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Wieso die Deutsche Meisterin aus Dresden jetzt für Griechenland startet

Sie zählt zu Deutschlands Olympia-Hoffnungen. Doch vom Verband hat Dreispringerin Maria Purtsa keine Unterstützung. Nun geht die Tochter eines Dresdner Restaurantbesitzers einen neuen Weg.

Von Michaela Widder
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Willkommen Hellas. Die Dresdner Dreispringerin Maria Purtsa hat bei den Balkanspielen erstmals das griechische Nationaltrikot getragen.
Willkommen Hellas. Die Dresdner Dreispringerin Maria Purtsa hat bei den Balkanspielen erstmals das griechische Nationaltrikot getragen. © privat

Dresden. Als sie am Wochenende das azurblaue Trikot mit der weißen Aufschrift Hellas trägt, hüpft ihr Herz dann doch vor Aufregung und Freude. Zum ersten Mal ist Maria Purtsa für Griechenland am Start. Vor einer Woche ist das gewesen bei den Balkan-Meisterschaften in Istanbul, und nur knapp hat die Dreispringerin eine Medaille verpasst. "Niemand will gern Vierter werden, aber ich bin trotzdem mit einem Strahlen abgereist", erzählt sie im Gespräch mit Sächsische.de, und sie weiß: "Bei jedem Wettkampf bekommt man schließlich eine neue Chance."

Die nächste wartet schon am Samstag bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Leipzig. Dort ist auch Purtsa am Start - dann wie gewohnt im blauen-weißen Trikot des LAC Chemnitz. International wird die gebürtige Dresdnerin allerdings nicht mehr für Deutschland antreten, sondern nun für Griechenland. Womöglich ist sie schon bei der Hallen-WM im März in Glasgow dabei, spätestens dann bei der EM im Juni in Rom - und im Optimalfall sogar bei den Olympischen Spielen in Paris.

"Ich bin sehr glücklich mit meiner Entscheidung", betont Purtsa - und liefert die Erklärung gleich mit: "Was ich vom griechischen Verband spüre, ist so viel Warmherzigkeit und Anerkennung. Sie sind glücklich, eine Top-Athletin zu haben. Das ist schon etwas ambivalent. Denn im DLV hatte ich eher das Gefühl, dass ich zu schlecht bin."

Keine Förderung, keine Unterstützung - und das als Deutsche Meisterin und einzige deutsche 14-Meter-Springerin im vergangenen Sommer. "Ich bin nie in einen Kader berufen worden", sagt sie, ohne dabei verbittert zu wirken.

Maria Purtsa mit ihrem griechischen Vater Antonios (links), ihrem Bruder Alexander und ihrem Freund Noel Fonteyne (rechts).
Maria Purtsa mit ihrem griechischen Vater Antonios (links), ihrem Bruder Alexander und ihrem Freund Noel Fonteyne (rechts). © privat

Und dann ist der Moment gekommen, der ihre Überlegungen konkreter machte - nach der WM in Budapest, die ohne Purtsa stattfand. Zwar hatte sie sich über die Weltrangliste qualifiziert, aber ihr fehlte die sogenannte Bestätigungsnorm. "Der Weltverband hat mich zur WM eingeladen, der Deutsche Leichtathletik-Verband jedoch wieder ausgeladen, weil ich nur 14,02 und eben nicht 14,05 gesprungen war. So sind nun mal die Regeln", stellt sie trocken fest.

Daraufhin fällte Purtsa ihre Entscheidung - nicht gegen den Verband, wie sie betont, sondern für "meine sportlichen Ziele". Diese zog einen Nationenwechsel mit sich. Als Tochter einer Bulgarin und eines Griechen, der in der Prager Zeile in Dresden das Restaurant "Sweet Greece" führt, hatte die 28-Jährige sogar die Wahl.

"Ich habe intensiv darüber nachgedacht, die große Verbundenheit spüre ich zu Griechenland und habe auch das Temperament in mir", erzählt sie. Ein großer Teil ihrer Familie wohnt noch dort. In Agios Athanasios, den Heimatort ihres Vaters, ist sie jeden Sommer.

Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften 2023 gewann Maria Purtsa Silber, im Sommer gewann sie den nationalen Titel bereits zum zweiten Mal.
Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften 2023 gewann Maria Purtsa Silber, im Sommer gewann sie den nationalen Titel bereits zum zweiten Mal. © Jan Huebner

Griechisch spricht sie außerdem fließend, obwohl sie in dem Land nie gelebt hat. "Das hilft natürlich auch, wenn ich mich jetzt im Team verständigen kann", sagt Purtsa. Ihre Eltern schickten sie nach der Schule sechs Jahre lang zu einem Griechisch-Lehrer in Dresden. "Entweder ich war beim Sport oder beim Griechisch. Damals habe ich das nicht ganz nachvollziehen können, jetzt bin ich meinen Eltern sehr dankbar", betont sie.

Die größte Hürde war seit Sommer, einen zweiten Pass zu bekommen. "Der griechische Verband hat in dem ganzen bürokratischen Prozess unglaublich viel geholfen. Überhaupt fühlt sich alles sehr familiär an", meint die zweifache Deutsche Meisterin, und am 10. Januar bekam sie grünes Licht. Das Formelle klärten die Verbände untereinander, mit den DLV-Verantwortlichen hatte Purtsa keinen Kontakt.

"Es bringt nichts, Groll zu schieben. Davon wird meine Leistung auch nicht besser. Und es ist auch keine Protestaktion gegen den deutschen Verband. Ich bin einfach froh, diese Möglichkeit zu haben. Und für den DLV wünsche ich mir, dass seine Strategie Früchte trägt", sagt sie. Bei der vergangenen WM hatten die deutschen Leichtathleten erstmals keine Medaille gewonnen und damit den Negativtrend der vergangenen Jahre fortgesetzt.

Ausbildung zur Psychotherapeutin

Für die Psychologin, die nebenbei eine Ausbildung zur Psychotherapeutin macht, ändert sich in ihrem Alltag als Hochleistungssportlerin nichts. Purtsa, die 2015 vom Dresdner SC zum LAC Chemnitz wechselte, fühlt sich in der Stadt und in der Trainingsgruppe um Harry Marusch wohl. Purtsa arbeitet nebenbei im Admedia-Rehazentrum, zugleich einer der wichtigsten Sponsoren. "Das ist meine Basisförderung", betont sie.

Wohin es in diesem Sommer für sie geht, lässt sie ein bisschen offen. Das große Ziel ist natürlich Olympia in Paris. Seit Anfang des Jahres hat Purtsa allerdings Probleme mit der Plantarsehne in der Ferse, kann nur eingeschränkt trainieren. "Ich habe ein geiles Team um mich herum, daher kann ich dosiert springen", sagt sie. Bei 13,65 Metern steht aktuell die Saisonbestleistung. Für eine Medaille in Leipzig muss Purtsa eine ähnliche Weite bringen.