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Das Runde muss ins Runde: Trendsport Roundnet in Dresden

Auf den Elbwiesen, im Park, am Strand - an sonnigen Tagen finden sich immer öfter Menschen, die um das kleine Netz herumspringen. Für den neuen Trendsport Roundnet gibt es in Dresden auch schon einen Verein.

Von Simon Lehnerer
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Wuchtiger Schlag: Bei Roundnet ist Schnelligkeit, Genauigkeit und Kraft gefragt.
Wuchtiger Schlag: Bei Roundnet ist Schnelligkeit, Genauigkeit und Kraft gefragt. © Foto: SZ/Veit Hengst

Dresden. Turnschuhe quietschen mit dem unverkennbaren Geräusch, wenn Gummisohle auf Hallenboden trifft. "Komm schon, den kriegst'e noch", ertönt ein Zuruf aus der Ecke. Reihum schlagen junge Männer und Frauen an verschiedenen Stationen der Turnhalle einen kleinen Ball wuchtig auf das am Boden stehende Netz. Der abprallende Ball wird von jeweils einem anderen angenommen oder zurückgepasst. Hier wird gerade für eine Sportart trainiert, die sich in letzter Zeit größter Beliebtheit erfreut. Sie heißt Roundnet.

Roundnet, englisch für Rundnetz, auch bekannt als Spikeball, ist eine Mannschaftssportart aus der Gruppe der Rückschlagspiele, bei der zwei Teams mit jeweils zwei Spielern um ein rundes, am Boden aufgespanntes Netz stehen. Jedes Team versucht, den Ball so geschickt auf das Netz zu schlagen, dass die Gegner ihn nicht mehr erreichen und man selbst einen Punkt bekommt.

Beliebt ist das Spiel bisher vor allem im Freizeitgebrauch - ob zu Hause im Garten, im Stadtpark oder am Strand. Das Erfolgsgeheimnis? "Es lässt sich ganz einfach überall mit hinnehmen, leicht aufbauen und schnell mit jedem spielen", sagt Cara Limpächer. Sie ist Vorstandsvorsitzende des 1. Roundnet Club Dresden. Es ist der erste und bisher einzige Verein in Dresden, der die Sportart anbietet.

Neue Freundschaften durch sportliche Vernetzung

Der 2019 gegründete Verein hat derzeit etwa 70 Mitglieder und bekam vor allem in den vergangenen zwei Jahren viel Zulauf. Trainiert wird dreimal pro Woche. In der Wintersaison wird deutschlandweit in einem Ligasystem gespielt. Es gibt die erste, zweite und die Regionalliga beim Roundnet in Deutschland.

"Wir treten jeweils mit einem Kader in der zweiten Liga und in der Regionalliga an", berichtet Limpächer. Im Sommer stünden dann Wettkämpfe in ganz Deutschland an. "Bei diesen Turnieren treten wir aber nicht nur in vereinsinternen Teams an, sondern auch zusammen mit Roundnet-Spielerinnen und -Spielern aus anderen Städten".

Genau diese regions- und teilweise auch länderübergreifende Vernetzung mache die Community des Trendsports so besonders, sagt ihr Teamkollege Fabian Huth: "Roundnet ist noch eine Randsportart. Wenn wir zu den Turnieren fahren, kennt man sich meistens schon, weil wir immer wieder die gleichen Menschen treffen. So vermischen sich die Freundeskreise, und neue Freundschaften bilden sich". Dies beschränke sich nicht nur auf andere Teile Deutschlands, sondern inkludiere beispielsweise auch Roundnet-Begeisterte aus Tschechien.

Ehrlichkeit trotz sportlicher Konkurrenz

Inklusion und Offenheit wird beim Dresdner Roundnet Club sowieso großgeschrieben. "Da wir auch Mitglieder aus anderen Ländern im Verein haben, bemühen wir uns, beim Training viel Englisch zu sprechen", so Cara Limpächer. Einer von ihnen ist Edmundo Cuadra aus Nicaragua. Der 24-Jährige ist seit knapp einem Jahr dabei und schätzt bei Roundnet die Ehrlichkeit und die Empathie der Mitspieler - gerade, weil der Sport ohne Schiedsrichter gespielt wird.

"Die Menschen hier sind einfach anders. Niemand versucht zu betrügen oder Zeit zu schinden. Wenn sich jemand verletzt, helfen wir einander, auch wenn derjenige zum anderen Team gehört. Und natürlich ist es toll, dass meine Vereinskollegen beim Training zu Englisch wechseln, damit ich auch alles verstehe", so Cuadra.

Die Chemie zwischen den Vereinsmitgliedern ist deutlich zu spüren. Sie sind nicht nur sportliche Kollegen, sondern Freunde. "Wir unternehmen regelmäßig Gruppenausflüge. Im Juli geht es für ein Wochenende nach Naumburg. Klar trainieren wir dort, aber es geht uns auch um die Vereinsentwicklung und eine schöne Zeit zusammen", erzählt die Vorstandsvorsitzende.

Voll fokussiert: Nach dem ersten Kontakt muss der Teamkollege ran - außer es handelt sich um eine Aufwärtsbewegung, dann darf man selbst nochmal an den Ball.
Voll fokussiert: Nach dem ersten Kontakt muss der Teamkollege ran - außer es handelt sich um eine Aufwärtsbewegung, dann darf man selbst nochmal an den Ball. © Foto: SZ/Veit Hengst

Spielablauf der Sportart Roundnet

Ein kurzer Exkurs zu den wichtigsten Spielregeln von Roundnet. Die vier Spielenden stehen jeweils im rechten Winkel um das Netz herum, die Teamkameraden nebeneinander. Der aufschlagende Spieler wirft den Ball in die Luft und schlägt ihn auf das Netz. Nun hat das gegnerische Team bis zu drei Ballkontakte, um den Spikeball wieder auf das Netz zu schlagen.

Jeder Körperteil darf den Ball spielen, das Festhalten des Balls und das Behindern der Gegner ist nicht erlaubt. Innerhalb der drei Kontakte kann der Ball zum Mitspieler gepasst oder direkt zurück auf das Netz gespielt werden.

Die Ballwechsel setzen sich fort, bis ein Team einen Fehler macht. Jeder Fehler führt zu einem Punkt für die Gegner. Als Fehler zählt, wenn der Ball den Boden oder die Stange am Rand des Netzes berührt. Gleiches gilt, wenn der Ball zweimal auf dem Netz landet, jemand das Netz berührt oder den Ball zweimal hintereinander spielt.

Eine Ausnahme: Wenn der Ball von einem Spieler in der Aufwärtsbewegung berührt wird, darf derselbe Spieler einen weiteren Ballkontakt ausführen. Beide Teams können sich 360 Grad um das Netz herum bewegen. Üblicherweise geht eine Partie bis 11, 15 oder 21.

Nicht von Anfang an eine Erfolgsgeschichte

Erfunden wurde Spikeball, wie es damals noch hieß, Ende der 1980er-Jahre vom US-Amerikaner Jeff Knurek, der als Spieleentwickler arbeitete. Doch im Verkauf setzte es sich nicht durch und verschwand schnell wieder aus den Regalen. Jahre später verhalf Chris Ruder, ebenfalls aus den USA, dem Netz-Ball-Spiel zu neuem Leben, nachdem Freunde ihm 2003 ein altes Set geschenkt hatten.

Ruder war begeistert von der Spielweise und fand heraus, dass es kein Patent mehr dafür gab. Er sicherte sich die Rechte, gründete 2008 die "Spikeball Corporation" und begann das überarbeitete Spiel zu vertreiben.

Der große Durchbruch gelang Spikeball aber erst, als es 2015 in der amerikanischen Version von "Höhle der Löwen" vorgestellt wurde. Um seine Marke zu schützen, benannte Chris Ruder die Sportart in Roundnet um und sorgte so dafür, dass nur seine Produkte den Namen Spikeball tragen dürfen. In Deutschland kam das sportliche Spiel erst Ende der 2010er-Jahre an. An der ersten Deutschen Meisterschaft in Münster 2021 nahmen knapp 200 Teams teil.