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Neuer Tunnel in Polen: Jetzt geht es schneller auf die Insel Usedom

Polen hat in wenigen Jahren einen Tunnel zur Insel Usedom gebaut. An diesem Freitag geht das Bauwerk in Swinemünde in Betrieb. Eine Alternative für viele Reisende an die Ostsee - auch aus Sachsen.

Von Mirko Jakubowsky
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Blick in den neuen Tunnel unter der Swine: Nach nur zwei Jahren Bauzeit wird die Verbindung jetzt für den Verkehr freigegeben.
Blick in den neuen Tunnel unter der Swine: Nach nur zwei Jahren Bauzeit wird die Verbindung jetzt für den Verkehr freigegeben. © dpa/Stefan Sauer

Heringsdorf/Swinemünde. Besucher der Ostsee-Insel Usedom haben in diesem Sommer eine Alternative. Nach rund zwei Jahren Bauzeit nahm der Swine-Tunnel in Swinemünde (Świnoujście) am Freitag den Betrieb auf.

Die Zeit der langjährigen Träume gehe zu Ende, es beginne eine neue Realität, sagte Infrastrukturminister Andrzej Adamczyk am Freitag bei der Eröffnungszeremonie in der Tunnelröhre. Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski sagte, das Bauwerk erhöhe nicht nur den Komfort in der Stadt selbst, sondern verbessere die Verbindungen in der gesamten Region Westpommern.

Am Nachmittag wurde der Tunnel für die Öffentlichkeit freigegeben. Fußgänger und Radfahrer passierten das Bauwerk. Für sie ist der Tunnel im eigentlichen Betrieb gesperrt. Ab Freitagabend soll nur noch der Autoverkehr durch das Bauwerk rollen dürfen.

Laufsportler sind am Freitag noch vor den Autos im neuen Tunnel unterwegs.
Laufsportler sind am Freitag noch vor den Autos im neuen Tunnel unterwegs. © dpa/Stefan Sauer

Der Tunnel verläuft unter der Swine, einem Ostsee-Meeresarm, der nicht nur Swinemünde, sondern auch Usedom von der polnischen Insel Wollin trennt. Neben den bestehenden Brücken in Wolgast und Zecherin auf deutscher Seite ist es die dritte feste Zufahrt auf die Insel.

Nach Angaben der Stadt verkürzt sich die Fahrt im Vergleich zu bestehenden Fährverbindungen über die Swine von früher vierzig auf nun zwei bis fünf Minuten. Fahrräder und Fußgänger sollen den Tunnel im eigentlichen Betrieb nicht passieren dürfen.

Tempolimit wird rund um die Uhr überwacht

Schneller als die zwischen 10 und 20 Uhr erlaubten 50 Kilometer pro Stunde (20 bis 10 Uhr 60 km/h) sollten Autofahrer trotz aller Freude über die Verbindung aber nicht fahren, denn das Tempo im Tunnel wird überwacht. Die Behörden setzen dabei auf Kameras, die einfahrende Fahrzeuge filmen. Beim Durchqueren wird dann die jeweilige Geschwindigkeit errechnet.

Der mehr als 200 Millionen Euro teure Tunnel ist rund 1,8 Kilometer lang. Ein Großteil des Geldes stammt von der EU. 2019 waren die ersten Vorarbeiten gestartet, vor einigen Wochen wurde das Bauwerk bis auf einige Beschilderungen und Sicherheitsanlagen fertig. Die Durchfahrt bis zu 16,5 Meter unterhalb des Swine-Grundes ist kostenlos.

Bislang war der touristische Westteil Swinemündes von der polnischen Seite aus nur über zwei Autofähren erreichbar, von denen Auswärtigen zu bestimmten Zeiten auch nur die südliche bei Karsibor zur Verfügung stand, während die zentrale Fähre den Einheimischen vorbehalten war. Vor allem zu Ferienzeiten führte das regelmäßig zu längeren Wartezeiten.

Swinemünde-Touristen mussten bislang mit solchen Autofähren nach Usedom übersetzen.
Swinemünde-Touristen mussten bislang mit solchen Autofähren nach Usedom übersetzen. © Archivbild: Mirko Jakubowsky

Von der deutschen Seite der Insel Usedom konnten die Grenzübergänge nahe Ahlbeck oder Garz genutzt werden. Die polnische Stadt ist auch bei Tagestouristen aus den nahen deutschen Kaiserbädern beliebt, nicht zuletzt wegen günstigerer Sprit- oder Zigarettenpreise in Polen. Es gibt grenzüberschreitende Busverbindungen, auch die Usedomer Bäderbahn fährt bis nach Swinemünde.

Usedom-Route nun über Polen möglich

Mit dem neuen Tunnel können etwa Autofahrer aus Berlin statt der 240 Kilometer langen Route westlich vom Stettiner Haff auf deutscher Seite nun die Route auf der Autobahn 11 über Stettin (Szczecin) und Swinemünde in die Kaiserbäder um Heringsdorf wählen. Die Route östlich vom Stettiner Haff ist zwar 20 Kilometer länger, führt aber länger über Autobahnen.

Urlauber aus anderen ostdeutschen Bundesländern wie Sachsen kommen traditionell oft an die Ostsee, viele nutzen jetzt schon die A11 von Berlin nach Norden und auf Deutschlands zweitgrößte Insel.

Allerdings muss nach der Tunnelinbetriebnahme auch mit mehr Individualverkehr gerechnet werden. Urlauber von der Insel Usedom werden weiter ins Land an die polnische Ostseeküste fahren und umgekehrt. Das Seebad Misdroy (Międzyzdroje) etwa liegt nur wenige Kilometer östlich von Swinemünde, war bislang aber wegen der Fährverbindungen nur mühsam zu erreichen.

Auch der Leuchtturm von Swinemünde - mit einer Höhe von rund 68 Metern der höchste an der Ostsee - dürfte nun mehr Besucher auf die östliche Seite der Stadt locken.

Kaum Probleme befürchten die Verantwortlichen allerdings beim Güterverkehr, da es weiter Tonnagegrenzen für Lastwagen geben soll.

Swinemünde hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt von Deutschland abgetrennt und Polen zugeschlagen. Der Grenzzaun an der Grenze zur DDR und später Gesamtdeutschland verschwand lange nicht - er wurde erst 2007 entfernt, als Polen dem Schengen-Abkommen beitrat. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch der Grenzübergang nach Ahlbeck für Autos geöffnet, zuvor war er Fußgängern und Radfahrern vorbehalten.

Mit Ausnahme der Corona-Zeit verzeichnete der Tourismus in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung, was auch an zahlreichen neuen Hotelbauten vor allem im Kurviertel Swinemündes sichtbar ist.

Die polnische Stadt ist auch Abfahrtspunkt von großen Fährschiffen nach Schweden, Trelleborg und Ystad werden regelmäßig angesteuert. Um zum Fährterminal zu gelangen, ist eine Fahrt durch den neuen Swinetunnel aber nicht nötig, da es auf der östlichen Seite der Stadt liegt. (mit dpa)