Weißwasser
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Gurken, Bier und Rote Grütze - Alles hübsch hier

Weißwasser ist besonders und soll es bleiben. Entdeckungen und Gedanken zu einer Stadt zwischen den Welten – eine Kolumne von Patrick Pirl.

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Kann Bier der Spree zu neuer Klarheit helfen?
Kann Bier der Spree zu neuer Klarheit helfen? © dpa/André Schulze/SZ-Collage

Weißwasser. Zur aktuellen Lage: Ich bin sehr nah am Wasser gebaut; finde es daher alles andere als schön, dass die geliebte Schwimmhalle in Weißwasser nach wie vor nicht öffnen darf. Gewiss, man muss zurzeit bei vielem auch mal um die Ecke denken.
Zum Beispiel macht der Winter ja gerade eine wundervolle Ehrenrunde – bei Kaiserwetter und Glitzerschnee – und natürlich könnte ich mich auch in einen der Seen stürzen und eisbaden. Wenn der kleine Schweinehund nicht wäre. Die Tschechen sind ja offenbar ein bisschen „cooler“ als wir und härten sich reihenweise im Eiswasser ab. Schön, wenn man aus der Weltkrise etwas Gutes macht, schließlich ist Gesundbleiben gerade äußerst angesagt.

Vom reinen Wasser in Schnee- und Eisform zu salzigem Wasser: Üblicherweise werden die Straßen derzeit ja mit reichlich Streusalz berieselt, welches aus Kochsalz, also Natriumchlorid, besteht und die bekannten Nebenwirkungen für Brücken, Grundwasser, (Haus-)Tiere und Pflanzen mit sich bringt. Besonders empfindlich sind die oftmals an Straßen gepflanzten Linden. Bei Haustieren schädigt Auftausalz in den Pfoten die empfindliche Haut der Zehenzwischenräume.

Die bayrische Stadt Dingolfing testet nun seit einem Jahr stattdessen Gurkenwasser. Da dort ein großer Gurkenhersteller seinen Sitz hat, gibt es jede Menge davon. Statt es zu klären, wird der Salzgehalt des Gurkenwassers von sieben auf 21 Prozent erhöht und als Sole in die Streufahrzeuge gefüllt. Und: Es wirkt! Brandenburg will bereits nachziehen – dort soll es ja auch größere Gurkenhersteller geben. Ob nun die Not erfinderisch gemacht hat oder ein anderer Antrieb, so sind es doch diese Nachrichten, die zeigen, dass die „Saure-Gurken-Zeit“ auch zum Denken genutzt werden kann und wird.

Mit Bierhefe gegen die braune Spree?

Zurück zum aromatisierten Wasser und zu einer anderen tollen Erfindung. Da die Gemarkung Weißwasser ja, wie die aufgeklärten BewohnerInnen und LeserInnen wissen, an der Spree liegt, sollte es auch uns erfreuen, dass schon seit einiger Zeit ein Auge auf Brauereiprodukte geworfen wird, um die Verockerung des Flusses effektiver einzudämmen.

Nass-Treber und Bierhefe – Reststoffe der Braustätten – haben beste Eigenschaften, um Eisen und sogar Schwefelteilchen zu binden und so das hässliche Braun wegzubekommen. Das Dresdner Leibniz-Institut für Polymerforschung (IPF) kam auf diese „bierselige“ Idee. Auch das wirkt und ist ebenfalls ein neuer Ansatz zur Nachnutzung bisher entsorgter Reststoffe.

Nun ist uns in Weißwasser ja weder ein großer Gurkenbetrieb noch eine Brauerei gegeben, um in diesen Geschäften mitzuspielen. Es kann doch aber sein, dass die Holzverarbeitung, die Glasherstellung, die Wurstproduktion oder andere Gewerke ganz überraschende Nebenprodukte abwerfen, die unsere (Um-)Welt verbessern könnten?
Zu guter Letzt führt gar der Genuss von Leinöl oder Omas Roter Grütze zur Immunisierung gegen irgendetwas - wir ahnen es nur noch nicht, was es sein könnte! Wir sollten einfach zuversichtlich und neugierig bleiben und – gerade jetzt! – den uns gegebenen Landstrich und die „Saure-Gurken-Zeit“ nutzen, um Bestehendes auch mal ganz neu und anders zu denken. Einfach gesagt: Vorwärts, ihr Erfinder!

Unser Autor Gregor Schneider ist gebürtiger Weißwasseraner und Rückkehrer. Der Stadtplaner begleitet aktiv die Transformation der Heimatregion. Hier äußert er seine privaten Gedanken zum Stadtgeschehen.

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