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Infineon Dresden baut kräftig aus

Der Mikrochipkonzern Infineon kann jetzt nicht alle Kundenwünsche erfüllen – auch wegen Corona in Malaysia. In Sachsen und Österreich unternimmt er etwas.

Von Georg Moeritz
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In der Infineon-Chipfabrik im Dresdner Norden ist noch Platz für zusätzliche Maschinen. In den nächsten zwei Jahren will der Konzern den Reinraum komplett füllen.
In der Infineon-Chipfabrik im Dresdner Norden ist noch Platz für zusätzliche Maschinen. In den nächsten zwei Jahren will der Konzern den Reinraum komplett füllen. © Archivfoto: Ronald Bonß

Dresden. Die Corona-Krise hat den Mikrochip-Hersteller Infineon noch einmal heftig getroffen – und damit seine Kunden, etwa in der Auto-Industrie. Konzernchef Reinhard Ploss berichtete am Dienstag in München, die Behörden in Malaysia hätten die Infineon-Chipfabrik in Melaka im Juni zweimal „sehr kurzfristig“ angehalten.

Damit fielen rund 100 Millionen Euro Umsatz aus. Der Stillstand in Melaka dauerte etwa 20 Produktionstage. Inzwischen seien aber die meisten Beschäftigten dort zum ersten Mal freiwillig geimpft, im August folge die zweite Impfung.

In Malaysia werden üblicherweise auch belichtete Siliziumscheiben aus der Dresdner Infineon-Fabrik weiterverarbeitet. Der Dresdner Firmensprecher Christoph Schumacher sagte jedoch auf Nachfrage, die drei Wochen Produktionsausfall in Melaka führten nicht zu einem Rückstau in Sachsen.

Kapazität in Dresden soll um 56 Prozent zulegen

Das Dresdner Werk sei weiterhin voll ausgelastet, sagte Schumacher. Die Zahl der jetzt gut 2.800 Beschäftigten werde weiter wachsen, wie schon angekündigt. Es gebe freie Stellen in Dresden.

Infineon Dresden gibt seine Kapazität nicht wie der größere Nachbar Globalfoundries in Wafern (Siliziumscheiben) pro Monat an, sondern in Layerstarts pro Woche (LSPW). Damit sind die Belichtungsmasken gemeint, die zur Chipproduktion auf die beschichteten Scheiben aufgelegt werden. Das können 100 bis 200 verschiedene Masken je nach Komplexität der Chips sein.

Im älteren Werksteil mit den 200-Millimeter-Scheiben gibt es bei Infineon Dresden 420.000 Maskenstarts pro Woche. Der neuere Werksteil mit 300-Millimeter-Scheiben ist dieses Jahr bereits mit zusätzlichen Maschinen ausgestattet worden. Dabei wuchs die Kapazität um rund zehn Prozent auf 360.000 LSPW und soll nun bis 2023 schrittweise um 56 Prozent auf 560.000 LSPW wachsen. Wegen der Vergleichbarkeit verwendet Infineon bei dieser Rechnung auch in der neuen Fabrik 200-Millimeter-Äquivalente.

Möglicher Dresden-Investor TSMC beliefert auch Infineon

Die 300-Millimeter-Scheiben mit ihrer größeren Chipmenge werden aber immer wichtiger, auch Globalfoundries Dresden nutzt diese Größe. Am Dienstag begann Infineon vorzeitig auch im Werk Villach in Österreich die Produktion auf 300-Millimeter-Scheiben. An der Vorbereitung waren Dresdner Ingenieure beteiligt. Die beiden Fabriken sollen künftig vernetzt arbeiten. Offizielle Eröffnung in Villach ist am 17. September.

In etwa zwei Jahren soll der Dresdner Reinraum vollständig mit Maschinen gefüllt sein, in Villach kann es fünf Jahre dauern. Ein mögliches Grundstück für einen neuen Trakt in Dresden ist vorhanden. Laut Schumacher gibt es vor einem Neubau allerdings noch mehr technische Möglichkeiten, den Ausstoß zu erhöhen.

Zu einer möglichen Investition des taiwanischen Chipherstellers TSMC in Deutschland sagte Infineon-Chef Ploss, das sei „eine interessante Überlegung“. Dresden ist im Gespräch als möglicher Standort für eine TSMC-Chipfabrik im Milliardenwert. Laut Ploss ist TSMC ein wichtiger Lieferant auch für Infineon, mit dem gemeinsam viele Chips entwickelt werden. Chiphersteller wie Infineon machen nicht alle Produkte selbst, sondern beziehen einen Teil von Auftragsfertigern. Unter ihnen ist TSMC der größte, auch Globalfoundries mit seinen Fabriken in den USA, Dresden und Singapur ist ein reiner Auftragsfertiger.

In jedem Auto stecken Chips für Hunderte Euro

Laut Konzernchef Ploss ist die Nachfrage nach Halbleitern "ungebrochen". Mikrochips seien der Schlüssel zu Energiewende und Digitalisierung. Da wögen Einschränkungen wegen der Pandemie doppelt schwer, die Vorräte seien auf einem historischen Tiefstand. Der Auftragsbestand dagegen umfasse beinahe den Umsatz von zwei Geschäftsjahren. Infineon rechnet mit elf Milliarden Euro Umsatz für dieses Geschäftsjahr.

Ploss sagte, in Villach und Dresden gebe es zwei Standorte für weiteres Hochfahren ("Rampen") der Produktion. Mit Auftragsfertigern als Lieferanten seien zusätzliche Vereinbarungen geschlossen worden. Mit Preiserhöhungen sei für das nächste Jahr zu rechnen, denn mit vielen Lieferanten und Kunden gebe es feste Verträge für das laufende Jahr. Für Grundmaterial wie Kupfer müsse auch Infineon mehr bezahlen. Auf den Preis eines Autos werde sich das alleine aber nicht stark auswirken. In einem Auto stecken laut Infineon Halbleiter im Wert von 400 bis 500 Euro.

Rekord-Umsatz mit Bausteinen für Öko-Energie

Trotz der starken Nachfrage nach Chips aus der Auto-Industrie sank der Umsatz von Infineon in dieser Sparte im Quartalsvergleich um ein Prozent - stieg aber um 49 Prozent im Vergleich zum schwachen zweiten Quartal des vorigen Jahres. Auf ein Allzeithoch stieg dagegen der Umsatz in der Sparte mit Chips für Industrie und Erneuerbare Energien - dazu gehören auch Stromspeicher, Lade-Infrastruktur und Haushaltsgeräte. Bosch stellt in seiner neuen Chipfabrik in Dresden zunächst Chips für Elektrowerkzeuge her, wie sie im Werk Sebnitz produziert werden.

Leicht gestiegen ist der Infineon-Umsatz mit Chips für Rechenzentren. Eine Belebung erwartet der Konzernchef beim Geschäft mit Smartphones und Tablets, für die Infineon beispielsweise Mikrofone liefert. Ploss verspricht sich auch viel von Mikrochips für "maschinelles Lernen", also für Trainingssysteme mittels Künstlicher Intelligenz.