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Kretschmer zu Butscha: "Verantwortliche müssen vor Gericht"

Im Gespräch mit Ukraine-Helfern findet Sachsens Regierungschef deutliche Worte zum Massaker von Butscha. Und er sagt, wie die Betreuung für Geflüchtete verbessert werden soll.

Von Thilo Alexe
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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bei einem Gespräch mit Vertretern der Ukraine-Hilfe.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bei einem Gespräch mit Vertretern der Ukraine-Hilfe. © Screenshot: Sächsische.de

Dresden. Die Verantwortlichen für die Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha sollen sich nach Ansicht von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vor dem Kriegsverbrechertribunal verantworten müssen. Das sagte der Regierungschef bei einem Gespräch mit Vertretern der Ukraine-Hilfe am Montag in Dresden. "Diese Gräueltaten müssen aufgeklärt werden", fügte Kretschmer hinzu. Beispiele von Prozessen zum Krieg in Jugoslawien in den 1990er-Jahren zeigten, dass so ein Gericht stark genug sei, "um auch solche furchtbaren Taten zu ahnden".

Aus der Stadt wurden am Wochenende Bilder mit getöteten Zivilisten bekannt. Die Ukraine beschuldigt russische Truppen. Moskau weist das zurück, bis zum Abzug der Soldaten aus Butscha habe es keine solchen Taten gegeben.

Mit Blick auf die nach Sachsen Geflüchteten betonte Kretschmer, er wolle, dass die Menschen in "richtigen Wohnungen" und nicht in Erstaufnahmeeinrichtungen unterkommen. Das sei aber kompliziert. Mehrere Vertreterinnen und Vertreter aus der zivilgesellschaftlichen Ukraine-Hilfe bemängelten komplizierte Bürokratie etwa beim Thema Arbeit und Soziales. Zudem sei die Kommunikation zwischen Bundesland und Kommunen oft aufwändig. Kretschmer hob hervor, mit Beginn des Krieges habe die Staatsregierung einen Ukraine-Ausschuss eingerichtet. Dieser kümmere sich etwa um Fragen von Versicherung, Führerschein und Kinderbetreuung Geflüchteter. "Wir haben es mit einer Krise zu tun", sagte Kretschmer. Ein Idealzustand der Hilfe sei schwer möglich, sie solle aber "so gut wie möglich" geleistet werden.

Piwarz: Situation an Kindergärten "beherrschbar"

Sozialministerin Petra Köpping (SPD) stellte ein Förderprogramm für Helfende in Aussicht. Für Initiativen und Vereine soll es bis zu 1.500 Euro geben, damit etwa für Sprachunterricht Räume angemietet werden können. "Das wäre eine große Hilfe für die Fläche", sagte Köpping mit Blick auf ländliche Regionen. Zudem will sei ein bestehendes Förderprogramm für Ehrenamtliche öffnen, so dass auch Ukraine-Helfer eine Unterstützung von 40 Euro etwa für Fahrkosten erhalten können.

Landkreistag-Geschäftsführer André Jacob wies darauf hin, dass in den zehn sächsischen Kreisen bislang keine Geflüchteten in Turnhallen untergebracht seien. Nach den Worten mehrerer Teilnehmer der Runde gibt es in manchen Kreisen und Großstädten eine Hilfe von fünf Euro pro Tag für Privatpersonen, die Ukrainer beherbergen.

Die Situation an Kindergärten ist nach Einschätzung von Kultusminister Christian Piwarz (CDU) derzeit "beherrschbar". Das Ministerium habe Jugendämtern ein Schreiben geschickt, wonach Standards etwa bei der Gruppenstärke gelockert werden können, um geflüchtete Kinder zu betreuen. Bislang hätten sich 2.200 ukrainische Schülerinnen und Schüler über ein Onlineportal des Ministeriums für Unterricht in Sachsen angemeldet, 680 seien schon einer Schule zugewiesen worden. Sachsen habe 400 befristete Stellen für ukrainisch Muttersprachler geschaffen, die unterrichten sollen, 60 seien bislang besetzt. Ziel sei es, Geflüchtete in ihrer Sprache zu unterrichten - aber auch Deutsch zu lehren.

Geflüchtete wollen arbeiten

In den fünf Wochen seit Kriegsbeginn hätten in Sachsen phasenweise rund 7.000 Ukrainerinnen und Ukrainer Zuflucht gefunden, sagte die Präsidentin der Landesdirektion, Regina Kraushaar. Manche seien aber nach nur einem Tag in ein anderes Bundesland aufgebrochen.

Eine Vertreterin eines Hilfsvereins wies darauf hin, dass nach wie vor auch Geflüchtete etwa aus Afghanistan in Sachsen seien. Auch sie benötigten weiter Unterstützung. Kretschmer griff das auf. Er zeigte sich skeptisch angesichts der von einigen Länderchefs befürworteten Idee, dass Leistungen für Ukrainer künftig über das Sozialgesetzbuch des Bundes und nicht aus dem Asylbewerberleistungsgesetz finanziert werden.

Mehrere Helfende forderten einen Ansprechpartner seitens der Verwaltung pro Kreis beziehungsweise für jede der drei sächsischen Großstädte. Dafür zeigte sich Kretschmer offen. Innenminister Roland Wöller (CDU) wies darauf hin, dass mithilfe der sogenannten Fiktionsbescheinigung auch Arbeit aufgenommen werden kann. Vertreter der Ukraine-Hilfe betonten, dass Geflüchtete arbeiten wollten, das Ausstellen des Papiers aber dauere. Mit der Bescheinigung weisen Ausländer ihr vorläufiges Aufenthaltsrecht nach.

Gelöst ist derweil die Frage, ob ukrainische Jugendliche in sächsischen Sportvereinen trainieren können. Kretschmer sagte, die Geflüchteten seien versichert. Er betonte, dass alle diese Hilfen Geld kosten. "Am Ende werden wir in Sachsen auch reicher sein", ergänzte Kretschmer. Die Hilfe sei sinnvoll. (dpa)