Leben und Stil
Merken

Worauf es bei guten Fahrradreifen ankommt

Reifen sind essenziell wichtig fürs Fahrrad: Sie stellen Bodenkontakt her, bieten Komfort – und machen die Fuhre winterfest. Eine Kaufberatung.

 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Nur nicht die
Übersicht verlieren: Das Angebot von Fahrradreifen ist mittlerweile extrem vielfältig – das gilt nicht nur bei der Farbe des Gummis.
Nur nicht die Übersicht verlieren: Das Angebot von Fahrradreifen ist mittlerweile extrem vielfältig – das gilt nicht nur bei der Farbe des Gummis. © Tobias Hase/dpa

Fahrradreifen kann man gar nicht genug Aufmerksamkeit schenken. Je nach Einsatzszenario können die Reifen sogar eine Vollfederung ersetzen. „Auf einer winzigen Fläche übertragen sie Bremskraft, Beschleunigungsenergie und kleinster Lenkimpulse“, sagt Thomas Geisler vom Pressedienst Fahrrad, einem Zusammenschluss von über 50 Vereinen, Firmen, Institutionen und Organisationen rund ums Fahrrad. Wissenswertes in fünf Kapiteln.

Thomas Geisler ist Mitarbeiter beim Pressedienst Fahrrad.
Thomas Geisler ist Mitarbeiter beim Pressedienst Fahrrad. © Frank Stefan Kimmel

1. Reifentypen

Am weitesten verbreitet sind laut Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club Drahtreifen, auch Clincher genannt. Ihr Name bezieht sich auf einen Metalldraht, der in den Wulst eingearbeitet ist. Der Draht halte die Karkasse, also das Grundgewebe, auf einer U-förmigen Felge, erklärt Geisler. Dieses Grundgewebe trägt die Gummischicht an der Lauffläche und an den Reifenflanken. Zwischen Gummi und Gewebe befindet sich meist ein Pannenschutzgürtel aus Kevlar oder Spezialkautschuk. „Doch so unplattbar, wie manche Werbung verspricht, sind auch diese Reifen nicht“, betont die Stiftung Warentest. Gegen Stiche oder Risse von der Seite und Verschleißerscheinungen seien die Pneus nicht geschützt.

Schläuche sind unterschiedlich robust: Am häufigsten werden sie aus Butyl, also synthetischem Kautschuk, hergestellt Er hält die Luft besser als Schläuche auf Naturkautschuk (Latex). Schläuche aus Latex sind dafür leichter und haben einen geringeren Rollwiderstand. Während gängige Reifen grundsätzlich einen Schlauch haben, gibt es auch Tubeless-Reifen – mittlerweile beliebt an Mountain- und Gravelbikes. Auch im Radrennsport sind sie im Kommen. Um dicht zu halten, benötigen die Reifen aber spezielle Felgen mit luftdichtem Felgenbett. Das ist teurer. Auch die Montage ist schwieriger. Über das Ventil muss man eine spezielle Dichtmilch einfüllen. Sie verschließt kleinere Risse oder Löcher gleich wieder.

Da biste platt - oder eben nicht: Manche Reifenmodelle sollen etwa durch zusätzliche Einlagen besonders pannensicher sein.
Da biste platt - oder eben nicht: Manche Reifenmodelle sollen etwa durch zusätzliche Einlagen besonders pannensicher sein. © Robert Günther/dpa

Schlauchreifen sind im Alltag weniger anzutreffen. Bei ihnen ist der Schlauch in die Karkasse eingenäht, mit Reifenklebeband wird diese Konstruktion ins Felgenbett eingeklebt. Zum Einsatz kommen sie vorwiegend im Radsport, da sie leichter sind als Drahtreifen. Eine Variante mit separatem Schlauch sind Faltreifen. Auch sie wiegen weniger als Drahtreifen und sind teurer. Dafür kann man sie platzsparend ins Gepäck verstauen, so Geisler.

2: Reifenbreite

Radrennfahrer fahren manchmal mit nur 20 Millimeter schmalen Pneus, obwohl der Trend auch im Radsport zu breiteren Reifen geht. Teils reichen die Breiten an sportlichen Gravelbikes oder komfortablen Alltagsrädern laut Roland Huhn vom ADFC bis zu mehr als 60 Millimeter. Extremreifen von sogenannten Fatbikes sind noch einmal doppelt so breit – für eine optimale Traktion auf losem Grund wie Sand.

3: Reifendruck

„Den richtigen Druck zu finden, ist gerade im sportlichen Bereich eine Wissenschaft für sich“, sagt Geisler. Alltagsradler vernachlässigen ihn oft, obwohl zu schlappe Reifen die Mäntel schnell altern lassen. Die Folge: kleine Risse. „Wer unter dem Minimalwert fährt, schadet dem Reifen, dem Schlauch sowie der Felge und kann schwer stürzen“, erklärt der ADAC. Gegen den Reifenverschleiß hilft regelmäßiges Pumpen. Ist der Druck andererseits dauerhaft zu hoch, kann der Pneu platzen.

Man sollte also nicht erst beim Frühjahrs-Check kontrollieren, ob der Reifen noch stramm genug ist. Auch den Mantel sollte man am besten regelmäßig untersuchen – auf kleine Eindringlinge in der Lauffläche. „Weit verbreitet ist das Gegenteil: Wenige Male im Jahr knallhart aufpumpen und erst wieder an den Reifendruck denken, wenn er weit unter das Minimum abgesunken ist“ sagt ADFC-Mann Huhn.

Auf den Flanken von Fahrradreifen ist der minimal und maximal zulässige Reifendruck als Orientierung angegeben – in den Einheiten bar und psi. Pro Monat kann laut ADAC bis zu ein bar Luft entweichen.

Um den Druck zu messen, geeignet sich eine Standpumpe mit Druckanzeige. Technik-Nerds können auch einen Sensor am Ventil anbringen und so Druck und Reifentemperatur über einen Fahrraddisplay oder eine Smartphone-App im Auge behalten. Eher ungeeignet ist der Daumentest: „Druckunterschiede lassen sich oberhalb von zwei bar kaum fühlen“, sagt Huhn.

Als Grundregel gilt: Je dünner der Reifen, desto höher der Luftdruck. Rennradfahrer fahren auf ebenen Wegen und Asphalt mit bis zu acht bar, um möglichst wenig Rollwiderstand bei optimaler Haftung zu erzielen. Auf Wald-, Feld- oder Kieswegen ist weniger Luft sinnvoll. „Der geringe Druck sorgt für viel Federungskomfort“, so Roland Huhn. Das könne sogar spezielle Federelemente überflüssig machen.

4: Reifenprofil

Die Beschaffenheit des Reifengummis spielt auch eine wichtige Rolle bei Parametern wie Haftung, Rollwiderstand und Grip. Grob unterschieden Experten zwischen Straßenreifen und Geländereifen. Eine Extremform sind profillose Pneus, Slicks genannt. Sie bieten auf fester, glatter Fahrbahn den besten Kompromiss zwischen möglichst guter Haftung und geringem Rollwiderstand. Das Gegenteil davon sind grobstollige Mountainbikereifen. Sie sorgen für Grip auf weichem Untergrund und in Kurven. „Außerdem müssen sie steile Anstiege ohne durchdrehende Hinterräder bewältigen können“, sagt Thomas Geisler.

Grobe Stollen sollen vor allem im Gelände für gute Bodenhaftung sorgen.
Grobe Stollen sollen vor allem im Gelände für gute Bodenhaftung sorgen. © Stefan Weißenborn/dpa

Reifen mit Mischprofil und speziellen Gummis erweitern den Einsatzbereich. Ein Beispiel dafür sind Gravelbikes. Die Rennräder fürs Grobe sollen schnell sein, aber auch auf Schotter Halt bieten. Die Laufflächen ihrer Reifen sind mit reibungsarmen Schuppen oder Lamellen versehen. Das Profil an den Außenkanten sorgt für ein Plus an Traktion – also für mehr Zugkraft. Auch für Reiseräder eigenen sich laut ADFC Reifen mit eher glatten Lauffläche in Kombi mit Seitenstollen besser.

Vorschriften für die Profiltiefe gibt es bei Fahrrädern nicht. Manche Reifen haben aber ein laufrichtungsgebundenes Profil. Ein Pfeil und das Wort „Rotation“ auf der Flanke weisen darauf hin. Um die Performance nicht zu beeinträchtigen, sollte man das bei der Reifenmontage beachten.

5: Winterreifen

Nicht nur für Autos, auch für Fahrräder gibt es Winterreifen. Mit einem entscheidenden Unterschied: Am Bike sind Spikes hierzulande erlaubt – anders als am Kfz. Vor allem auf Eis und fester Schneedecke sollen die kleinen Metallstifte ein Wegrutschen verhindern. „Bei Mindestluftdruck funktioniert das am besten, da so die meisten Spikes gleichzeitig Bodenkontakt haben“, sagt Geisler. Das verkürzt im Zweifel auch manchen Bremsweg. Bei Reifen ohne Pins verbessert der reduzierte Luftdruck ebenfalls die Bodenhaftung. Nachteile von Spikes: Ist die Straße eisfrei, gibt es Fahrgeräusche und der Rollwiderstand steigt. Zudem ist es umständlich, zur Wintersaison neue Reifen aufzuziehen.

Praktischer sollen Reifenüberzieher sein, die sich eine norwegische Firma hat patentieren lassen: Dabei wird eine zweite Außenhaut auf einen Basisreifen per Reißverschluss befestigt. Solche sogenannten Skins gibt es auch für den Wintereinsatz.

Wer das ganze Jahr über Fahrrad fährt, kann sich aber auch für eine gängigere Alternative entscheiden: Ganzjahresreifen. Sie versprechen aufgrund eines speziellen Lamellenprofils und einer weicheren Gummimischung mehr Haftung auch bei Minusgraden. „Normale Fahrradreifen verhärten dagegen bei kälteren Temperaturen, was zu Traktionsverlust führt“, sagt Geisler. Allwetterreifen haben oft auch besseren Pannenschutz – „gerade auf mit Rollsplitt gestreuten Radwegen und Fahrbahnen ein nicht zu unterschätzender Faktor, um einen Platten zu verhindern.“ (dpa)