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Warten auf den neuen Wein aus Pesterwitz

Jetzt geht für Sachsens Winzer das 2023er Weinjahr zu Ende – mit einem amtlich bestätigten Rekord und einer Prüfung.

Von Gabriele Fleischer
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Daniel Folde und Lotte Mann verpacken die im Weingut Schuh in Coswig-Sörnewitz abgefüllten Flaschen mit Pesterwitzer Goldriesling.
Daniel Folde und Lotte Mann verpacken die im Weingut Schuh in Coswig-Sörnewitz abgefüllten Flaschen mit Pesterwitzer Goldriesling. © Egbert Kamprath

Es klirrt leise, Motorengeräusche sind zu hören, Maximilian Schreck fährt mit dem Gabelstapler auf dem Hof, schafft Kisten und Flaschen heran. Der Auszubildende für den Beruf des Winzers hilft Daniel Folde aber auch, den Laster mit vollen Boxen zu beladen. Es ist Abfüllzeit bei Winzer Matthias Schuh in Coswig-Sörnewitz.

Dort wird an diesem Tag auch ein Teil des Weins für das Gut Pesterwitz abgefüllt. Flasche um Flasche stapelt Lotte Mann, die ebenfalls in der Ausbildung ist, in eine große Kiste. 420 gehen hinein. Da die Flaschen erst in Pesterwitz ihr Etikett erhalten, ist an der Seite der Holzbox zu lesen, um welche Sorte es sich handelt.

Gerade ist es Goldriesling, an den Tagen zuvor wurden bereits Weißburgunder, Müller-Thurgau und Riesling abgefüllt.

Mit neuen Tanks ist genug Platz für Rekordernte

Daniel Folde hat es eilig. Schnell will er wieder los, um den Wein nach Pesterwitz zu bringen. Sieben Kisten stehen auf seinem Auto. Genug für die erste Fuhre. An diesem Tag muss er noch ein paarmal fahren.

Bis zum Mittag fließt Pesterwitzer Wein aus den Tanks in die Abfüllmaschine, dann kümmert sich Schuh erstmal wieder um seinen Rebensaft. Für jeden Winzer ist das der Höhepunkt eines jeden Weinjahres. „Erst mit den gefüllten Flaschen endet das 2023er Weinjahr“, sagt auch der Pesterwitzer Seniorchef Lars Folde.

Unaufhörlich stellt ein Mitarbeiter Schuhs leere Flaschen aufs Band. Über 5.000 Flaschen zeigt die Anzeige bereits nach einigen Stunden an. Überall, wo gerade jemand gebraucht wird, packt Winzerchef Schuh mit an. Dabei erzählt er, dass der Wein – neben seinem eigenen der von Gut Pesterwitz und von Ines Fehrmann aus Cossebaude - seit etwa Oktober vergangenen Jahres in Tanks lagert.

Auch Weingutschef Matthias Schuh aus Coswig-Sörnewitz hilft in diesen Wochen mit beim Abfüllen und begutachtet den Pesterwitzer Rebensaft.
Auch Weingutschef Matthias Schuh aus Coswig-Sörnewitz hilft in diesen Wochen mit beim Abfüllen und begutachtet den Pesterwitzer Rebensaft. © Egbert Kamprath

Und da der Ertrag überall in Sachsens Weinwirtschaft um zehn bis 14 Prozent höher ausgefallen ist als in anderen Jahren, musste Schuh im Herbst noch investieren. Mit den jeweils 6.300 Liter fassenden zwei neu angeschafften Tanks, hat er Platz für 160.000 Liter Wein. Genug Kapazität also für den kostbaren Saft.

Die Witterung hat es zur Lese gut gemeint

„Von der reinen Traubenernte war es im Jahr 2023 seit 1989 die höchste Gesamterntemenge in Sachsen“, sagt Falk Hofer, Referent am Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Die Witterung im vergangenen Jahr hätte es insbesondere zum Zeitpunkt der Weinlese gut gemeint, wie auch Matthias Schuh und Lars Folde bestätigen.

Die Gesamtweinerntemenge betrug nach der Statistik 29.609 Hektoliter. Das entspricht einem durchschnittlichen Hektarertrag von 57 Hektolitern. Im Jahr 2022 waren es 50 Hektoliter auf einen Hektar.

Daniel Folde, Chef von Gut Pesterwitz, verlädt bei Matthias Schuh in Coswig-Sörnewitz gefüllte Weinflaschen für den Transport nach Freital.
Daniel Folde, Chef von Gut Pesterwitz, verlädt bei Matthias Schuh in Coswig-Sörnewitz gefüllte Weinflaschen für den Transport nach Freital. © Egbert Kamprath

Das liege aber an der gestiegenen Anbaufläche, so Hofer. Der Flächenertrag ist dagegen im Jahr 2023 nicht so hoch gewesen, was eine Folge der Ausdünnung der Trauben für hohe Qualitäten sei.

Beim Filtern werden Trübstoffe entfernt

Während der rote Wein noch bis mindestens Mai reift, werden in diesen Wochen die weißen Tropfen abgezapft und original verkorkt. Nicht nur Korken, sondern auch Drehverschlüsse werden verwendet – mit gleicher Qualität, meint die Fachwelt. „Wichtig ist es aber, etwa zwei Wochen vorher den Wein zu filtern“, sagt Schuh.

Die richtige Farbe für den Goldriesling von Gut Pesterwitz: Hier nach Abfüllen und der Lagerung für den Abtransport vom Weingut Schuh in Coswig.
Die richtige Farbe für den Goldriesling von Gut Pesterwitz: Hier nach Abfüllen und der Lagerung für den Abtransport vom Weingut Schuh in Coswig. © Egbert Kamprath

Dabei wird der Wein durch Filterpapier gepumpt, um sogenannte Trübstoffe und überschüssige Festteile, die bei Pressung und Gärung entstanden sind, zu entfernen. Das können Hefe, Traubenkerne, Schalenreste oder auch Weinstein sein. „Je später man das macht, umso weniger Rückstände bleiben“, sagt Schuh und schaut zur Maschine, wo sich gerade ein paar Flaschen verkeilt haben. Ein kleines Problem, das schnell gelöst ist. Weiter geht es.

Seniorchef rechnet mit 40.000 Flaschen

Weinbauer Folde setzt übrigens weiter auf Naturkork, auch wenn der fünfmal so teuer ist. Kork sei nachhaltig, ermögliche eine geringe Menge an Sauerstoffzufuhr und lasse so den Wein noch reifen. Darauf schwört der Seniorchef.

Andere Fachleute wie Matthias Schuh versichern aber, dass sich der Wein in Drehverschlussflaschen ebenso entwickeln kann. Fakt ist, dass der abgefüllte Wein ein paar Wochen liegen sollte, ehe er in den Verkauf kommt. So würden sich die Aromen noch entfalten, sagt Folde. Der zeigt die Kisten, die inzwischen bei ihm im Lager angekommen sind. Noch ist Platz für die nächsten Lieferungen, wenn in dieser Woche der Pesterwitzer Wein weiter in Sörnewitz abgefüllt wird.

An die 40.000 Flaschen werden es insgesamt für das Gut Pesterwitz sein. Etikettiert wird, ehe die Flaschen tatsächlich in den Verkauf kommen. Dafür haben sich Foldes vor einigen Jahren eine eigene Maschine angeschafft.

Erst mit der Prüfnummer gibt es Nachschub

Noch ist auch nicht klar, wieviel Qualitätswein am Ende tatsächlich gekeltert wurde. Darüber entscheidet erst die Prüfung an der Fachstelle beim Landesamt in Pillnitz.

Dorthin schickt Matthias Schuh einige der abgefüllten Flaschen. Jede Sorte wird geprüft - allein bei Gut Pesterwitz sind das 16 - und erhält eine Nummer. Alles wird sorgfältig protokolliert.

Sowohl Schuh als auch die Familie Folde hoffen, dass das Gütesiegel in einigen Wochen vom Amt kommt. Denn die Regale sind leer und auch ausgewählte Gaststätten in der Region wie im Fall von Pesterwitz das Café Griesbach, das Hotel Pesterwitzer Siegel, der Gasthof Pesterwitz, die Rollmopsschänke, aber auch Schumanns Genusswerkstatt in Pulsnitz warten auf Nachschub, damit das 2023er Weinjahr endlich begossen werden kann.

Und der Preis? Zumindest Matthias Schuh weiß, dass der moderat angehoben werden muss. Steigende Kosten nicht nur für die Glasflaschen seien nicht vollständig abzufedern, sagt der Winzer.

Eine Rückkehr des Winters schadet den Reben nicht

Während die Abfüllung läuft, gerechnet und auf das Qualitätssiegel gewartet wird, hat im Weinberg die neue Saison längst begonnen – mit Schnitt, Ausputzen, Reparaturen.

„Zehn Tage Vorsprung hat die Vegetation dieses Jahr“, sagt Matthias Schuh. Und wenn der Winter doch nochmal Einzug hält, würde es den Rebstöcken noch nicht schaden, im Gegenteil. Dann könnte unliebsamen Krankheiten und Schädlingen wie Mehltau oder Milben noch der Garaus gemacht werden.

Denn der Austrieb für den Start in ein hoffentlich ebenso gutes Winzerjahr wie das vergangene beginnt erst in einigen Wochen.