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"Wölfe spazieren inzwischen am helllichten Tag durch die Orte. Das nimmt überhand."

Peter Hempel ist Jäger in Friedersdorf. Er beobachtet, dass die Zahl der Wölfe steigt. Er will Einwohner für das Thema Wolf sensibilisieren - und sagt, wann's gefährlich wird.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Peter Hempel mit seinem Jagdhund Arney, einem Kleinen Münsterländer.
Peter Hempel mit seinem Jagdhund Arney, einem Kleinen Münsterländer. © Matthias Weber/photoweber.de

Der Löbauer "Problemwolf" hat das Thema Wolf wieder ein Stück mehr in die Öffentlichkeit gebracht. Nördlich von Löbau ist ein Tier viele Male in ein Damwildgehege eingedrungen und hat mittlerweile über 20 Zuchttiere gerissen. Landrat Stephan Meyer (CDU) hat nun die Abschusserlaubnis für das Tier ausgesprochen.

Das hat erneut die Debatte entfacht, ob der Wolf nicht generell gejagt werden sollte. Die CDU im Landtag beispielsweise fordert jetzt, eine Quote für den Wolf. Jäger - auch aus der Oberlausitz - wollen seit Jahren, dass der Schutzstatus des Wolfes gelockert wird.

Die Jäger in der Region sind ständig mit dem Thema Wolf konfrontiert. Peter Hempel ist neuer Vorsitzender der Hegegemeinschaft Fugau. Sie umfasst den Bereich Friedersdorf/Neusalza-Spremberg. Hier haben sich 17 Jäger zusammengeschlossen. Der 50-Jährige besitzt seit über zehn Jahren einen Jagdschein. Im SZ-Interview erklärt er warum der Wolf zum Problem wird und dass er und seine Kollegen die Menschen für das Thema Wolf sensibilisieren wollen.

Herr Hempel, haben Sie schonmal selbst einen Wolf gesehen?

Klar, nahezu wöchentlich. Als Jäger bin ich eigentlich jeden Tag in meinem Revier bei Friedersdorf unterwegs. Seit Anfang Januar stelle ich fest, dass man immer häufiger Wölfen begegnet, ihre Zahl offenbar zugenommen hat. Auch andere Jäger beobachten das. Bei jeder Jagd treffen wir inzwischen auf Wölfe.

Viele Jäger lassen ihre Hunde bei Drückjagden nicht mehr frei stöbern. Wir haben hier in unserem Gebiet jetzt mindestens drei Wölfe. Ein anderer Jäger erzählte mir, dass er am Kuhberg bei Lawalde vier auf einmal gesehen hat. Sie vermehren sich ungehindert und niemand darf eingreifen.

Bei Friedersdorf hat eine Wildkamera diesen Wolf aufgenommen. Für die Jäger in der Gegend gehört er zum täglichen Bild.
Bei Friedersdorf hat eine Wildkamera diesen Wolf aufgenommen. Für die Jäger in der Gegend gehört er zum täglichen Bild. © privat

Ihrer Meinung nach müsste der Wolf also bejagt werden?

Ja. Ich habe überhaupt nichts gegen den Wolf, das ist ein wunderschönes und faszinierendes Tier. Aber das Zusammenleben so nahe von Ortschaften funktioniert nicht. Neulich rief mich ein Bekannter an und fragte, ob etwas bekannt sei, dass es auch um Neusalza-Spremberg Wölfe gibt. Er hatte einen mitten im Ort gesehen, der spazierte auf der Hauptstraße. Ein anderer Freund, der auch einen Hund hat, war mit seinem Vierbeiner auf dem Radweg am "Kühlen Morgen" bei Ebersbach unterwegs.

Da kam plötzlich ein Wolf aus dem Kottmarwald und stand auf dem Radweg. Wölfe spazieren inzwischen am helllichten Tag hier durch die Orte. Das nimmt überhand. Selbst im Bundesjagdgesetz steht, dass nicht eine Art überhegt werden darf zum Nachteil anderer Arten. Genau das wird aber mit dem Wolf gemacht. Er ist das größte Raubtier, das wir hier haben.

Er müsste ganz geregelt bejagt werden dürfen wie andere Arten auch. In anderen Ländern wird das ja auch über eine Quote geregelt. Alles, was über einer bestimmten Anzahl an Tieren liegt, darf geschossen werden. So bleibt das Gleichgewicht gewahrt.

Sehen Sie Gefahren für Menschen, wenn Wölfe in die Orte kommen?

In gewisser Weise, ja. Wir wollen keine Panik verbreiten und Angst machen. Aber wir wollen die Menschen für das Thema und auch für den Umgang mit dem Wolf sensibilisieren. Wenn Sie einmal einem Wolf begegnet sind, haben Sie einen anderen Blickwinkel auf die Sache.

Da bekommt man wirklich Gänsehaut. Ich finde, die Leute sind immer noch zu unbedarft. Wir haben viele Hundebesitzer, die lassen ihre Vierbeiner ganz selbstverständlich im Wald frei laufen. Das kann richtig gefährlich werden. Wenn der Hund einem Wolf begegnet, zieht er den Kürzeren. Den Menschen würde ein gesunder Wolf wahrscheinlich nicht angreifen. Den Hund sieht er aber als Rivalen.

Ein weiterer Aspekt: Wegen des Wolfes rotten sich die Wildschweine jetzt zu größeren Gruppen zusammen, um sich zu schützen. Dadurch werden sie wehrhafter - und auch aggressiver Hunden gegenüber. Sie sehen den Vierbeiner dann als Bedrohung im Wald. Auch das birgt Gefahren für Hunde und auch die Halter. Gegen ein Wildschwein hat der Hund ebenfalls keine Chance. Hunde gehören im Wald an die Leine.

Was raten Sie, wenn man tatsächlich im Wald auf einen Wolf trifft - ob mit oder ohne Hund?

Krach machen, sich groß machen und sich langsam entfernen. Den Hund sollte man nahe bei sich halten. Wölfe sind sehr lernfähig. Wenn sie Unangenehmes mit dem Menschen verbinden, lassen sie ihn in Ruhe. Im Moment lernen sie hingegen, dass ihnen ja nichts passiert und sie überall etwas zu fressen finden. Deswegen würde es meiner Meinung nach auch helfen, die Tiere mit Gummigeschossen zu vergrämen. Aber auch das ist verboten.

Im Internet machen Berichte und Fotos die Runde, dass im Januar in Polen ein Mann von Wölfen gefressen worden sein soll. Halten Sie das für glaubwürdig?

Ich kenne die Berichte und Bilder. Und ja, ich halte das für realistisch. Was auf den Fotos zu sehen ist, das ist ganz typisch für den Wolf. Er frisst zuerst die Eingeweide wegen der Mineralstoffe. Hat er Zeit und wird nicht gestört, dann auch den Rest. Unklar ist allerdings in diesem Fall, ob der oder die Wölfe den Mann getötet haben. Möglicherweise war er schon vorher tot, er wurde ja einige Zeit vermisst. Der Leichnam wurde aber definitiv von Wölfen gefressen.