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Weniger Zucker in Fertigprodukten

Im Kampf gegen "Dickmacher" dringt die Politik darauf, dass weniger ungünstige Zutaten in beliebten Produkten stecken. Bewegt sich da inzwischen mehr?

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Ein Löffel mit Haushaltszucker: Hersteller von Fertigprodukten haben zugesichert, schrittweise Salz, Zucker und Fett in Rezepturen zu reduzieren.
Ein Löffel mit Haushaltszucker: Hersteller von Fertigprodukten haben zugesichert, schrittweise Salz, Zucker und Fett in Rezepturen zu reduzieren. © Jens Kalaene/dpa

Berlin. Muss im Müsli-Riegel so viel Zucker sein? Und schmeckt der Frühstücks-Toast nicht auch mit weniger Salz im Teig? Um Fertigprodukte "gesünder" zu machen, haben Hersteller zugesichert, schrittweise Salz, Zucker und Fett in Rezepturen zu reduzieren. So sieht es auch eine Strategie von Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) vor - Überprüfung inklusive. Laut einer am Mittwoch vorgelegten Bilanz haben sich weitere Produkte verbessert, es ginge aber noch mehr. Im Visier stehen auch Fruchtpüree-"Quetschies" für Kleinkinder. Am ganzen Vorgehen auf freiwilliger Basis gibt es weiter Kritik.

62 Prozent der Männer übergewichtig

"Wir reduzieren nicht einfach nur gefühlt, wir evaluieren das", sagte Klöckner in Berlin. Es sei erreicht, dass zahlreiche Fertigprodukte gesünder werden. Manche Zahlen - etwa für weniger Salz in Wurstwaren - seien aber noch nicht zufriedenstellend. "Dort, wo es hakt, wird nachgebessert und wenn nötig, reguliert." Handlungsbedarf besteht: In Deutschland gelten 47 Prozent der Frauen, 62 Prozent der Männer und 15 Prozent der Kinder als übergewichtig. Zu viel Zucker, Fett und Salz erhöhen Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.

Um Zusagen der Branche zu überprüfen, hat das bundeseigene Max-Rubner-Institut (MRI) nun knapp 5.000 weitere Produkte untersucht - gemessen an einer Ausgangserhebung von 2016. Dabei seien insgesamt nur begrenzte Vergleiche möglich, da die frühere Stichprobe teils viel kleiner gewesen sei. Für Produkte mit Kinderoptik seien daher zum Beispiel kaum Aussagen zur Entwicklung möglich.

Salz:

In verpacktem Brot und Kleingebäck seien nun durchschnittlich 4 Prozent weniger Salz, ergab die Auswertung. Bei Toastbrot lag das Minus demnach bei 8,3 Prozent. Bei Snack-Salami sank der Salzgehalt um durchschnittlich 10,6 Prozent und bei vorgegarten Frikadellen um 15 Prozent. Snack-Salamis und Schinkenwürfel zählten aber immer noch zu den Produktgruppen mit den höchsten Salzgehalten, erläuterte das MRI. Generell habe Salz neben der Geschmacksgebung auch wichtige Funktionen für die Produktsicherheit - indem es Keimwachstum hemme.

Zucker:

In Müsli-Riegeln mit Schokolade stecken laut der Studie nun 10,9 Prozent weniger Zucker. Bei Nuss- und Kern-Riegeln gab es ein Minus von durchschnittlich 15,8 Prozent und bei Fruchtschnitten von 5,9 Prozent. Erstmals untersucht wurden "Quetschprodukte" für kleine Kinder - etwa Fruchtpürees, die direkt aus kleinen Plastikbeuteln verzehrt werden. In gut zehn Prozent dieser "Quetschies" ist demnach zugesetzter Zucker. Dieser habe darin aber nichts zu suchen, sagte Klöckner. Sie wolle sich daher auf EU-Ebene für ein Verbot von Zuckerzusätzen in solcher Beikost einsetzen.

Reaktionen:

Verbraucherschützer und Mediziner fordern schon seit längerem stärkeres Gegensteuern. Freiwillige Selbstverpflichtungen verhinderten nötige gesundheitspolitische Maßnahmen, kritisierte die Organisation Foodwatch. Klöckner müsse die Branche verbindlich in die Pflicht nehmen, statt nur höflich um ein paar Gramm weniger Zucker zu bitten. In Großbritannien zeige eine Limo-Steuer Wirkung mit deutlich geringeren Zuckergehalten. Nötig sei auch, Kindermarketing gesetzlich auf ausgewogene Lebensmittel zu beschränken. Die Lebensmittelbranche betonte, sie halte Versprechen zu freiwilligen Rezeptur-Änderungen, "wo dies sinnvoll und technologisch möglich ist".

Neben den Zutaten kommt es darauf an, gesündere Produkte im Supermarkt auch leichter zu erkennen. Dabei soll das neue Logo Nutri-Score helfen, das - ebenfalls auf freiwilliger Basis für die Anbieter - auf mehr und mehr Packungen zu sehen ist. Das in Frankreich entwickelte System heißt so viel wie "Nährwert-Punktzahl" und bezieht neben Zucker, Fett und Salz auch empfehlenswerte Elemente wie Ballaststoffe, Eiweiß oder Anteile an Obst und Gemüse ein. Für die Mengen pro 100 Gramm werden jeweils Punkte vergeben. Heraus kommt ein einziger Gesamtwert, der in einer fünfstufigen Skala abgebildet wird: von "A" auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes "C" bis zum roten "E" für die ungünstigste. (dpa)