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Zeidler gegen Bielig: Keine Ruhe im deutschen Rudern

Im Deutschen Ruder-Verband kehrt keine Ruhe ein. Nach der historisch schlechten WM ist ein heftiger Streit zwischen Bundestrainerin Brigitte Bielig aus Dresden und Weltmeister Oliver Zeidler entbrannt.

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Ruderer Oliver Zeidler (rechts) mit seinem Vater und Trainer Heino im Geräteschuppen an der Regattastrecke in Oberschleißheim bei München. Beide kritisieren den deutschen Verband vehement.
Ruderer Oliver Zeidler (rechts) mit seinem Vater und Trainer Heino im Geräteschuppen an der Regattastrecke in Oberschleißheim bei München. Beide kritisieren den deutschen Verband vehement. © picture alliance / SZ Photo | Sebastian Gabriel

Dresden/Oberschleißheim. Die Bundestrainerin nahm kein Blatt vor den Mund. Und das Ziel ihres Zorns war ausgerechnet auch Oliver Zeidler, der einzige aktuelle Weltmeister des Deutschen Ruder-Verbandes in den olympischen Klassen. Sie habe "tatsächlich auch individuelle Gespräche geführt", sagte Brigitte Bielig im vielbeachteten Interview mit Sächsische.de, aber von strukturellen Problemen oder personellen Konsequenzen habe sie "aus seinem Mund nie etwas gehört. Ich muss schon sagen, das war unterste Schublade."

Zeidler hatte den deutschen Verband rund um die enttäuschende Heim-EM auf seiner Heimstrecke in Oberschleißheim öffentlich massiv kritisiert und im Interview mit dem Sportinformationsdienst vor der WM in der vergangenen Woche betont, man habe die Kritik auch "intern bereits mehrmals angesprochen". Gegenüber dem TV-Sender Sport1 nannte er konkret ein Gespräch im Trainingslager in Lago Azul, in dem er angesprochen habe, dass "der Sportdirektor (Mario Woldt, Anm. d. Red.) ein Totalausfall" sei.

Sein Vater und Trainer Heino zeigte nun ebenfalls kein Verständnis - und antwortete nicht minder deutlich auf die Kritik Bieligs. Sie hatte konkret angesprochen auf Zeidler gesagt: "Gerade Oliver hat sein Wohlfühlumfeld, sein Vater wird mit bezuschusst und erhält Ausgleichszahlungen, wenn er in seinem eigentlichen Job weniger arbeiten kann. Er kann alles machen, was er will."

Auf dem Weg zum WM-Titel: Oliver Zeidler gewann zuletzt in Racice mit dem Einer die einzige deutsche Medaille - und erneuerte seine Kritik am Verband.
Auf dem Weg zum WM-Titel: Oliver Zeidler gewann zuletzt in Racice mit dem Einer die einzige deutsche Medaille - und erneuerte seine Kritik am Verband. © dpa

Es sei "einfach peinlich", meinte nun Trainer Zeidler und erklärte auf Nachfrage des Sportinformationsdienstes, Bielig habe "hin und wieder das Problem, die Wahrheit zu akzeptieren". Obwohl die WM vorbei sei und man am Boden liege, fange sie jetzt wieder an, "Pfeile gegen uns zu schießen. Das macht man so sicher nicht."

Er habe "das Gefühl, sie musste jetzt unbedingt nachtreten. Ich frage mich aber: Warum? Wir haben geliefert und sind erfolgreich mit dem, was wir tun", sagte Heino Zeidler. Bei der für den DRV historisch schwachen WM im tschechischen Racice holte Oliver Zeidler mit Gold die einzige deutsche Medaille in den olympischen Bootsklassen. Er habe Bieligs "bisher desaströse Bilanz als Cheftrainerin aufgebessert", sagte Zeidler süffisant.

Bielig sieht das anders, sie differenziert und wirbt um Geduld. "Wir haben einen neuen Vorstand, den Leistungssport in der Hauptverantwortung des Sportdirektors. Wir haben so viel neu angestoßen, dass das auch Zeit braucht, um wirksam zu werden, das sehen viele nicht", sagte Bielig, die auch das Hinzuziehen einer externen Beratungsagentur zur Problemlösung begrüßt: "Es ist doch gut, wenn jemand von außen draufschaut. Ich bin überzeugt, so viel machen wir nicht falsch."

Ruder-Bundestrainer Brigitte Bielig aus Dresden weist die Kritik von Oliver Zeidler zurück - und erhebt selbst Vorwürfe gegen den Weltmeister.
Ruder-Bundestrainer Brigitte Bielig aus Dresden weist die Kritik von Oliver Zeidler zurück - und erhebt selbst Vorwürfe gegen den Weltmeister. © dpa/Daniel Reinhardt

Laut der Bundestrainerin, die seit Oktober 2021 im Amt ist und zuvor als Cheftrainerin im deutschen U23-Bereich gearbeitet hatte, benötigt der Verband Zeit, um wieder den Anschluss an die Weltspitze herzustellen. Für die Sommerspiele in Paris 2024 sei das Ziel nicht, "dass wir das Ergebnis von Olympia groß verbessern können", sagte Bielig: "Wenn wir die zwei Medaillen von Tokio 2021 wieder erreichen, hätten wir unser Ziel erreicht. Unser langfristiger Aufbau geht bis 2028."

Heino Zeidler, der mit seinem Sohn eigenständig an der Regattastrecke in Oberschleißheim trainiert, glaubt indes nicht an Veränderungen. "Man macht sich da etwas vor", sagte der Polizeibeamte, der nach eigenen Angaben mit 500 Euro monatlich vom Verband unterstützt wird: "Dieser Betrag reicht nicht aus, um beim Arbeitgeber kürzer zu treten. Das ist beim DRV sehr wohl bekannt, aber es wird gefühlt nichts getan, um diesen Zustand zu ändern." (SZ, sid)