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Nachzahlungen in Höhe einer Monatsmiete erwartet

Die sächsischen Wohnungsgenossenschaften sehen steigende Betriebskosten und Leerstand als große Probleme. Der Stopp der KfW-Förderung belastet zusätzlich.

Von Niels Heudtlaß
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Vermieter legen steigende Betriebskosten auf die Mieter um. Die erwartet nun Mehrkosten von einer ganzen Monatsmiete oder mehr.
Vermieter legen steigende Betriebskosten auf die Mieter um. Die erwartet nun Mehrkosten von einer ganzen Monatsmiete oder mehr. © dpa-Zentralbild

Dresden. Da kommt einiges auf die Wohnungswirtschaft zu: "Wir rechnen mit hohen Nebenkostennachzahlungen für die Mieter", sagt Mirjam Luserke, Vorstand des Verbands Sächsischer Wohnungsgenossenschaften (VSWG). Je nachdem, womit die Wohnungen beheizt würden, könnten auf die Mieter für das Jahr 2022 Nachzahlungen bis zu 500 Euro zukommen.

Einige Energieversorger stehen aufgrund der gestiegenen Preise von Strom und Gas vor der Insolvenz. Das hat Folgen für die Kunden. Auch die Wohnungsunternehmen, die Energie von diesen Anbietern beziehen, rutschen in die Grundversorgung. Dort müssen den aktuellen Marktpreis zahlen. Der ist nach Angaben des VSWG bei Gas von fünf bis sieben Cent pro Kilowattstunde auf bis zu 20 Cent gestiegen. Auch die Strompreise stiegen laut dem Verband von 24 bis 29 Cent pro Kilowattstunde auf bis zu 40 Cent. Das müsse direkt an die Mieter weitergegeben werden, so Luserke. Sie sieht die steigenden Betriebskosten als größte Herausforderung für die Wohnungsbranche im Jahr 2022.

„Kostenintensive Regularien wie CO2-Preise, Rauchwarnmelder und vor allem die rasant steigenden Energiepreise summieren sich schnell auf Mehrkosten von einer ganzen Monatsmiete oder mehr", ergänzt Sven Winkler, Referent Betriebswirtschaft im VSWG.

Im Verband sind 208 Genossenschaften organisiert. Sie bewirtschaften mit insgesamt 297.724 Wohneinheiten gut 20 Prozent aller Mietwohnungen im Freistaat. Rund eine halbe Million Menschen wohnen darin.

KfW-Förderungsstopp trifft Wohnungsbranche

Die Betriebskosten im Wohnungsbestand sind im vergangenen Jahr nach ersten Hochrechnungen zwar nur geringfügig auf rund 2,25 bis 2,35 Euro pro Quadratmeter gestiegen. "Aber das müsste auch so gehalten werden", sagt Vorstandschefin Luserke. Die Energie- und Sanierungskosten, Regelungen zu den Nebenkosten, Mietpreisbremse und vieles mehr gefährdeten dies massiv. Die politischen Rahmenbedingungen seien unzuverlässig, moniert Luserke.

Der Stopp der KfW-Förderung für energieeffizientes Bauen sei dafür ein Beleg. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte am Montag überraschend angekündigt, dass keine neuen Anträge für Fördermittel der staatlichen Förderbank in der Bundesförderung für effiziente Gebäude gestellt werden können. Nach ersten internen Umfragen seien zehn Verbandsmitglieder massiv davon betroffen, sagt Sven Winkler. Die Folgen des Stopps reichten von gesenkten Energiestandards bis zum Baustopp bei einigen Projekten. Wenn die Förderung nicht wieder aufgenommen werde, könne man den Effekt in spätestens fünf Jahren sehen, so der Referent. Unternehmen müssten eigene Mittel aufwenden, die dann für spätere Projekte fehlten. Zusätzlich habe die Förderung die Kostensteigerung für Mieter durch Betriebskosten abgefedert. Die Neubaumieten würden durch fehlende Förderung steigen, prophezeit Winkler.

Freistaat entschädigt Wohnungseigentümer für Leerstand

Eine weitere "epochale Herausforderung" für die Branche und die Wohngenossenschaften sei der Leerstand, sagt Luserke. Nach Angaben des Verbands wurden im vergangenen Jahr 400 Neubauten durch die Genossenschaften fertiggestellt. 500 Wohnungen wurden abgerissen. Während 2021 noch 95 Prozent der nach Kündigung und Todesfällen freigewordenen Wohnungen vermietet werden konnten, rechne man bis 2023 mit einem Leerstand von rund zehn Prozent, sagt Winkler. In Dresden gab es 2021 einen Leerstand bei den Genossenschaftswohnungen von 2,5 Prozent, in Leipzig waren es 7,1 Prozent. Doch die Zeiten des Rückbaus in Großstädten seien vorbei, sagt der Referent. Vor allem sei der ländliche Raum betroffen.

Auf den Leerstand reagiert nun auch die Staatsregierung. "Für die betroffenen Wohnungseigentümer bedeutet das eine finanzielle Belastung. Darüber hinaus beeinträchtigen leerstehende Wohngebäude oft das Stadtbild, wenn sie nicht gepflegt werden", sagt Thomas Schmidt (CDU), der Minister für Regionalentwicklung. Deswegen stellt Sachsen in diesem Jahr 2,1 Millionen Euro Fördermittel für den Abriss solcher Wohnungen bereit. Gefördert werden Kosten bis zu einer Höhe von 50 Euro je Quadratmeter rückgebauter Wohnfläche. Städte und Gemeinden könnten die Mittel ab sofort bei der Sächsischen Aufbaubank beantragen, teilt das Staatsministerium für Regionalentwicklung mit.

Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Sachsen (VDW) sehe die Fördermittel als positives Signal, sagt der Verbandsdirektor Rainer Seifert. Der VDW vertritt knapp 130 Wohnungsunternehmen, mit über 300.000 Wohnungen. Darunter vor allem kommunale Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Im Programm würden allerdings die Bau- und Entsorgungskosten nicht berücksichtigt. Auch der Ausschluss flexibler Teilrückbau-Lösungen schränke die Möglichkeiten ein, so Seifert.