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Steigende Energiepreise: Dresden hilft nicht nur Geringverdienern mit Geld

Nicht nur Arbeitslose bekommen Geld, um ihre Heiz- und Stromrechnung zu bezahlen. Welche Hilfen es in Dresden für Menschen gibt, die aufgrund zu hoher Abschläge in Not geraten.

Von Julia Vollmer & Sandro Pohl-Rahrisch
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Strom und Gas in Dresden werden teurer. Wer in finanzielle Not gerät, dem will die Stadt helfen.
Strom und Gas in Dresden werden teurer. Wer in finanzielle Not gerät, dem will die Stadt helfen. © Hauke-Christian Dittrich/dpa (Symbolbild)

Dresden. Die Strompreise in Dresden steigen. Ab November klettert der Verbrauchspreis in der Grundversorgung um gut sieben Cent pro Kilowattstunde, teilen die Stadtwerke Drewag mit. Für eine vierköpfige Familie sind das etwa 16 bis 19 Euro mehr im Monat. Dazu kommen die Heizkosten: Bereits zum 1. Oktober steigt der Verbrauchspreis um rund drei Cent pro Kilowattstunde. Das sind Mehrkosten von etwa 30 bis 45 Euro mehr im Monat für eine Familie.

Die Rechnungen kommen zwar erst im nächsten Jahr, doch die Abschläge klettern schon jetzt. "Wer Unterstützung braucht, bekommt sie", verspricht Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke). Welche Möglichkeiten es für Haushalte gibt, deren Energiekosten das Haushaltseinkommen übersteigen.

Welche Möglichkeiten der finanziellen Hilfe gibt es?

Menschen, die Arbeitslosengeld oder Grundsicherung erhalten: Wer bereits Arbeitslosengeld, Sozialgeld oder Grundsicherung bekommt, muss sich keine Sorgen machen. Die Kosten für Miete, Heizung und Strom werden vom Jobcenter bezahlt. "Unabhängig von den tatsächlich angefallenen Kosten", sagt Kristin Kaufmann. Das ist so im dritten Sozialschutzpaket geregelt. Voraussetzung ist, dass man angemessen wohnt. Dafür gibt es Grenzen, zum Beispiel wie groß eine Wohnung für eine bestimmte Anzahl von Bewohnern sein darf.

"Auch das Bürgergeld, das das Arbeitslosengeld-II zum Jahresanfang 2023 ablösen soll, sieht eine kulantere Situation vor", so die Sozialbürgermeisterin. "Empfänger müssen nicht automatisch ihre Wohnung verlassen, wenn diese nicht mehr angemessen ist. Stattdessen gibt man ihnen zwei Jahre Zeit, ihre Wohnsituation zu ordnen."

Menschen, die ein niedriges Einkommen haben: Wer kein Arbeitslosengeld oder keine Grundsicherung erhält, aber ein niedriges Einkommen hat, kann prüfen lassen, ob er Wohngeld bekommen darf. Das ist ein staatlicher Zuschuss zur Miete. Auch einen einmaligen Heizkostenzuschuss soll es geben.

"Im Schnitt erhält jeder Haushalt 220 Euro im Monat", so Kaufmann. Damit werde die Grundmiete gedeckt. "Mit dem neuen Heizkostenzuschuss werden die Heizkosten abgepuffert." Wer Wohngeld bezieht und alleine lebt, erhält einmalig 270 Euro Heizkostenzuschuss, Zwei-Personen-Haushalte erhalten 350 Euro und für jedes weitere Haushaltsmitglied werden zusätzlich 70 Euro ausgezahlt. "Im Zuge der Wohngeldreform ist eine monatliche Zahlung für die Heizkosten geplant."

Wohngeldberechtigte können auch den Dresden-Pass beantragen. Damit erhalten sie beispielsweise bei den Dresdner Verkehrsbetrieben das günstige Sozialticket. Außerdem ermöglicht das Wohngeld die Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder.

Menschen, die aufgrund der Energierechnungen in Not geraten: Wer weder Arbeitslosengeld, Grundsicherung noch Wohngeld beziehen darf, in den nächsten Wochen aber in Schwierigkeiten gerät, weil die Energiekosten kaum noch ein Leben ermöglichen, kann sich ebenfalls an die Stadt wenden. "Wenn die Kosten für Strom und Heizen das Haushaltseinkommen übersteigen, dann kann sich jeder an das Jobcenter wenden und dort Hilfe holen", sagt Kaufmann und rechnet ein Beispiel vor: "Ich muss plötzlich 1.500 Euro Energiekosten nachzahlen, habe aber nur ein Einkommen von 800 Euro und müsste mich verschulden. Oder die Abschläge steigen derart, dass das Geld nicht mehr für den Lebensunterhalt reicht. Dann melde ich mich noch im selben Monat – ganz wichtig! – beim Jobcenter."

Die Mitarbeiter dort würden prüfen, ob sie mit Geld für diesen Monat unterstützen könnten. "Gleichzeitig prüft das Jobcenter auch, ob ich wohngeldberechtigt bin oder gegebenenfalls sogar Grundsicherung erhalten kann. Das wird alles einmal durchgecheckt. Das kann jeder Bürger machen." Wer Unterstützung braucht, bekommt sie. Niemand muss den Kopf in den Sand stecken und warten bis die Krise vorbei ist.

Wer bekommt Wohngeld?

Es gibt keine einfache Einkommensschwelle, die verrät, wer Anspruch auf Wohngeld hat. Dahinter steckt stattdessen eine nicht ganz einfache Rechnung. Berücksichtigt wird das Einkommen, die Miete und die Zahl der Haushaltsbewohner. "Aktuell haben wir rund 6.000 Dresdner Haushalte, die wohngeldberechtigt sind", erklärt Kaufmann. "Wir gehen von einer Verdreifachung zum Jahresbeginn 2023 aus, weil die Kostenbelastung rapide steigt und weil das Gesetz mehr Menschen Zugang zum Wohngeld ermöglicht, indem die Einkommensgrenzen herabgesetzt werden."

Die Stadtverwaltung versuche in den nächsten Wochen, berechtigte Dresdnerinnen und Dresdner, insbesondere auch Ältere, aufzuklären, was ihnen zusteht. "Denn es entlastet ihre Geldbörse und ist eine Dienstleistung, die nicht mit einem Stigma behaftet ist wie vielleicht andere Leistungen."

Gleichzeitig schraubt die Sozialbürgermeisterin die Erwartungen ein Stück weit zurück. "Wir benötigen unglaublich viel Personal dafür. Pro Antrag brauchen wir rund 170 Minuten an Bearbeitungszeit." Nicht, weil die Mitarbeiter zu doof oder zu faul wären, sondern weil das Gesetz verlange, dass zum Beispiel die Einkommensgrenzen, die Wohnkosten und die Haushaltsgrößen detailliert geprüft werden, so Kaufmann. Außerdem gebe es in der Wohngeld-Abteilung unbesetzte Stellen.

"Die Menschen sollen selbstverständlich die ihnen zustehende Unterstützung vom Amt bekommen. Aber wer weiß, dass so ein Wohngeld-Antrag bis zu drei Monate dauert, weiß auch, dass die Schneeglöckchen schon durch sind, wenn der Bescheid eintrifft."

In anderen Städten wird über Notunterkünfte und Wärmehallen für ärmere Menschen nachgedacht. Auch in Dresden?

"Logischerweise diskutieren wir das in der Stadtverwaltung, aber noch ist es nicht soweit, dass wir das brauchen", sagt Kaufmann. "Ich gehe davon aus, dass unser Hilfesystem, zu dem unter anderem die Grundsicherung, das Wohngeld, die Wohnungsnotfallhilfe, die Schuldnerberatung und Sozialarbeit gehören, greift."

Was Dresden aber tun sollte, sei, die Beratungs- und Begegnungsstätten so gut wie möglich offen zu haben. "Nicht nur für Beratung und Begegnung, sondern auch als eine Art Wärmestube bei Bedarf. Denn vor allem ältere Menschen nehmen das Sparen sehr ernst. Ihnen droht im schlimmsten Fall in der Winterzeit die Unterkühlung. Deshalb brauchen wir Orte, an denen sich diese Menschen aufwärmen können, an denen sie aber auch beraten werden, dass diese Art des Sparens nicht sein muss."

Was passiert, wenn die Heizungen in Dresden ganz ausfallen?

Die Sozialbürgermeisterin glaube nicht, dass die Dresdner im Winter komplett ohne Heizung dastehen werden. Pläne für Notunterkünfte gebe es nicht. "Den Dieselgenerator vor der Turnhalle sehe ich noch nicht. Ich denke, es macht generell keinen Sinn, wenn sich jede Stadt selbst kreative Lösungen ausdenkt. Wir brauchen einen gewissen Krisenrahmen. Denn egal, ob ich Dresden oder Dortmund heiße: Wenn das Gas und der Strom weg sind, dann stehen wir alle vor demselben Problem."

Weitere Informationen stellt die Landeshauptstadt auf ihrer Internetseite bereit.