SZ + Dippoldiswalde
Merken

"Wir holen Zinnwalds Bergbautradition ins 21. Jahrhundert"

Anton du Plessis, der Chef von Zinnwald Lithium, erklärt, warum sein Vorhaben in Sachsen für Europas Auto- und Chemieindustrie so wichtig ist.

Von Franz Herz
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
"Der Aufbau des Bergwerks wird Arbeitsplätze schaffen", sagt Anton du Plessis, Vorstandsvorsitzender der Zinnwald Lithium Aktiengesellschaft.
"Der Aufbau des Bergwerks wird Arbeitsplätze schaffen", sagt Anton du Plessis, Vorstandsvorsitzender der Zinnwald Lithium Aktiengesellschaft. © Egbert Kamprath

Anton du Plessis arbeitet in London als Vorstandschef von Zinnwald Lithium, der Aktiengesellschaft, die nach ihrem Hauptprojekt in Sachsen benannt ist. Der 51-jährige Banker, der aus Südafrika stammt, kümmert sich dort um die Finanzierung des Vorhabens. Regelmäßig kommt er nach Zinnwald und Freiberg. Hier hat Sächsische.de mit ihm gesprochen.

Herr du Plessis, Ihr Unternehmen hat seinen Sitz in Freiberg und ist in London an der Börse notiert, das noch nicht einmal in der Europäischen Union liegt. Was wird der Nutzen eines Lithiumabbaus für das Osterzgebirge sein?

Es bringt wirtschaftliche Aktivität in die Region, wenn wir das Projekt auf die Beine stellen. Der Aufbau des Bergwerks wird Arbeitsplätze schaffen. Andere Dienstleistungen rings um das Projekt werden benötigt. Ebenso wird es Steuereinnahmen bringen. Nach unseren Berechnungen im September 2022 wird das Bergwerk über eine Milliarde Euro an Steuern bezahlen - an Kommune, Land und Bund. Zinnwald hat eine stolze Bergbautradition. Die holen wir mit dem Lithium-Projekt ins 21. Jahrhundert mit moderner Technik. Freiberg hat eine bedeutende Universität für Bergbau. Auch diese Ausbildung wird gestärkt, wenn wir in der Region ein modernes Bergwerk haben.

Wie ist der aktuelle Stand Ihres Projekts?

In Zinnwald läuft gerade ein Infill-Bohrprogramm. Damit lernen wir die Lagerstätte besser kennen. Das ist wichtig, um das Vorhaben exakt zu planen, um es so sicher, so wirtschaftlich wie möglich zu gestalten und das Material effizient abzubauen. Wir bohren seit neun Monaten und haben inzwischen über 14 Kilometer Bohrkerne.

Was geschieht mit diesen Kernen?

Wir bringen die Kerne nach Freiberg und zerschneiden sie. Einen Teil zerkleinern wir und geben ihn zur chemischen Analyse, damit diese uns exakt sagt, was im Gestein enthalten ist und wo sich das befindet. Mit diesen Informationen bauen wir ein dreidimensionales Modell der Lagerstätte. Das ist teuer und zeitaufwändig, aber unbedingt notwendig, um sicherzugehen, dass wir alle notwendigen Informationen haben für den Aufbau des Bergwerks. Wir wollen nicht auf Vermutungen bauen. Wir hoffen, dass wir das Bohrprogramm im August 2023 abschließen können. Derzeit laufen fünf Bohrgeräte. Dabei versuchen wir die Belastungen für die Nachbarn und die Umgebung so gering wie möglich zu halten. Ziel unserer Untersuchungen ist, zu zeigen, dass die Lagerstätte in Zinnwald eine relevante Größe hat für die europäische Lithiumindustrie.

Gibt es eine solche Industrie in Europa?

Derzeit produziert Europa nichts von dem Lithium, das es benötigt. Es gibt einige Projekte dafür. Auf der anderen Seite der Grenze haben wir das Cinovec-Projekt, in Finnland haben wir das Keliber-Projekt, weitere in Wolfsberg in Österreich, in Spanien, in Portugal. Wir hoffen, eines der Ersten zu sein. Keliber wird jetzt schon gebaut. Wenn wir weiter hart daran arbeiten, können auch wir bei den Ersten sein, die in Produktion gehen. Unser Plan sieht vor, Ende 2026/Anfang 2027 zu starten. Aber natürlich gibt es Faktoren, die wir nicht kontrollieren können, beispielsweise der Finanzierungsprozess. Wenn wir auf die erwartete Nachfrage schauen, wird das ein guter Moment für den Start sein. Es gibt Voraussagen, dass ab 2025 der Mangel an Rohstoffen in der Industrie spürbar wird.

Für Europa ist es wichtig, eigene Rohstoffquellen zu haben. Denn es ist sehr teuer, Material rund um die Welt zu transportieren. Deshalb bestünde die Gefahr, dass die Weiterverarbeitung sich dort ansiedelt, wo die Rohstoffe gefördert werden. Chinesische Elektrofahrzeuge werden immer wichtiger auf dem Markt. Europa ist in Gefahr, diese Industrien zu verlieren, wenn es hier keine Rohstoffe dafür gibt. Es ist wichtig, einen bedeutenden Teil der Lieferkette vor Ort zu haben. Lithium ist von großem strategischen Wert für Europa und Deutschland mit seiner großen Autoindustrie und ebenso seiner chemischen Industrie.

Der Preis Ihrer Aktie hat sich wieder etwas erholt, nachdem er 2022 gesunken ist. Lohnt es sich, eine Zinnwald Lithium-Aktie zu kaufen?

2022 sind bei uns zwei Dinge passiert: Ehemalige Solarworld-Aktionäre haben ihre Aktien verkauft, ebenso Besitzer von früheren Anteilen von Bacanora, die nicht Anteile unsere Firma haben wollten. So wandelte sich die Zusammensetzung unserer Eigentümer. Aber man kann das nicht isoliert betrachten. Im Vergleich zu anderen Firmen der Branche haben wir uns sehr gut entwickelt. Unsere Eigentümerschaft hat sich stabilisiert und wir haben einen neuen strategischen Eigentümer gewonnen, die Advanced Metallurgy Group (AMG). Mit den Mitteln, die wir von ihm und unseren anderen Eigentümern haben, sind wir gut ausgestattet, um die nächste Phase unseres Projekts voranzutreiben, das Aufstellen der Machbarkeitsstudie. Ich darf ihnen keine Finanzberatung geben, kann daher nicht sagen, ob Sie unsere Aktien kaufen sollen. Aber ich kann Ihnen sagen, dass ich eine ordentliche Anzahl selbst gekauft habe.

Die Deutsche Lithium hat ja schon 2019 eine Machbarkeitsstudie erstellt. Warum ist jetzt eine neue nötig?

Die Studie von 2019 war auf die Produktion eines Nischenprodukts ausgerichtet, Lithiumfluorit. Wenn wir den Markt betrachten, ist ein mehr konventionelles Produkt gefragt: Lithiumhydroxid. So verfolgt unsere neue Studie zwei Ziele: die Produktion auszuweiten und das konventionellere Produkt zu erzeugen. Es ist unsere Antwort auf das, was die Märkte nachfragen. Außerdem wollen wir die Risiken mindern, die in dem Projekt stecken.