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Biosaxony feierte den Neujahrsempfang online

Sekt auf dem Bildschirm: Sachsens Verband für Biotechnologie hat über 100 Teilnehmer zusammengeschaltet. Andere wollen das nun auch probieren.

Von Georg Moeritz
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Mit Mikroskop und Zellkultur beschäftigt: Sachsens Verband für Biotechnologie und Medizintechnik musste wegen Corona zwar aufs Sommerfest verzichten. Aber nun gab er einen Neujahrsempfang in Dresden - online.
Mit Mikroskop und Zellkultur beschäftigt: Sachsens Verband für Biotechnologie und Medizintechnik musste wegen Corona zwar aufs Sommerfest verzichten. Aber nun gab er einen Neujahrsempfang in Dresden - online. © momentphoto.de/bonss

Dresden. Kurz vor der Eröffnung zeigt der Bildschirm 68 Teilnehmer an. Dann sind 93 online, als der Vorstandsvorsitzende den Neujahrsempfang eröffnet. Bis auf 110 wächst die Teilnehmerzahl noch durch Nachzügler. Vorstandschef Oliver Uecke freut sich: Der sächsische Verein Biosaxony, der rund 120 Mitglieder aus Biotechnologie und Medizintechnik versammelt, probiert endlich wieder das Netzwerken. Eine Sektflasche wird eingeblendet. Das Sommerfest musste ja leider wegen Corona ausfallen, berichtet Uecke, der hauptberuflich Geschäftsführer der Dresdner Biotechnologiefirma Lipotype GmbH ist.

Die Zuhörer haben ihre Mikrofone abgeschaltet, fast alle auch die Kameras. So bleibt die Übertragung stabil, doch nur wenige Teilnehmer des Online-Neujahrsempfangs sind zu sehen – briefmarkenklein. Biosaxony-Chef Uecke berichtet ihnen, wie Corona den Verband voriges Jahr „in Atem gehalten“ habe. Die Branche erlebte ein Auf und Ab, auch ablesbar an den Aktienkursen.

Doch zur Freude des Verbandschefs wurde die Biotechnologiebranche als „systemrelevant“ erkannt: „Wir konnten helfen.“ Impfungen und Tests zur Eindämmung der Pandemie sind Ergebnisse der Biotechnologie. Uecke erinnert daran, dass sächsische Unternehmen wie Xenon und Norafin voriges Jahr Schutzmasken produzierten, Arevipharma und Verbio stellten Desinfektionsmittel bereit. Auch Kooperationen mit branchenfremden Firmen bringen Entwicklungen voran, sagt Uecke.

Leipzig hofft auf Messe Bio-Europe nächstes Jahr

Biosaxony hat trotz Corona voriges Jahr den Pilotlauf seines Accelerator-Programms abgeschlossen. Dabei bekamen fünf junge Unternehmen Unterstützung. Mentoren halfen ihnen, Geräte oder Software in Verbindung mit Kardiologie zu fertigen Medizinprodukten weiterzuentwickeln.

Geschäftsführer André Hofmann kündigt an, dass Biosaxony sich wieder an Konferenzen beteiligen wird – „ob physisch oder digital, das wird sich zeigen“. Für die Messe Bio-Europe im Oktober in Stockholm will Biosaxony einen Gemeinschaftsstand organisieren. Nächstes Jahr soll diese Messe dann in Leipzig stattfinden, „nach zehn Jahren harter Arbeit“.

Ein guter Neujahrsempfang braucht außer Rückblick des Vorstandschefs und Ausblick des Geschäftsführers auch einen Gastredner: Bei Biosaxony ist das Ingmar Hoerr, Gründer des börsennotierten Tübinger Medizin-Forschungsunternehmens Curevac AG. Hoerr schildert vor der Kamera, wie er Partner und Geldgeber für sein Unternehmen fand – am besten durch persönliche Ansprache von Privatinvestoren. Kein Glück habe er mit Risikokapitalgebern gehabt: Die stellten „blödsinnige Fragen“, und ein angeblicher Business Angel habe sehr plötzlich Geld abgezogen und damit nur Schwierigkeiten gemacht.

Vier sächsische Biotech-Beispiele

Richtiges Netzwerken auf diesem Online-Neujahrsempfang ist nicht möglich, doch Biosaxony gibt neuen Mitgliedern jeweils fünf Minuten Zeit, sich vorzustellen. Sie tun es am Mikrofon und mit eingeblendeten Präsentationen, zum Teil auf Englisch, und halten meistens die Zeit ein. Vier sächsische Beispiele:

Die Bellaseno GmbH in Leipzig arbeitet an einem abbaubaren Ersatz für Silikon-Brustimplantate, die nach Krebs-Operationen helfen können. Geschäftsführer Mohit Chhaya berichtet von einem Gerüst aus Polymer, das nach und nach mit Körperfett des Patienten gefüllt werden soll.

Die DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) betreibt in Dresden ein riesiges Labor: Laut Geschäftsführer Thomas Schäfer gehen täglich mehr als 7.000 Proben zur genetischen Typisierung im DKMS Life Science Lab ein. Die Blutbank DKMS Stem Cell Bank gGmbH in Dresden will im nächsten Jahr auch zum Dienstleister zur Produktion von Arzneimitteln auf Basis von Stammzellen werden. Fast 250.000 Sachsen haben sich laut Schäfer bisher als mögliche Spender für Blutkrebspatienten registrieren lassen, mehr als 1.000 gaben eine Spende ab.

Die Denovo Matrix GmbH entstand 2018 als Ausgründung aus der Technischen Universität Dresden. Geschäftsführer Dejan Husmann berichtet, dass sie Beschichtungen für Stammzellkulturen anbietet. Dank der jeweils ausgewählten Umgebung vermehren sich die Zellen im Labor schneller.

Die Docyet GmbH in Leipzig bietet laut Geschäftsführer Florian Bontrup unter anderem einen Bot, also ein kommunizierendes Computerprogramm. Damit kann ein Patient seine Symptome checken, das kann beispielsweise die Notaufnahme im Krankenhaus vereinfachen. Bontrup betont, die Software sei nicht einfach „Doktor Google“, sondern ein zugelassenes Medizinprodukt in Zusammenarbeit mit Krankenversicherungen.

Handwerkskammer Dresden empfängt auch online

Für nächste Woche hat nun auch die Handwerkskammer Dresden zum Online-Neujahrsempfang eingeladen. Er findet via Livestream am Donnerstag, dem 4. Februar, ab 18 Uhr statt. Unter dem Motto „2021 – #einfachmachen“ dreht sich in einer Podiumsdiskussion alles darum, was Handwerk und Mittelstand vom neuen Jahr erwarten. Präsident Jörg Dittrich und Hauptgeschäftsführer Andreas Brzezinski begrüßen dafür den Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner, den Dresdner Ifo-Ökonomen Joachim Ragnitz sowie die Bäcker- und Konditormeisterin Sarah Gierig. Dort soll es auch kurze Einspielfilme aus dem Handwerk geben.