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„Winzerinnen machen Wein mit mehr Herz“

Ines Fehrmann ist eine Ausnahme: Jung und Chefin eines Weinguts, das auf der „falschen“ Elbseite liegt. Teil 3 unserer Serie "Sachsens Winzer".

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Winzerin Ines Fehrmann, 39, bewirtschaftet auf dem ehemals königlichen Weinberg in Cossebaude dreieinhalb Hektar Steillage. Technik erleichtert die schwere Arbeit.
Winzerin Ines Fehrmann, 39, bewirtschaftet auf dem ehemals königlichen Weinberg in Cossebaude dreieinhalb Hektar Steillage. Technik erleichtert die schwere Arbeit. © Thomas Kretschel

Schon seit 1610 wird in Cossebaude Wein hergestellt, hier gibt es sogar einen königlichen Weinberg – ihn kennt bloß kaum jemand. Die Weinfreunde bevölkern die Weingüter zwischen Radebeul und Seußlitz auf der rechten Elbseite, kaum jemand weiß um die Steillage am Südhang im idyllischen, tief eingeschnittenen linkselbischen Tal. Ines Fehrmann, 39, empfängt vor dem schön sanierten Gut am Fuß ihrer Weinberge, die sich einhundert Höhenmeter steil nach oben ziehen.

Frau Fehrmann, Sie bewirtschaften in Cossebaude 3,5 Hektar Steillage. Da können Sie aufs Fitnessstudio verzichten?

(lacht) Klar. Morgens einmal die Treppe nach oben, das reicht.

Sie werden die Treppe am Tag öfter gehen, müssen auch schwer tragen. Wie hält man das aus?

Das ist Gewohnheitssache. Aber ich mache ja nicht alles allein. Ich teile mir die Arbeit mit meinem Mitarbeiter, einem bei Wackerbarth gut ausgebildeten Winzer. Außerdem haben wir Technik: eine große und eine kleine Raupe. Mit denen können wir ziemlich steile Lagen bewältigen.

Ist die körperliche Anstrengung ein Grund, warum es nur wenige Winzerinnen in Sachsen gibt?

Mir fallen auf Anhieb immerhin fünf Winzerinnen von insgesamt 35 im Haupterwerb ein. Das ist gar nicht schlecht, das ist mehr als in anderen Weinanbaugebieten wie Rheinhessen oder an der Mosel. Klar liegt es auch an der Schwere der Arbeit, dass es noch nicht mehr sind. Vor allem aber daran, dass sich Beruf und Familie schwer vereinbaren lassen. Oft müssen wir schon früh raus in den Weinberg, und am Wochenende ruht die Arbeit keineswegs.

Sie engagieren sich in Verbänden für Winzerinnen.

Ja, ich bin im Bund der deutschen Önologen für die Regionalgruppe Sachsen und Saale-Unstrut verantwortlich. Zudem bin ich im Vinissima Frauen&Wein e. V. aktiv, ein Verband der Winzerinnen in Deutschland, der sich um Weiterbildungen kümmert, wo Weine verkostet werden und sich die Frauen austauschen und vernetzen können. Da kann man immer jemanden anrufen, wenn man Hilfe braucht.

Was machen Winzerinnen anders?

Sie machen Wein nicht so technisch organisiert, sondern mit mehr Herz, mehr Emotion.

Schmeckt man das?

Vielleicht. Bei Verkostungen merkt man schon, dass Frauenweine oft etwas weicher und runder daherkommen.

Ihr Wein in Cossebaude gedeiht auf der linkselbischen Seite, die als die schattige gilt und wo es nur wenige Rebflächen gibt. Ein Nachteil?

Schattig ist falsch. Wir haben hier tatsächlich die gleiche Südausrichtung wie der Schlossweinberg in Pillnitz oder der Goldene Wagen in Radebeul, die absoluten Premiumlagen. Glaubt man gar nicht, wenn man die Elbe entlang fährt. Aber wenn man mit dem Flugzeug darüber fliegt, ist das gut zu erkennen. Wir haben von morgens bis abends Sonne und Terrassen, die die Sonne speichern.

Also keine Nachteile auf der linken Elbseite?

Wir haben sogar den Vorteil, weniger sandige Böden zu haben wie zum Beispiel in Sörnewitz. Bei uns hält sich das Wasser besser im Boden, das ist wichtig in diesen trockenen Jahren. Der einzige Nachteil ist, dass wir wenigen Winzer auf der linken Elbseite – wie Lars Wellhöfer und ich – so versteckt liegen und wenig bekannt sind.

Wie sind Sie denn zum Weinbau gekommen?

Ich wollte nach dem Abi eigentlich Biologie studieren, habe aber rechtzeitig gemerkt, dass das Studium ziemlich theoretisch ist. Ich habe dann ein Freiwilliges Ökologisches Jahr in einem Öko-Weingut an der Mosel absolviert. Danach war klar: Ich studiere Weinbau in Geisenheim,

Aber Ihr Vater hatte doch schon das Gut hier in Cossebaude. Hat Sie das nicht schon vorher geprägt?

Nein, nicht so sehr, die Leidenschaft für den Weinbau kam erst später.

Wie kam denn Ihr Vater zum Gut?

In der DDR gehörte es zu Wackerbarth, mein Vater hat hier gearbeitet. Nach der Wende stand es zum Verkauf, er übernahm es. Ich habe die letzten Jahre bei ihm reingeschnuppert und viel gelernt. Meine Eltern sind inzwischen ausgezogen, und mein Vater genießt den Ruhestand. Seit Januar führe ich die Geschäfte. Ich bin meinem Vater sehr dankbar, auch dafür, dass er mir das Gut schuldenfrei übergeben hat.

Was wollen Sie denn anders machen als Ihr Vater?

Ich bin mit ihm auf einer Wellenlänge und sehe keinen Grund, kurzfristig etwas anders zu machen. Wir werden weiter einen Großteil unserer Trauben an andere Winzer verkaufen, früher an Prinz zur Lippe, jetzt an Matthias Schuh, die Hoflössnitz und Martin Schwarz. Außerdem machen wir weiter eigene Weine, die wir ab Hof verkaufen. Weißburgunder und Traminer vor allem, aber fast die Hälfte auch Rotweine wie Spätburgunder und den pilzresistenten Pinotin, den es auch als Rosè gibt. Bei Matthias Schuh werden sie gekeltert.

Mit welchem Qualitätsanspruch gehen Sie ran?

Wir wollen uns schon im mittleren bis gehobenen Segment aufstellen. Wir schneiden viele Trauben weg, um eine hohe Qualität zu erzielen. Unsere eigenen Weine kosten deshalb zwischen 13 und 19 Euro. Für 19 Euro gibt es Weiß- und Spätburgunder, im Barrique gereift.

Wollen Sie nicht künftig mehr Wein unter eigenem Namen verkaufen?

Kurzfristig nicht. Ich habe schon genug damit zu tun, meinen Wein zu vermarkten. Meinen Schwerpunkt sehe ich klar im Weinberg, gute Trauben für meine Partner zu produzieren. Eigenen Wein stelle ich vor allem für die nähere Umgebung und die Nachbarschaft her, da, wo ich bekannt bin. Aber vielleicht ändert sich das mittelfristig, ich überlege noch.

Kann sich Cossebaude zum Weinort entwickeln?

Cossebaude hat die Traube im Wappen, es gibt hier eine Weinbaugemeinschaft, die an die Genossenschaft abliefert. Aber der Wein wird hier nicht so gelebt wie etwa in Radebeul, wo immer was los ist. Dafür ist es schön ruhig.

Wann kann man denn mal Ihr verstecktes Weingut besuchen?

Am 11. August ab 17.30 Uhr findet auf meinem Hof ein Workshop zum Erlernen der Bindetechnik für Erntekronen und -kränze statt. Da können Besucher auch meinen Wein probieren. Und dann natürlich am Tag des offenen Weingutes am letzten August-Wochenende. Aber nach Anmeldung können hier auch Feiern stattfinden, Weinbergsführungen und Weinverkostungen.

Schreiben Sie denn schon schwarze Zahlen?

Ich hoffe, ab dem nächsten Jahr. Ich muss jetzt erst einmal investieren. Aber ich bin froh: Der Wein dieses Jahr steht gut, der Jahrgang kann was werden.

Das Gespräch führte Olaf Kittel.