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Wo die Schweine bald zum Schlachter laufen

Die Genießergenossenschaft baut direkt neben dem Stall einen Schlachtbetrieb. Das ist nicht die einzige Besonderheit.

Von Cathrin Reichelt
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Statt in engen Boxen sind die Schweine der Genießergenossenschaft in weitläufigen Ställen untergebracht und haben viel Bewegungsfreiheit.
Statt in engen Boxen sind die Schweine der Genießergenossenschaft in weitläufigen Ställen untergebracht und haben viel Bewegungsfreiheit. © privat

Königshain-Wederau. Erst zwischen August und Oktober sind die Mastschweine der Genießergenossenschaft in Königshain-Wiederau eingestallt worden. Jetzt geht das Unternehmen bereits den nächsten Schritt. Es baut nur wenige Meter entfernt einen Schlachtbetrieb.

„Das war von Anfang an klar“, sagt Vorstandsvorsitzender Jan Gumpert. „Und es ist eine logische Entwicklung. Wir produzieren im Stall eine absolute Premiumqualität. Und die wird beim Lebendtransport nicht besser.“ Derzeit werden die Tiere zum Schlachten nach Belgern oder Hof gebracht. Dorthin sind sie etwa eineinhalb Stunden unterwegs.

Das Schlachthaus geht voraussichtlich im April kommenden Jahres in Betrieb. Pro Woche sollen dort 60 Tiere geschlachtet werden. Und die laufen dann etwa 20 Meter vom Stall zur Schlachtstätte. „Der Weg zur Himmelspforte wird mit Leitplanken abgesperrt“, so Gumpert.

Ein Fleischer sei bereits eingestellt, mindestens zwei weitere kommen noch hinzu. Sie schlachten die Schweine, zerlegen und zerteilen sie grob. Die Weiterverarbeitung erfolgt in Partnerbetrieben. Das Schlachten vor Ort, ohne Transport, verringert nicht nur den Stress der Tiere, sondern auch den sogenannten CO2-Fußabdruck.

Die neue Schlachtstätte ist aber nicht nur für Tiere der Genießergenossenschaft gedacht. „Wir haben auch die Genehmigung erhalten, etwa 50 Tiere von Agraset in Naundorf zu schlachten“, erklärt der Vorstandsvorsitzende. Beide Landwirtschaftsunternehmen arbeiten eng zusammen.

Tiere haben große Bewegungsfreiheit

Agraset produziert die Ferkel. Das Futter kommt von der Genießergenossenschaft. Dorthin ziehen die Jungtiere nach dem Absetzen von den Sauen um. „Das ist derselbe Prozess wie früher beim Bauern“, meint Gumpert. Der Stress für die Tiere sei gering.

Der Transport in den großen Stall erfolge mit einem kleinen Anhänger und sei zu keiner Zeit kritisch. „Sie kommen in eine Wohlfühloase“, meint der Chef. Und sie dürfen ihre Ringelschwänze behalten.

Der Stall hat rund 1.700 Plätze. Das sind allerdings keine engen Boxen, sondern große Abteile mit Stroheinstreu, in denen die Schweine viel Bewegungsfreiheit haben. Nicht nur die trägt zu einer besseren Qualität des Fleisches bei.

Aus Massentierhaltungen gehe das „Standardschwein“ nach 95 Tagen und mit einem Gewicht von etwa 115 Kilogramm zum Schlachter. In der Genießergenossenschaft werde den Tieren 160 Tage Zeit gegeben, um zu wachsen und zu gedeihen. Dadurch erreichen sie ein Schlachtgewicht von 150 und 160 Kilogramm.

Auf dem Gelände der Genießergenossenschaft in Königshain-Wiederau entsteht derzeit ein Schlachtbetrieb. Damit entfällt künftig der Transport der Tiere.
Auf dem Gelände der Genießergenossenschaft in Königshain-Wiederau entsteht derzeit ein Schlachtbetrieb. Damit entfällt künftig der Transport der Tiere. © privat

Die Genießergenossenschaft hält ausschließlich Duroc-Schweine. „Sie haben das beste genetische Material für die Haltung in Langmast und die Fütterung mit Omega3-Fettsäuren. Die Tiere fressen Leinschrot.

Das wird aus Leinpflanzen hergestellt, die auf umliegenden Feldern wachsen. Das Futter und die Bewegung, durch die die Tiere Muskelfett ansetzen, tragen zu einem marmorierten Fleisch bei.

Sparen mit Fotovoltaik

Derzeit wird aber nicht nur an der Schlachtstätte gebaut, sondern auch der Stall „vervollständigt“. „Wir sind gerade dabei Fotovoltaik aufs Dach zu setzen“, sagt Jan Gumpert. Eventuell werde das Schlachthaus in dieser Beziehung später noch nachgerüstet. Denn allein durch den Strom, der mit der Fotovoltaik auf dem Stall erzeugt wird, spare die Genießergenossenschaft rund 15.000 Euro pro Jahr.

Die im Mai 2020 gegründete Genossenschaft hat inzwischen 430 Mitglieder. „Davon sind 425 keine Bauern, sondern Städter, die die Chance nutzen, gutes Fleisch vom Bauern zu bekommen“, meint Gumpert. Durchschnittlich besitze jedes Mitglied 2,5 Anteile.

Ein Anteil im Wert von 1.000 Euro sei Pflicht. Für junge Mitglieder bestehe die Möglichkeit der Ratenzahlung. Der Beitrag werde einmalig fällig. Erreiche die Genießergenossenschaft ein gutes Ergebnis, erfolge jeweils am Jahresende eine Prämienzahlung.

Außerdem können die Mitglieder Wurst und Fleisch von den Duroc-Schweinen über den Web-Shop oder bei Fleischern erwerben, die die Rohware verarbeiten. Derzeit ist die Genießergenossenschaft auf der Suche nach weiteren Fleischern und Restaurants aus der Region, die Interesse an einer Zusammenarbeit haben.

Durch das künftige Schlachten in der Manufaktur werde sich der Preis nicht erhöhen. Zwar sei es teurer als im Großbetrieb, dies werde aber durch die wegfallenden Transportkosten ausgeglichen.