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Neues Team, große Ziele: Pirnaer Radprofi greift wieder an

Eigentlich sollte Max Kanter bei der Deutschland-Tour starten. Sein Team plante kurzfristig um. Für den Radprofi kein Problem. Jetzt fährt er in Belgien - und wechselt im nächsten Jahr zu einem anderen Top-Team.

Von Michaela Widder
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In Pirna ist Radprofi Max Kanter heimisch geworden. In der neuen Saison fährt er für das kasachische Team Astana. Sein Lebensmittelpunkt bleibt die Kleinstadt am Rande der Sächsischen Schweiz.
In Pirna ist Radprofi Max Kanter heimisch geworden. In der neuen Saison fährt er für das kasachische Team Astana. Sein Lebensmittelpunkt bleibt die Kleinstadt am Rande der Sächsischen Schweiz. © Foto: SZ/Veit Hengst

Pirna. Auf den Start bei der Deutschland-Tour hatte er sich besonders gefreut. Für die deutschen Profis gibt schließlich nicht viele Gelegenheiten, sich auf den heimischen Straßen zu präsentieren. Beim größten nationalen Radrennen, das im saarländischen St. Wedel startet und am Sonntag in Bremen endet, stehen sie besonders im Fokus. Die fünf Etappen werden sowohl im TV als auch im Livestream übertragen.

Wenn am Mittwoch der Startschuss für den Prolog über 2,3 Kilometer erfolgt, sitzt Max Kanter zwar auch im Sattel – allerdings gut 430 Kilometer entfernt. In Blankenberge, einem Seebad an der belgischen Küste, startet er kurzfristig bei der Renewi Tour Belgien. Es ist eines der unbedeutenden World-Tour-Rennen, das mal als neue Benelux-Rundfahrt in den Kalender gehievt worden ist und nun zeitgleich mit der Deutschland-Tour stattfindet.

„Klar wäre es schön gewesen, das Heimrennen zu fahren. Für mich ist es so okay. Radsport ist Teamsport, und die Sprinter werden aufgeteilt“, erklärt Kanter im Gespräch mit sächsische.de. Vor anderthalb Wochen sei die Entscheidung gefallen.

Eine Saison mit mehr Tiefen als Höhen

Der 25-Jährige hofft nun nach seinem neunten Platz am vergangenen Sonntag bei den Cyclassics in Hamburg zum Ende der Saison auf Top-Platzierungen in Belgien. Danach startet er noch bei einem Eintagesrennen im Nachbarland und im September bei der Großbritannien-Rundfahrt.

Kanter, der aus Cottbus stammt und seit einiger Zeit in Pirna lebt und trainiert, erlebt bisher eine durchwachsene Saison. Im Frühjahr bremste ihn zum ersten Mal eine Corona-Erkrankung für einige Zeit aus, dann stürzte er auf der zweiten Etappe beim Giro – und alle Ambitionen waren dahin. Das alles ausgerechnet im letzten Vertragsjahr bei seinem spanischen Team Movistar, in dem er sich mit besonders guten Leistung für ein neues Jobangebot empfehlen will.

Ende Juli stellte Kanter sein Rad sogar für eine Woche gänzlich in die Ecke, weil die Form einfach nicht da war. „Seitdem läuft das Training wieder deutlich besser“, sagt er. Die beste Nachricht kam dann Anfang August. Innerhalb der World-Tour wechselt Kanter zur neuen Saison zu Astana. Bei der Mannschaft aus Kasachstan hat er einen Vertrag für zwei Jahre unterschrieben. „Dass ich mich dem Team anschließe, bedeutet mir sehr viel, und ich bin sehr zuversichtlich, dass ich gemeinsam mit Astana Großes erreichen werde“, meint er. Bislang fehlt Kanter nämlich ein Profisieg.

An der Seite von Superstar Cavendish?

Bei der Vuelta 2020 war er unter anderem zweimal Dritter, im Vorjahr wurde er Vierter bei Mailand-Turin. Bei Astana könnte Kanter nun mit Sprint-Star Mark Cavendish zusammenarbeiten. Dem 38 Jahre alten Briten liegt ein neues Vertragsangebot vor, eigentlich wollte Cavendish seine erfolgreiche Karriere aber zum Jahresende beenden. „Die Entscheidung ist noch offen“, so Kanter.

Er selbst soll als Helfer fungieren, aber auch eigene Ambitionen verfolgen dürfen. „Das war bei Movistar nicht immer der Fall, dass ich im Finale die Unterstützung hatte. Bei Astana gibt es einen Umbruch, man will den Sprintbereich ausbauen“, erklärt er. Auch seine Chancen für einen Start bei der Tour de France stünden beim neuen Arbeitgeber deutlich besser.

Winokurow: "Er kann aus eigener Kraft etwas erreichen"

„Wir kennen Max als einen starken und vielversprechenden Sprinter. Er war in der U 23-Kategorie und zu Beginn seiner Profikarriere erfolgreich, aber später hat er vielleicht etwas verpasst, um sein Potenzial zu zeigen“, sagt Astana-Teamchef Alexander Winokurow dem Tour-Magazin und ergänzt: „Jetzt sind wir bereit, mit Max zusammenzuarbeiten und ihm die Möglichkeiten zu geben, die er braucht, weil wir glauben, dass er aus eigener Kraft etwas erreichen kann.“

Die Doping-Vergangenheit des Rennstalls ist Kanter bewusst. Das sei natürlich nicht die „Allerschönste“, allerdings beträfe das Thema andere Teams nicht weniger – und das bis heute.

Erst vor wenigen Tage ist sein deutscher Radsportkollege Michel Heßmann nach einer positiven Dopingprobe von Jumbo-Visma suspendiert worden. „Da war ich echt geschockt, das hat mich schon sehr überrascht“, erklärt Kanter, der sich vehement gegen Doping ausspricht.