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Vor dem Spiel gegen Aue: Wie steht es um den Fußball bei Stahl Riesa?

Peter Juretzko hat zu DDR-Zeiten einige Male gegen die Veilchen gespielt. Sein Sohn Thomas ist jetzt der Cheftrainer der BSG. Im Interview nehmen sie zur aktuellen Situation Stellung.

Von Jürgen Schwarz
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Thomas und Peter Juretzko vor dem Riesaer Stadion. Bei der Infrakstruktur benötige man "dringend Unterstützung" seitens der Stadt, sagt der Sohn.
Thomas und Peter Juretzko vor dem Riesaer Stadion. Bei der Infrakstruktur benötige man "dringend Unterstützung" seitens der Stadt, sagt der Sohn. © Tilo Schneider

Riesa. Am 31. Oktober werden die letzten Partien der 3. Runde des Fußball-Landespokals ausgetragen. Die BSG Stahl Riesa, ungeschlagener Spitzenreiter der Fußball-Landesklasse Mitte, erwartet in der ausverkauften Feralpi-Arena Drittligist FC Erzgebirge Aue. Der Sieger trifft im Achtelfinale auf Landesligist SSV Markranstädt. Für Riesas Trainer Thomas Juretzko und seine Mannschaft ist es das Spiel des Jahres.

Auf der Tribüne fiebert dann auch Peter Juretzko mit – der Vater des Stahl-Coaches. Der ehemalige Riesaer Oberliga-Spieler, der auch für die DDR-Junioren-Auswahl kickte, feierte am 17. Oktober seinen 70. Geburtstag. Vor dem Pokal-Spektakel am Reformationstag stellen sich Vater und Sohn zum Interview.

Thomas, am Samstag steht noch das Landesklassen-Spitzenspiel gegen den SC Freital II in Riesa an. Wie schwer wird es für Ihre Kicker, sich vor demPokal-Spektakel gegen Aue auf dieses wichtige Punktspiel zu fokussieren?

Thomas Juretzko: Das ist eine sehr gute Frage, weil wir das die letzten Wochen immer wieder thematisiert haben. Grundsätzlich hat die Liga und die damit verbundene Zielsetzung, in die Landesliga zurückzukehren, für uns ganz klar Vorrang. Ich denke, meine Jungs sind sich dessen bewusst, wie sehr sie sich erst einmal auf den Samstag und das Duell mit dem Tabellendritten fokussieren müssen – und auch werden.

Peter, was dachten Sie nach der Auslosung, als Sie hörten, dass der ehemalige Zweitligist nach Riesa kommt?

Peter Juretzko: Ich habe mich einfach für die Fußballfans in Riesa gefreut, vor allem, dass es mal wieder ein Spiel gegen einen Gegner aus einer höheren Spielklasse gibt. In den letzten Jahren kamen die Gegner meist aus unteren Ligen.

Wissen Sie, wie oft Sie in der DDR-Oberliga und im FDGB-Pokal gegen die „Veilchen“ im Stahl-Trikot aufgelaufen sind?

Peter Juretzko: Soweit ich mich erinnern kann, habe ich fünfmal gegen die BSG Wismut Aue gespielt. Ein Pokalspiel gegen die „Veilchen“ war allerdings nicht dabei.

Sie waren beide als Spieler auch für Dynamo Dresden am Ball. Wann war das und für wie lange?

Thomas Juretzko: Ich war von 2000 bis 2004 bei der SGD. Ich habe bei den B-Junioren in der Regionalliga angefangen und es bis in die zweite Männer-Mannschaft, die damals in der Landesliga spielte, geschafft.

Peter Juretzko: Ich bin im Januar 1971 zu Dynamo Dresden gewechselt, habe in der Junioren-Oberliga gespielt und kam 1971/72 bei den Männern in der „Zweiten“ in der DDR-Liga zum Einsatz.

Der Riesaer Peter Juretzko dringt in den Strafraum der Auer ein - eine Szene aus dem Oberligaspiel zwischen Stahl Riesa und Wismut Aue (4:0) vom 9.12.1978.
Der Riesaer Peter Juretzko dringt in den Strafraum der Auer ein - eine Szene aus dem Oberligaspiel zwischen Stahl Riesa und Wismut Aue (4:0) vom 9.12.1978. © Jürgen Müller

Waren Sie sonst immer für Stahl Riesa in Einsatz?

Peter Juretzko: Nein, ich habe bis 1966 bei Traktor Seerhausen gespielt, anschließend für Aufbau Riesa und von 1969 bis 1971 für Stahl. Nach dem Abstecher zu Dynamo war ich wieder bei Stahl und von 1973 bis 1976 bei Vorwärts Löbau/Kamenz. Nach meiner Rückkehr nach Riesa habe ich noch bis 1983 für Stahl gespielt und war danach sechs Jahre als Trainer im Nachwuchsbereich tätig.

Wie viele Junioren-Länderspiele haben Sie bestritten?

Peter Juretzko: Neun, das erste im Oktober 1970. Unter anderem ging es gegen Ungarn, Rumänien, Polen und Finnland.

Thomas, Sie sind in diesem Jahr zum zweiten Mal Vater geworden. Ihr „Großer“ ist jetzt sechs Jahre alt. Wie macht er sich am Ball?

Thomas Juretzko: Aktuell spielt er bei den Bambinis und dort räubern die kleinen Kerle ja eher unsortiert über den Platz, sodass man da noch nicht so viel sieht. Die eine oder andere Eigenschaft vom Opa und Papa konnte ich dennoch schon erkennen. Er ackert fleißig mit viel Einsatzbereitschaft und Kampfgeist über das Spielfeld und steckt auch das ein oder andere Foul ganz tapfer und ohne Tränen weg. Er beißt die Zähne zusammen.

Peter Juretzko: So wie Thomas das für meinen Enkel Milan beschreibt, sind es genau die gleichen Eigenschaften, die ich bei meinem Sohn im Kinder- und Jugendbereich gesehen habe.

Thomas, Sie haben am 1. Juli 2022 als Cheftrainer der BSG Stahl unterschrieben. Wie lange wurde in der Familie diskutiert, ehe Ihre Zusage feststand?

Thomas Juretzko: Im Vorfeld gab es einige Gespräche mit meinem Papa, was alles auf einen zukommen kann, und welche Umstände eintreten könnten, mit denen ich dann richtig umgehen muss. Zuvor hatte ich die A-Junioren unter meinen Fittichen. Schlussendlich ist es eine andere Hausnummer, eine Männer-Mannschaft zu führen, bei der auch das Umfeld eine so gewichtige Rolle spielt. Bei Stahl gab es nach dem Abstieg aus der Landesliga eine hohe Erwartungshaltung. Ich musste auch lernen, damit umzugehen.

Peter, wie sehen Sie die Entwicklung bei Stahl unter der Regie ihres Sohnes?

Peter Juretzko: Ich hoffe und wünsche, dass es mit dem Fußball bei Stahl künftig wieder bergauf geht und die Riesaer bald wieder höherklassigen Fußball erleben können. Unter der Regie meines Sohnes ist die Mannschaft auf einem guten Weg.

Sie kennen die Wirtschaftskraft im Umfeld und die Begeisterungsfähigkeit der Fans. Was ist im Riesaer Fußball mittelfristig möglich?

Thomas Juretzko: In Riesaer Fußball passen momentan viele Dinge gut zusammen. Absolut positiv sind unsere vielen Sponsoren und Unterstützer, die uns sehr vielschichtig beiseitestehen, dafür sind wir als Stahl-Familie unendlich dankbar. Mittelfristig wollen wir wieder eine gute Adresse auf der sächsischen Fußball-Landkarte werden, aber auch gern über diese Grenzen hinaus. Dass es dafür allerdings auch guter infrastruktureller Bedingungen bedarf, ist ein Punkt, der derzeit nicht so gut passt und an dieser Stelle benötigen wir dringend Unterstützung seitens der Stadt. Wir sind gerade dabei, den Bau eines Kunstrasenplatzes in der Feralpi-Arena zu planen. Auch die Sanierung des Sozialtraktes ist dringend notwendig. Hier wünschen wir uns einfach, dass die Stadt sich, ähnlich wie bei der erst kürzlich erneuerten Laufbahn im Leichtathletikstadion, auch wieder mehr zum Riesaer Fußball bekennt und gleichermaßen Unterstützung in jeglicher Hinsicht leistet.

Peter Juretzko: Ich schließe mich den Worten meines Sohnes an, da während meiner aktiven Laufbahn als Fußballer und Trainer die Bedingungen in dieser Stadt ganz andere waren.

Welches Ergebnis gegen Aue wäre ein gutes aus Ihrer Sicht?

Thomas Juretzko: Ich wäre mit einer soliden Leistung meiner Mannschaft und dem einen oder anderen Treffer für unsere Farben sehr zufrieden. Wir werden vor 3.600 Zuschauern in der ausverkauften Feralpi-Arena kicken, da muss es einfach Freude machen, bei so einem Fußballfest dabei zu sein.

Peter Juretzko: Ich wünsche meinem Sohn und der Mannschaft, dass sie dem Gegner entsprechend ihren Möglichkeiten mutig entgegentreten und das Spiel spannend gestalten können.