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Von einem Grumbacher, der auszog, um Buße zu tun

Schlossermeister Steffen Nartschik spielt die Hauptrolle in einem ungewöhnlichen Film. Seine Weltpremiere feiert dieser in Wilsdruff.

Von Maik Brückner
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Der Grumbacher Schlossermeister Steffen Nartschik ist Hauptakteur in einem 90-minütigen Film. Dieser wird Ende Oktober in Wilsdruff gezeigt.
Der Grumbacher Schlossermeister Steffen Nartschik ist Hauptakteur in einem 90-minütigen Film. Dieser wird Ende Oktober in Wilsdruff gezeigt. © Katrin Filenius

Um den Grumbacher Schlossermeister Steffen Nartschik ranken sich noch heute viele Geschichten. Es galt als gesellig und spendabel, war ein Kumpeltyp. Geschäftlich ging es bei ihm hoch und runter. Mehrmals sorgte er für Schlagzeilen. Zuletzt 2017. Es ging um das Grundstück, auf dem sein Wohn- und Geschäftshaus stand. Ein Gerichtsvollzieher wollte, dass er es räumt. Er war eine skurrile Person und ein umstrittener Geschäftsmann.

Auch Matthias Paix, der Gastwirt des Amtshofes in Wilsdruff, hat Nartschik kennengelernt. "Er war einer meiner Stammkunden." Nartschik habe gute und schlechte Seiten gehabt. Es selbst sei mit ihm gut ausgekommen. Paix ist vielleicht der letzte Wilsdruffer, der den Unternehmer lebend gesehen hat. "Ich habe ihn 2019 zwei Wochen vor seinem Tod besucht", erinnert er sich.

Steffen Nartschik wohnte zu diesem Zeitpunkt in einem Heim für betreutes Wohnen in Hermsdorf/Erzgebirge. Die Berliner Filmemacherin Katrin Filenius hat Nartschik 2006 getroffen, um einen Kurzfilm zu drehen, der zu seinem Gastauftritt in der MDR-Sendung "Unter uns" laufen sollte.

Ungewöhnlich hohe Zuschauerquote

In diesem Film feuerte Nartschik eine mittelalterliche Kanone zum 70. Geburtstag einer Bekannten ab. "Das fanden wir so originell, dass wir die Verbindung zu ihm hielten", berichtet Katrin Filenius, die mit ihrem Mann Götz die Firma Seagull Film betreibt, die einige Jahre Regie bei der MDR-Sendung "Unter uns" führte. 2008 habe Nartschik das erste Mal davon gesprochen, nach Rom laufen zu wollen. Die Idee stieß in der Redaktion "Gott und die Welt" auf Interesse, erinnert sich die Filmemacherin. Seagull Film bewarb sich um den Auftrag und erhielt den Zuschlag, den Film zu drehen.

Es entstand ein halbstündiger Film unter dem Titel "Letzter Ausweg - Rom!". Dieser feierte am 31. Juli 2011 in der ARD seine Premiere. Mehr als eine Million Zuschauer schalteten ein, eine ungewöhnliche Quote für diese Reihe.

Die Filmemacherin begleiteten Steffen Nartschik aber nicht nur auf seiner Wanderung nach Rom mit der Kamera, sondern auch während einiger seiner Reisen, so bei einer Mittelmeerkreuzfahrt, einer Ballonexpedition in Kenia, einer Ballonfiesta entlang der Annapurna Kette des Himalaya. Für sie war Steffen Nartschik ein ungewöhnlicher Mensch - einer von drei, den die Filmemacher in dieser Zeit trafen.

Aus dem Filmmaterial hat Katrin Filenius mit ihrer Firma nun den abendfüllenden Film unter dem Titel "Nartschik - Ein Schlossermärchen" produziert. Eigentlich sollte dieser bereits im Juni zur 800-Jahr-Feier von Grumbach gezeigt werden. Aber dort passte er nicht ins Konzept. Jetzt ist er in Wilsdruff zu sehen - eine Weltpremiere. Möglich machen das der Heimat- und Kulturpflegeverein Grumbach und der Artur-Kühne-Verein zu Wilsdruff. Katrin Filenius verrät vorab, was die Besucher von dem nicht ganz gewöhnlichen Film zu erwarten hat.

Wieder leichtfüßig und schlank werden

Im Mittelpunkt steht Nartschik, der in die Jahre gekommene Schlossermeister. Er wollte wieder so sein wie mit vierzig, leichtfüßig und schlank. So ein Kerl, den die Frauen gern anschauten, so Filenius. Doch in der vertrauten Umgebung gelang es ihm nicht, alte Muster abzustreifen. Über Nacht kam ihm die Idee, einen Fußmarsch nach Rom anzutreten und um Buße für die Schlechtigkeiten seiner Vergangenheit zu tun, ohne Geld und Handy.

An einem Septembermorgen machte sich mit dem alten Kochgeschirr des Vaters im Rucksack und dem Nötigsten für die ersten Tage auf den Weg. Die "schönste Schlosserei der Welt" überließ er für ein Jahr seinen Angestellten. Doch bereits nach wenigen Kilometern war der untrainierte Schlossermeister am Rande seiner Kräfte und ziemlich verzweifelt.

Über Nacht kam Steffen Nartschik die Idee, einen Fußmarsch nach Rom anzutreten, um Buße für die Schlechtigkeiten seiner Vergangenheit zu tun.
Über Nacht kam Steffen Nartschik die Idee, einen Fußmarsch nach Rom anzutreten, um Buße für die Schlechtigkeiten seiner Vergangenheit zu tun. © Katrin Filenius

Der 90-minütige Film erzählt, warum sich Nartschik den Strapazen auch weiterhin aussetzte. Dabei greifen die Filmemacher auf dokumentarisches Material zurück, das in eine Märchenstruktur frei nach dem Schweizer Volksmärchen "Junker Prahlhans" eingebettet wurde. Die Kamera und die Filmemacher bleiben stets im Hintergrund.

Rückblenden bringen Kindheit und Jugend nahe

Rückblenden nehmen die Zuschauer in Kindheit und Jugend des Schlossermeisters mit, Träume lassen sein vergangenes, mit Abenteuern gefülltes Leben erahnen. So entwickelt sich im Laufe des Films ein oft gar nicht märchenhaftes Porträt eines vielschichtigen Mannes, der im letzten Drittel seines Lebens den Mut und die Kraft findet, das bisherige Dasein zu hinterfragen. Dabei helfen ihm unter anderem drei Feen, ein Männlein im roten Wams und nicht zuletzt sein Glaube an eine höhere Kraft.

Nartschik – Ein Schlossermärchen - ein Film von Katrin Filenius, Erzählerin Mechthild Großmann, Musik Bernd Wefelmeyer, Freitag, 27. Oktober 2023 um 19 Uhr im Kleinbahnhof Wilsdruff, Einlass ab 18.30 Uhr, Eintritt frei – Spende erbeten