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Letzter Rettungsversuch für Meyer Burger: So will der Landkreis die Solarproduktion wieder anschieben

Der Landrat Dirk Neubauer will Meyer Burger retten. Doch der Konzern hält weiterhin an seiner Schließung in Freiberg fest. Warum?

Von Luisa Zenker & Lea Heilmann
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Blick auf den Standort des Solarunternehmens Meyer Burger in Freiberg: Ziel von Landrat Dirk Neubauer ist es, dass in Mittelsachsen ein großer Solarpark entsteht. Die nötigen Module sollen von Meyer Burger produziert werden.
Blick auf den Standort des Solarunternehmens Meyer Burger in Freiberg: Ziel von Landrat Dirk Neubauer ist es, dass in Mittelsachsen ein großer Solarpark entsteht. Die nötigen Module sollen von Meyer Burger produziert werden. © dpa

Freiberg. In der Halle des Freiberger Solarhersteller Meyer Burger sind die Maschinen heruntergefahren. Links und rechts davon stapeln sich eingeschweißten Module. Erst in der vergangenen Woche hatten 400 der 500 Beschäftigten ihre Kündigung für Ende April erhalten. Doch statt Frustration herrscht in der Mitte der Halle Aufbruchsstimmung. Dort steht an diesem Freitagnachmittag der mittelsächsische Landrat Dirk Neubauer mit einem Mikrofon und stellt seine Rettungspläne für die Solarmodule vor.

Die Idee von Dirk Neubauer: Im gesamten Landkreis sollen die Freiberger Solarmodule von Meyer Burger verbaut werden, er spricht von der Größenordnung eines Gigawatts. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 wurden in Deutschland insgesamt 14 Gigawatt-Module installiert. Neubauer redet deshalb vom "größten Konjunkturprogramm", das es im Landkreis je gab.

Die Solarmodule sollen ihmzufolge auf mehreren Arealen in Mittelsachsen errichtet werden. Insgesamt komme man damit auf 1.000 Hektar. Eine der größten Gigawattprojekte Europas, so der Landrat.

Unternehmen aus Mittelsachsen sollen Solaranlagen errichten

Nachdem der Landrat diesen Vorschlag bereits vergangene Woche angekündigt hatte, haben sich bei ihm potenzielle Investoren gemeldet. Etwa Anlagefonds, sowie Eigentümer von Flächen, die diese für einen Solarpark zur Verfügung stellen möchten. Darunter beispielsweise ein 85 Hektar großes Stück Land an der A4. Auch ein Waldbesitzer habe Interesse bekundet.

Um das Gigawattprojekt durchzusetzen, will Neubauer mit Partnern aus der Privatwirtschaft eine Projektgesellschaft gründen: die Landwerke Mittelsachsen. Sie sollen Flächen, Investoren und Handwerker finden, um die Solarprojekte umzusetzen. Um das gesamte Vorhaben durchzuführen, rechnet der Landrat mit Kosten von mehr als 700 Millionen Euro.

Über die Finanzierung scheint sich der Landrat aber wenig Sorgen zu machen. Bereits mehrere deutsche und europäische Investoren hätten sich bei ihm gemeldet, der Sparkassenverband habe seine Unterstützung angeboten. Auch die Volksbank sei ihmzufolge aufgeschlossen. Eine öffentliche Förderung plant er aber vorerst nicht. "Wir haben keine Zeit", so Neubauer, der darauf hofft, die Genehmigungszeiten von aktuell 24 Monaten halbieren zu können.

An dem Projekt können sich dann Bürger als auch Genossenschaften und Kommunen finanziell beteiligen. Ziel sei es, dass Hochleistungsmodule von Meyer Burger für die Erzeugung von Solarstrom kommen sollen und alle anfallenden Arbeiten von Unternehmen aus Mittelsachsen abgewickelt werden. "Regionalität ist der Schlüsselfaktor für die Akzeptanz der Energiewende", sagt er. Pro Jahr rechnet der Landrat mit einem Erlös von 30 Millionen Euro. Der Landkreis hat nun ein Online-Portal eingerichtet, wo sich Flächeneigentümer von mehr als 50 Hektar und interessierte Investoren melden können.

Meyer Burger: "Ich warte auf nichts mehr"

Meyer Burger hält trotz der Pläne an den Kündigungen fest. "Ich warte auf nichts mehr", sagt der Chef Gunter Erfurt am Rande der Pressekonferenz. "Es gibt keine Bedingung hier zu produzieren", so Erfurt, der dieser Tage noch in die USA fliegt. Dort plant der Konzern, seine Produktion auszubauen. Ob durch Neubauers Projekt die Produktion angekurbelt wird, scheint unwahrscheinlich. Vielmehr habe Meyer Burger in den vergangenen zwei Jahren Module von mehreren hundert Megawatt produziert, die noch in den Lagern liegen, erklärt Vertriebsleiter Sven Stoppers. Das Gigawattprojekt soll zu 80 Prozent mit Modulen des Freiberger Standorts umgesetzt werden, zu zwanzig Prozent sollen Module anderer Hersteller verbaut werden, ergänzt Neubauer.

Der Landrat ist dennoch zuversichtlich: "Es ist im Interesse des Landkreises, den Freiberger Standort von Meyer Burger trotz allem zu erhalten und die Zukunft weiterer regionaler Unternehmen zu sichern", sagt er. Auf unterschiedlichen Ebenen habe er sich für eine politische Lösung eingesetzt, um die Solarproduktion zu retten. "Leider ohne Erfolg", wie er sagt.

Nigelnagelneue Betriebslinie nie produziert

Durch das Projekt könne man ganz nebenbei die Klimaziele des Landkreises bewältigen. "Wenn wir perspektivisch als Standort nicht abgehängt werden wollen, müssen wir handeln", sagt Neubauer, der damit rechnet, dass grüne Energie zum Investitionsfaktor für viele Unternehmen wird.

"Der Landkreis wird in kommenden 20 Jahren drei Milliarden für Energie aufbringen müssen. Warum also sorgen wir nicht dafür, dass ein Teil dieser Wertschöpfung in den Kassen beispielsweise der Kommunen bleibt?", fragt Neubauer, der zwischen den nigelnagelneuen Maschinen steht. Wie ein Mitarbeiter berichtet, ist diese dritte Produktionslinie von Meyer Burger nie in Betrieb gewesen. Was mit dem neuen Equipment geschieht, wollte Gunter Erfurt an diesem Freitagnachmittag nicht beantworten.