig ein Abschiedsbesuch.

Hilbrenner präsentierte im Stadtrat erstmals öffentlich konkrete Zahlen, die zur Schließung der gynäkologischen Abteilung im Sebnitzer Krankenhaus geführt haben. Im Jahr 2019 wurden demnach 382 Patientinnen vollstationär auf der Gynäkologie behandelt, 2018 waren es 426 Patientinnen und im Jahr 2017 nur 318.

Aufs Jahr gerechnet waren 2019 nur vier Betten pro Tag (Durchschnittswert: 3,8) in der Gynäkologie belegt. In manchen Wochen habe es keine einzige gynäkologische Patientin in der Sebnitzer Klinik gegeben, berichtet Patrick Hilbrenner. Gleichzeitig müsse das Krankenhaus rund um die Uhr einen Facharzt für dieses Gebiet in Rufbereitschaft haben und die Infrastruktur vorhalten. Mit den Belegungszahlen ließen sich die Kosten nicht decken, erklärte der Geschäftsführer: "Da musste ich eine Entscheidung treffen."

Vertrag für Brustzentrum Ostsachsen gekündigt

Es sei seine Aufgabe gewesen, die Klinik zukunftsfähig zu machen. Wenn in einem kleinen Krankenhaus wie dem Sebnitzer eine Fachabteilung fortwährend Verluste schreibe, gefährde das langfristig das ganze Haus, so die Argumentation. Größere Kliniken könnten dies eher wegstecken und auch nicht rentable Bereiche querfinanzieren.

"Wir können nicht mehr alles anbieten, sondern müssen uns auf das konzentrieren, was nachgefragt wird", erklärte Patrick Hilbrenner. Die Gynäkologie sei in Sebnitz eben nicht ausreichend nachgefragt worden. Bereits im September 2020 habe er die betroffenen Ärzte über die Schließung informiert. Auch die Kooperation mit dem Klinikum Oberlausitzer Bergland, mit dem gemeinsam das Sebnitzer Krankenhaus das Brustzentrum Ostsachsen betrieben hat, ist bereits aufgekündigt.

Asklepios-Regionalchef Patrick Hilbrenner war drei Jahre in Sachsen. Zum 1. April wechselt an das Klinikum Frankfurt (Oder). Der Asklepios-Konzern hat die Rhön-Klinikum AG übernommen.
Asklepios-Regionalchef Patrick Hilbrenner war drei Jahre in Sachsen. Zum 1. April wechselt an das Klinikum Frankfurt (Oder). Der Asklepios-Konzern hat die Rhön-Klinikum AG übernommen. © RHÖN-KLINIKUM AG

Die speziell auf Brustkrebs-Erkrankungen abgestimmten Diagnose-Angebote der Radiologie in Sebnitz sollen aber erhalten bleiben, kündigte Hilbrenner an. In der Fachabteilung von Chefärztin Martina Liese sind besondere Biopsien, CT- und Ultraschalluntersuchungen weiterhin möglich.

Um künftig doch noch gynäkologische Behandlungen in der Sebnitzer Klinik anbieten zu können, ist seit Ende 2020 ein Belegarztsystem in der Diskussion. Das funktioniert so: Ein niedergelassener Arzt übernimmt in den Räumlichkeiten der Klinik die Eingriffe, die Klinik kümmert sich um die Pflege und Versorgung der Patientinnen. Das scheitert bislang aber am Personal. Das sächsische Gesundheitsministerium habe seine Zustimmung signalisiert, auch die Klinik stehe bereit, erklärte Hilbrenner. "Bis jetzt haben wir aber noch keinen Arzt gefunden." Das Belegarztsystem sei für die Mediziner finanziell nicht attraktiv.

Klinik konzentriert sich auf Senioren und Touristen

Zukunftsfähig, dass bedeutet für den scheidenden Asklepios Regionalchef Patrick Hilbrenner und den neuen Geschäftsführer des Sebnitzer Krankenhauses Johannes Biesold - der wiederum kürzlich die Nachfolge der gegangenen Tina Winkler angetreten hat - eine Konzentration auf das, was nachgefragt wird. In Sebnitz sind das die Geriatrie und verstärkt auch die Chirurgie.

Das Ziel sei es, eine eigene geriatrische Fachabteilung aufzubauen, also speziell für ältere Menschen und typischen Alterserkrankungen wie Hüftprobleme oder Stürze. Das neue chirurgische Zentrum wurde kürzlich komplettiert. Mit steigenden Tourismuszahlen, rückt auch die medizinische Versorgung der Gäste in den Fokus. Es treten immer mehr Wander- und Kletterunfälle auf, die können in der Unfallchirurgie der Sächsische-Schweiz-Klinik Sebnitz direkt vor Ort versorgt werden, erklärte Johannes Biesold.

Dramatische Corona-Lage

Nachdem Patrick Hilbrenner noch Anfang März gegenüber Sächsische.de erklären konnte, dass sich die Corona-Situation entspannt habe, hat sich die Lage in den vergangenen Tagen gedreht. "Die dritte Welle rollt", sagte Hilbrenner am Mittwochabend im Sebnitzer Stadtrat. Die Patientenzahlen seien wieder deutlich gestiegen, die 20 reservierten Betten speziell für Corona-Fälle sind bereits wieder belegt. "Wir sind da sehr besorgt", sagte Hilbrenner. Eine Sorge, die auch die Professoren der Uniklinik in Dresden teilten, mit denen Sebnitz zusammenarbeitet.

Der Asklepios-Regionalchef eröffnete auch einen Einblick, wie dramatisch die Lage über Weihnachten tatsächlich war. Es lagen knapp 60 Covid-Patienten in Sebnitz auf Station - wohlgemerkt in einer Klinik, die laut Krankenhausplan nur über 133 Betten verfügt. Parallel fehlte ein Drittel des Personals, weil es entweder selbst erkrankt war oder in Quarantäne. In einem gemeinsamen Kraftakt mit dem Betriebsrat wurde die Hohwald-Klinik vorübergehend geschlossen, um dringend benötigte Beatmungsmaschinen und Personal nach Sebnitz zu schaffen.

Aktuell sieht sich die Klinik gerüstet. Es seinen mittlerweile alle medizinischen Mitarbeiter geimpft, die das wollten, erklärte Patrick Hilbrenner. Dennoch warnt er: "Hoffen wir, dass die dritte Welle nicht so kommt, wie wir es befürchten."