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Wie Sachsens Tourismus digitaler wird

Touristiker aus ganz Sachsen beraten in der Sächsischen Schweiz über die Digitalisierung. Die Region gilt bei diesem Thema als Vorreiter.

Von Dirk Schulze
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Basteibrücke in der Sächsischen Schweiz: Der Freistaat Sachsen will im Tourismus digitaler werden.
Basteibrücke in der Sächsischen Schweiz: Der Freistaat Sachsen will im Tourismus digitaler werden. © Steffen Unger

Tino Richter konnte nicht live dabei sein. Der Tourismusverbandschef der Sächsischen Schweiz weilte auf einer Preisverleihung in Berlin. Seine Branchenkollegen begrüßte er in Bad Schandau von der Leinwand als sprechender Avatar: ein animiertes Foto seiner selbst mit Computerstimme.

Der kleine Gag sorgte für Erheiterung im Saal, zeigt aber beispielhaft, wohin die Reise nicht nur im Tourismus geht. Digitale Interaktion wird in Zukunft immer weniger über klassische Websites stattfinden, stattdessen über Chatbots und Sprachassistenten, gefüttert von künstlicher Intelligenz.

Masterplan für den Tourismus in Sachsen

Touristiker aus ganz Sachsen waren am Mittwoch ins Bad Schandauer Parkhotel gekommen, um über die Digitalisierung zu beraten. Es ist die siebente und letzte Zukunftswerkstatt Tourismus, die Sachsens Tourismusministerium ausrichtet.

Tourismusministerin Barbara Klepsch in Bad Schandau: "Wir müssen noch ein Stück digitaler werden, ohne die Akteure dabei zu verlieren."
Tourismusministerin Barbara Klepsch in Bad Schandau: "Wir müssen noch ein Stück digitaler werden, ohne die Akteure dabei zu verlieren." © Daniel Schäfer (Archiv)

Experten und Praktiker von der Basis bearbeiten dabei in Workshops aktuelle Fragen der Branche. Aus den Ergebnissen wird bis Jahresende der neue Masterplan Tourismus Sachsen zusammengeschrieben, der die auslaufende Tourismusstrategie 2025 ablösen wird.

Sächsische Schweiz als Vorreiter der Digitalisierung

Jede der sieben Zukunftswerkstätten fand in einer anderen sächsischen Tourismusregion statt und jede zu einem anderen Thema. Dass die Sächsische Schweiz sich für das Thema Digitalisierung entschieden hat, ist kein Zufall. Die Region habe sich früh auf den Weg gemacht und gelte heute als Vorzeigepartner, sagte Sachsens Tourismusministerin Barbara Klepsch (CDU).

Micaela Lindheimer vom Tourismusverband Sächsische Schweiz. Die Region gilt als Vorreiter in Sachen Digitalisierung in Sachsen.
Micaela Lindheimer vom Tourismusverband Sächsische Schweiz. Die Region gilt als Vorreiter in Sachen Digitalisierung in Sachsen. © Daniel Schäfer

Der Tourismusverband Sächsische Schweiz war der erste, der eine Mitarbeiterin ausschließlich für das Online-Marketing anstellte, erklärt Micaela Lindheimer, die stellvertretende Geschäftsführerin. Schon früh wurde hier eine regionsübergreifende Datenbank für die Sächsisch-Böhmische Schweiz aufgebaut, in der sämtliche Akteure wie die Touristinformationen der Gemeinden, Hotels und Pensionen, Ausflugsziele wie Festung Königstein oder Burg Stolpen, der Nationalpark und Wanderführer ihre Angebote eintragen konnten.

Open Data, Chatbots und künstliche Intelligenz

Solche Datenbanken und deren Zugänglichkeit sind der Schlüssel für die digitale Auffindbarkeit, erklärte Richard Hunkel, Experte für Open Data bei der Deutsche Zentrale für Tourismus, der per Video aus Frankfurt am Main zugschaltet war. Die Gäste wollen sich vor ihrer Reise informieren und dafür nicht mehr sieben verschiedene Websites aufrufen, um ein Hotel zu buchen, einen Wandertipp zu finden oder die Öffnungszeiten eines Museums.

Jüngere Besucher sind mit Sprachassistenten wie Siri und Alexa aufgewachsen - und befragen selbstverständlich diese. Dort müssen die entscheidenden Informationen dann auftauchen, dafür braucht es offen zugängliche Daten nach bestimmten technischen Standards.

ChatGPT: Malerweg ist schönster Wanderweg

Dass die Sächsische Schweiz ihre Hausaufgaben gemacht hat, wird an einem Beispiel deutlich, dass Open-Data-Experte Hunkel in seiner Präsentation zeigt. Er hat die auf künstlicher Intelligenz basierende Software ChatGPT nach den schönsten Wanderwegen in Sachsen gefragt. An erster Stelle gibt das System den Malerweg aus, auch ein weiterer Top-10-Eintrag stammt aus der Sächsischen Schweiz.

Aktuell läuft im Hintergrund eine Transformation, bei der die Sächsische Schweiz ihre Daten in eine neue sachsenweite Datenbank der Tourismus- und Marketinggesellschaft Sachsen (TMGS) überträgt. Da die Daten schon nach den nötigen Standards vorliegen, ist die Region auch hier vorn dabei.

Self-Check-in und Servierroboter

In Zukunft werden immer mehr Serviceleistungen und interne Prozesse digital ablaufen. Das ist schon allein aufgrund des Personalmangels im Tourismus unausweichlich. Freilich klafft zwischen Vision und Realität bisweilen noch eine große Lücke. Während erste Hotels in der Sächsischen Schweiz schon die klassische Rezeption durch Self-Check-in-Terminals ersetzen und in Gasthäusern ein Servierroboter das Essen an den Tisch fährt, sind kleine Pensionen schon damit überfordert, ihre Website aktuell zu halten, sei es aus Angst vor Komplexität oder schlicht Zeitmangel.

Der Tourismusverband Sächsische Schweiz hat mit Yvonne Brückner seit anderthalb Jahren eine eigene Digitalberaterin, die gezielt auf die kleineren Unternehmen zugeht und Schulungen und Workshops je nach Wissensstand anbietet. Mit den richtigen Informationen und aussagekräftigen Fotos auf der Website fängt es an.


Tourismusministerin Barbara Klepsch erklärte: "Wir müssen noch ein Stück digitaler werden, ohne die Akteure dabei zu verlieren." Die persönliche Komponente soll jedoch gerade im Tourismus nicht verschwinden. "Empathie, Leidenschaft und Gastfreundschaft kann nicht digital aus dem Netz kommen", sagte Klepsch. "Dazu braucht es Menschen."