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Böhmische Schweiz: Edmundsklamm für weitere drei Jahre gesperrt

Die Schließung der durch die Bootsfahrten beliebten Klamm könnte sogar noch länger dauern. Die Natur brauche die Zeit, um sich nach den Waldbränden zu erholen.

Von Steffen Neumann
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Auf gesperrte Wege wie hier zu Beginn der Edmundsklamm in Hřensko werden Besucher in der Böhmischen Schweiz noch einige Jahre treffen.
Auf gesperrte Wege wie hier zu Beginn der Edmundsklamm in Hřensko werden Besucher in der Böhmischen Schweiz noch einige Jahre treffen. © Steffen Neumann

Die beliebte Edmundsklamm (Edmundova soutěska) in der Böhmischen Schweiz bleibt deutlich länger geschlossen als bisher bekannt. Der Nationalpark Böhmische Schweiz teilte mit, dass er bis 2027 keine Baumfällarbeiten in und oberhalb der Edmundsklamm durchführen wird. Das Gleiche gilt für den Gabrielensteig (Gabrielina stezka). Der Promenadenweg führt von Mezní Louka (Rainwiese) zum Prebischtor (Pravčická brána) und ist für viele nicht nur wegen seiner Schönheit eine Alternative zu dem überlaufenen direkten Weg von Hřensko (Herrnskretschen).

Damit bleiben die Wege aus Sicherheitsgründen gesperrt. Bisher hatte der Nationalpark eher vage verlauten lassen, dass es sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr mit großer Wahrscheinlichkeit zu keiner Öffnung kommt. Die Verschiebung der Öffnungsperspektive nun gleich um drei Jahre wurde auf der Grundlage von Studien getroffen, deren Auswertung und Veröffentlichung der Nationalpark seit Monaten angekündigt und immer wieder verschoben hatte.

Das Video (auf Tschechisch) zeigt, wie es derzeit am Gabrielensteig und oberhalb der Edmundsklamm aussieht:

Der Natur muss die nötige Zeit gegeben werden

Die Umgebung der beiden Wege soll nach Aussagen der Nationalparkverwaltung für drei Jahre sich selbst überlassen bleiben. „Es hat sich gezeigt, dass wir die Wege am schnellsten wieder öffnen können, wenn wir der Natur noch etwas Zeit geben, sich zu regenerieren“, begründet Nationalparkleiter Pavel Kříž. Dabei stützt er sich auf mehrere Studien, die der Nationalpark in den vergangenen Jahren in Auftrag gegeben hat.

Im Rahmen der Studien wurde auch eine Probefällung in einem begrenzten Abschnitt oberhalb der Edmundsklamm durchgeführt. Der Eingriff habe gezeigt, dass eine Fällung im großen Stil die Natur rund um die Wege zerstören würde und eine Sicherheit gleichzeitig nicht gegeben wäre. „Die Fällungen würden die dünne Bodenschicht stören“, so Direktor Kříž. Dabei könnten sich Steine und Felsbrocken lösen. Dazu kommt, dass die Fällungen selbst nicht ungefährlich sind und häufig in schwer zugänglichem Gebiet durchgeführt werden müssten. Dadurch entstünden hohe Kosten, die durch die danach immer noch fehlende Sicherheit nicht gerechtfertigt seien.

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Die verbrannten Stumpfen einfach stehen lassen, hat laut Kříž noch weitere Vorteile. Sie speichern Feuchte und sorgen für einen nachhaltigen Abfluss von Regenwasser in Bodenschichten. Umgekehrt wären die Flächen des an der Südseite verlaufenden Gabrielensteigs der Sonneneinstrahlung ohne Schutz ausgesetzt.

Gleichzeitig sind die Baumstümpfe Futter für Insekten, die wiederum als Nahrung Vögel in dem Gebiet halten. Einige Vogelarten sowie Fledermäuse nutzen die toten Bäume zugleich als Nistplatz. Außerdem haben die verbrannten Bäume noch Tausende Samen gestreut, die im letzten Jahr aufgegangen sind. Auch diese natürliche Aufforstung würde der Holzeinschlag zerstören. „Dabei stabilisieren diese jungen Bäume mit der Zeit den Hang viel besser als das jeglicher menschliche Eingriff könnte“, ergänzt Direktor Kříž und betont: „Wir haben einen Schutzauftrag für eine große Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten. Da muss jeder Eingriff gut begründet sein.“

Der Nationalpark will die weitere Entwicklung verfolgen und kündigte an, in drei Jahren zu untersuchen, ob die Wege gegebenenfalls verbunden mit einem begrenzten Einschlag wieder geöffnet werden können.

Die Böhmische Schweiz hofft in einigen Jahren wieder auf mehr als nur zwei Fahrgäste in den Klammbooten.
Die Böhmische Schweiz hofft in einigen Jahren wieder auf mehr als nur zwei Fahrgäste in den Klammbooten. © Tourismusverband Böhmische Schw

Unterstützung nach dem Brand fehlte

Sowohl die Edmundsklamm als auch der Gabrielensteig sind seit dem Waldbrand im Sommer 2022 geschlossen. Doch während in der benachbarten Sächsischen Schweiz längst wieder alle vom Brand betroffenen Wege frei sind, fühlten sich die Gemeinden und insbesondere auch die Tourismusunternehmen vom Nationalpark und der tschechischen Regierung im Stich gelassen. Erst im Januar hatten sie sich in ihrer Verzweiflung direkt an Premierminister Petr Fiala gewandt, der seine Unterstützung zusagte.

Die Sperrung nun gleich bis ins Jahr 2027 ist ein harter Schlag. In einer ersten Stellungnahme zeigte sich vor allem die Gemeinde Hřensko enttäuscht, der die Edmundsklamm gehört und welche die Kahnfahrten betreibt. „Das Problem ist ja, dass wir in weiten Teilen die Aufgaben des Staates übernehmen. Wir finanzieren eine Feuerwehr, die sich nicht nur an vorderster Linie um Brandschutz kümmert, sondern auch um die Bergwacht. Wir geben viel Geld für die Ortspolizei aus, die in vielerlei Hinsicht die abwesende staatliche Polizei ersetzt. Das kostet viel Geld und da fehlen uns die Einnahmen aus der Edmundsklamm schmerzlich“, sagte der stellvertretende Bürgermeister Robert Mareš in einer ersten Reaktion der Tageszeitung Mladá fronta Dnes.

Unternehmer und Gemeinden hatten zudem die Unsicherheit beklagt, keinen festen Zeitplan zu haben, wann Wege wieder öffnen. Der fehlt weiterhin, denn noch weiß niemand, ob es in drei Jahren mit der Öffnung klappt.

"Betreten auf eigene Gefahr" gibt es in Tschechien nicht

Dem tschechischen Umweltministerium dürfte das bewusst sein, bereitet es doch eigenen Aussagen zufolge eine Gesetzesänderung vor, damit Wanderer auf eigene Gefahr Wege nutzen können. Was in Sachsen gang und gäbe ist, wird in Tschechien durch das Bürgerliche Gesetzbuch verhindert, das die Haftung ausdrücklich bei dem Waldeigentümer sieht. Das beträfe dann auch Wälder, die nicht vom Waldbrand, aber vom Borkenkäfer geschädigt sind. Dessen Auswirkungen sind immer noch zu spüren. Denn in der Böhmischen Schweiz mit seinem dünnen Wegenetz sind wegen Borkenkäfer und Waldbrand weiterhin ein Fünftel der Wege entweder gesperrt oder nicht mehr markiert.

Als weiteres Trostpflaster bereitet der Nationalpark einen begrenzten Eingriff im oberen Teil der Edmundsklamm vor. Danach soll noch in diesem Jahr der Zugang zur oberen Anlegestelle freigegeben und das dortige Blockhaus wieder geöffnet werden. Darin befinden sich ein Informationszentrum und ein kleiner Imbiss. Die obere Anlegestelle ist wie die Wilde Klamm über den grün markierten Wanderweg von Mezná oder Růžová aus zu erreichen.