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Hohe Rabatte für Fahrräder

Angesichts voller Lager senken viele Händler die Preise. Nur für einen Radtyp gilt das nicht.

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Auf der Messe Eurobike zeigt die Branche ab Mittwoch ihre Neuheiten.
Auf der Messe Eurobike zeigt die Branche ab Mittwoch ihre Neuheiten. © dpa/Andreas Arnold

Nach dem Corona-Boom findet sich die Fahrradbranche in einer neuen Realität wieder. Die Lager sind voll. Wenn sich Händler und Hersteller ab Mittwoch bei der Branchenmesse Eurobike in Frankfurt am Main treffen, können sie von durchwachsenen Aussichten berichten. Vorteil für Kunden: Die Zeit für den Radkauf ist so günstig wie lange nicht.

„Der Boom, in dem die Leute kaufen, was sie kriegen können, ist vorbei“, sagt Burkhard Stork vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Zudem belastet die hohe Inflation die Verbraucher. Das Segment der einfachen klassischen Räder bis etwa 700 Euro habe es schwer, sagt Stork. „Erste Hersteller spüren das beim Umsatz und bei den Aufträgen.“

Noch in der Pandemie hatte die Branche goldene Zeiten erlebt. Damals konnten sie sich vor Kunden kaum retten, die den Solo-Sport Radeln entdeckt hatten und Busse oder Bahnen mieden. Doch die Produzenten kamen nicht hinterher – viele Kunden mussten wegen Lieferproblemen lange warten.

Absatzrekord 2020

Manche bekamen ihr Modell erst, als die sommerliche Radsaison fast vorbei war – bei deutlich höheren Preisen. 2020 erzielte die Branche einen Absatzrekord, der Umsatz sprang laut Statistischem Bundesamt um rund ein Drittel nach oben.

Also bestellten Händler noch mehr Ware. 2022 stieg die Produktion laut ZIV auf den Höchstwert von 2,6 Millionen Rädern. Doch ab Herbst drehte sich der Markt. Hersteller lieferten plötzlich große Mengen Räder. „Teilweise kamen Lieferungen für 2022 und 2023 auf einmal“, so Stork.

Das Ergebnis sind Bestände und Vorbestellungen bei den Händlern, die weit über dem Bedarf für dieses Jahr liegen. Mit Nachlässen sollen die Räder nun aus den Lagern. Pech für die Branche: Der nasse Frühling ließ die Geschäfte schleppend anlaufen.

„Zehn bis 15 Prozent Rabatt sind möglich“, schätzt der ZIV-Geschäftsführer. In der Pandemie seien die Produktionskosten hochgeschossen. Nun normalisierten sie sich, Lieferkettenprobleme hätten sich zu „95 Prozent“ eingependelt. Räder würden aber nicht verramscht.

Deutliche Nachlässe

Jüngste Zahlen des Vergleichsportals Idealo zeigen deutliche Nachlässe. Demnach sind im Mai die Durchschnittspreise für Mountainbikes im Onlinehandel um 16 Prozent zum Vorjahresmonat gesunken. Rennräder verbilligten sich um sieben Prozent, während E-Bikes gegen den Trend um 15 Prozent teurer wurden.

Die Rabatte helfen zwar den Händlern beim Umsatz, belasten aber die Margen. Nicht alle Branchenfirmen kommen gut durch die neue Zeit. Beim Versandhändler Bike24 etwa standen zuletzt rote Zahlen.

„Wir stehen vor einer starken Konsolidierung und Professionalisierung im Fahrradmarkt“, glaubt Robert Peschke, Geschäftsführer von Little John Bikes mit Sitz in Dresden. Um an Geld zu kommen, würden viele Händler „panisch“ die Preise senken, sagte er jüngst der Wirtschaftswoche. „Selbst für aktuelle Fahrradmodelle gibt es zum Teil ruinöse 20 Prozent Rabatt und mehr“, sagt Peschke. „Zahlreiche Fahrradhändler wird dieser Preiskampf am Ende die Existenz kosten.“

Boom bei E-Bikes

Alexander Giebler vom Pressedienst-Fahrrad aus Göttingen, glaubt, dass manche Händler Probleme bekommen, da ihre Kapitaldecke schmelze. Ein Massensterben erwartet er aber nicht. „Wer seine Hausaufgaben gemacht hat, wird gut durch die Krise kommen.“

Einmal mehr ruhen die Hoffnungen der Branche auf E-Bikes, die dieses Jahr erstmals traditionelle Räder bei den Verkaufszahlen überholen dürften. Schon 2022 wurde mit 2,2 Millionen E-Bikes ein Absatzrekord erreicht, während der Verkauf herkömmlicher Bikes um 300.000 auf 2,4 Millionen fiel. Dank des hohen E-Bike-Anteils hat sich der Umsatz der Branche binnen zehn Jahren auf 7,4 Milliarden Euro fast vervierfacht.

„Der Boom bei hochwertigen E-Bikes hält weiter an. Sportliche Räder wie Gravel- und Mountainbikes mit Motor seien gefragt, Lastenräder ohnehin. Bei Mountainbikes seien bereits 90 Prozent der verkauften Räder elektrifiziert. (dpa)