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Auto abgeschleppt: Ab wann das rechtens ist und was es kosten darf

Falschparker, die ihr Fahrzeug plötzlich vermissen, haben nicht nur Stress beim Suchen. Sie sollen oft auch hohe Summen zahlen, wie ein Fall aus Dresden zeigt.

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So ein Verbotsschild wird auch mal übersehen. Was teuer werden kann: Der ADAC warnt vor hohen dreistelligen Abschleppkosten.
So ein Verbotsschild wird auch mal übersehen. Was teuer werden kann: Der ADAC warnt vor hohen dreistelligen Abschleppkosten. © Jan Woitas/dpa

Wenn er bei seiner Freundin in der Dresdner Neustadt übernachtet, parkt René Schneider (Name von der Redaktion geändert) sein Wohnmobil oft in der Nähe des Bahnhofs ab. „Ich ziehe dann immer ein Ticket, das bis zum nächsten Morgen sechs Uhr gilt“, sagt der 38-Jährige. „Das ist die Zeit, zu der ich auf Arbeit starte.“ Am 15. November passierte ihm allerdings ein Malheur. „An dem Tag hatte ich verschlafen und war erst kurz nach sieben vor Ort. Und die Karre war weg.“

Wo kann ich das Auto suchen?

Schneiders spontaner Verdacht, das Ordnungsamt habe den Mercedes abgeschleppt, bestätigte sich nicht. Erst die Frage der Mitarbeiterin nach dem exakten Abstellort des Fahrzeugs brachte Klarheit. „Der Parkplatz wird von einer privaten Firma namens Parker Louis betrieben. Und die melden das Umsetzen nur der Polizei.“ Tatsächlich lässt sich die Frage, ob ein Fahrzeug gestohlen oder nur abgeschleppt wurde, am besten durch einen Anruf bei der nächsten Polizeidienststelle klären, bestätigt der ADAC. Dies gilt gleichermaßen, wenn das Auto im öffentlichen Raum gestanden hat. Wichtig ist dabei, nicht die Notrufnummer 110 zu benutzen. Die Durchwahl des nächsten Reviers lässt sich übers Internet schnell herausfinden, zum Beispiel unter dem Suchbegriff „Polizeirevier in der Nähe“. „Hier erfährt man auch, wie weiter verfahren wird“, sagt ADAC-Sprecher Alexander Schnaars.

Laut ADAC-Sprecher Alexander Schnaars können Rechtsmittel gegen das Abschleppen auch im Nachgang noch eingelegt werden.
Laut ADAC-Sprecher Alexander Schnaars können Rechtsmittel gegen das Abschleppen auch im Nachgang noch eingelegt werden. © ADAC

Wo kann ich das Auto suchen?

Wurde der Wagen umgesetzt oder abgeschleppt, kennt man nach dem Telefonat nun bestenfalls den neuen Standort. Ein umgesetztes Auto kann in der Regel sofort wieder genutzt werden. Wurde das Auto zu einer zentralen amtlichen Verwahrstelle geschleppt, muss es dort gegen die Zahlung der Gebühren ausgelöst werden. Neben Abschleppkosten kommen dort auch noch Verwahrkosten hinzu. Das Auslösen ist oft rund um die Uhr möglich.

Welche Unterlagen benötige ich?

In der Regel Personalausweis sowie Fahrzeugschein oder Fahrzeugbrief, gegebenenfalls eine Vollmacht. Dazu Bargeld oder die EC-Karte. Das Vorgehen kann sich regional leicht unterscheiden. Weitere Infos bieten regionale Onlineportale von Polizei oder Städten – einfach „Kfz-Verwahrstelle“ googeln. Rechtsmittel gegen das Abschleppen können grundsätzlich im Nachgang noch eingelegt werden. Es empfiehlt sich laut ADAC, unter Vorbehalt zu zahlen.

Erst prüfen, dann zahlen

Der ADAC rät, ein Abschleppen von privatem Grund nicht zu bezahlen, bevor nicht folgende Punkte geklärt sind:

  • Sich einen Nachweis zeigen lassen, ob die Überwachungsfirma tatsächlich einen Auftrag dazu hatte.
  • Forderung sollte nicht die eigentlichen Abschleppkosten übersteigen.
  • Gab es auf dem Grundstück Schilder, die das Abschleppen von Falschparkern androhen und den Bereich klar als Privatgrund kennzeichnen?
  • Eine detaillierte Rechnung verlangen und eine Zahlung unter Vorbehalt quittieren lassen. (dpa)

Was kostet das Abschleppen?

Die Kosten fürs Abschleppen oder Umsetzen werden in der Regel dem Halter auferlegt. Dazu ergeht ein Gebührenbescheid. Die Summen variieren regional – auch Wochentag und Tageszeit spielen dabei eine Rolle. In der Regel seien es dreistellige Beträge für die Vorgänge, sagt Alexander Schnaars. Auch Zusatzkosten wie Standgebühren auf den Verwahrstellen sind einzukalkulieren. Dazu kommen noch mögliche Bußgelder fürs Falschparken.

Wann ist Abschleppen erlaubt?

Die Voraussetzungen für polizeiliches Abschleppen können sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Die Maßnahme muss verhältnismäßig sein, so Schnaars. Daher darf etwa von Schwerbehindertenparkplätzen und Feuerwehrzufahrten sofort abgeschleppt werden, während man bei mobilen Halteverboten für Umzüge zunächst versuchen werde, den Falschparker ausfindig zu machen. Grundsätzlich muss die Polizei laut ADAC zwar verhältnismäßig agieren und das mildeste Mittel wählen, also etwa das Kfz auf einen freien Parkplatz in der Nähe umsetzen. In Großstädten sei das meistens jedoch nicht zumutbar, weswegen das Fahrzeug dann ohne weitere Prüfung auf Verwahrplätze gebracht werden dürfe.

Was gilt bei Supermarktparkplätzen?

Wurde das Auto von einem Privatgrundstück wie etwa einem Supermarktparkplatz abgeschleppt, ist in der Regel auf Hinweisschildern vor Ort zu erkennen, wen man telefonisch erreichen kann. Mittlerweile haben die Betreiber meist Überwachungsfirmen beauftragt. Fehlen Hinweise, zum Beispiel auf einer Parkfläche vor einer Wohnanlage, können womöglich Mieter oder Hausmeister Auskunft geben, wohin man sich wenden kann. Als letzte Option blieben noch das Ordnungsamt oder die Polizei als Tippgeber, so Schnaars.

Was kostet das Auslösen?

Besitzer bekommen ihren Wagen meist erst dann wieder oder erfahren sogar erst dann von dessen Standort, wenn die Kosten vorher beglichen worden sind. Das ist sogar legal, erklärt der ADAC mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der BGH hat dies bereits in mehreren Urteilen bestätigt, jüngst im November mit einer Entscheidung zu Verwahrkosten. In dem konkreten Fall aus Sachsen ging es um knapp 5.000 Euro. Die wollte die Abschleppfirma vom Halter, weil das Fahrzeug während eines Rechtsstreits zunächst auf dem Gelände stehenblieb – und sich die Summe so Tag für Tag erhöhte. Der BGH hat entschieden, dass der Erstattungsanspruch zeitlich begrenzt ist, und zwar bis zu dem Moment, wenn der Halter die Herausgabe seines Wagens verlangt. Die veranschlagten Kosten müssen dann ortsüblich sein.

Was bedeutet das in der Praxis?

Die Abschlepperei kann Autobesitzer niedrige bis hohen dreistellige Kosten bescheren. Umso größer das Fahrzeug, desto teurer wird es. Im Fall des umgebauten Sprinters von René Schneider summierten sich die Kosten letztlich auf 755 Euro. Allein 525 Euro seien aufs Bergen und Abschleppen entfallen, sagt der Autobesitzer. Wegen der Fahrzeuggröße seien solche Kosten durchaus üblich. Das hat ihm auf Nachfrage die Rechtsabteilung des ADAC mitgeteilt.

Zahlungsbeleg fürs Abschleppen des Mercedes-Kleinbusses von René Schneider: 525 Euro fürs Bergen und Abschleppen.
Zahlungsbeleg fürs Abschleppen des Mercedes-Kleinbusses von René Schneider: 525 Euro fürs Bergen und Abschleppen. © privat/Montage: SZ/Bildstelle

Zusätzlich wurden noch 70 Euro für „Protokollierung und Sicherstellung“, 100 Euro für „Überstunden/Mehrarbeit“ und 60 Euro für den Einsatz eines sogenannten Radroller-Paars veranschlagt. Mit der Hebemechanik dieser Spezialroller können Autos trotz blockierter Räder transportiert werden, ohne sie zu beschädigen. Schneider hat die geforderten 755 Euro bezahlt und auf juristische Gegenwehr verzichtet. „Ich wollte ja mein Auto zurück.“ Eine Weile werde es aber noch dauern, bis der „Ärger über die eigene Dummheit“ abgeebbt sei. (dpa/rnw)

Mehr zur BGH-Entscheidung in Bezug auf Verwahrkosten finden Sie hier (Aktenzeichen: V ZR 192/22).