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Dresden erforscht jetzt im Atom-Labor unter der Stadt den Urknall

In Dresden befindet sich eine der besten Untertageanlagen Deutschlands. Im Felsenkellerlabor für Astrophysik werden exotische Reaktionen von Teilchen provoziert und beobachtet.

Von Stephan Schön
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Hightech tief im Berg. Im Felsenkellerlabor befindet sich dieser Ionenbeschleuniger. Steffen Turkat ist TU-Wissenschaftler und bereitet mit ihm aufwendige Kern-Analysen vor.
Hightech tief im Berg. Im Felsenkellerlabor befindet sich dieser Ionenbeschleuniger. Steffen Turkat ist TU-Wissenschaftler und bereitet mit ihm aufwendige Kern-Analysen vor. © Jürgen Lösel

Dresden. Eine der weltweit besten Anlagen zur Messung von Radioaktivität befindet sich in Dresden. Und dort geht es um die gewaltigsten Vorgänge im Universum: den Urknall, die Neutronensterne und Dunkle Materie.

Nach jahrelangem Aufbau beginnt dort jetzt der Forschungsbetrieb. Das berichten die beiden leitenden Professoren im SZ-Interview, Kai Zuber von der TU Dresden und Daniel Bemmerer vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR).

Das Felsenkellerlabor für Astrophysik besitzt nun deutschlandweit das empfindlichste Messgerät. Dieser Detektor befindet sich zudem in exotischer Lage, Untertage im Felsenkeller mit mehr als 40 Metern Fels darüber. Nur so kann die Höhenstrahlung aus dem All abgehalten werden. Eine vier Tonnen schwere Cave aus Spezialbeton, Blei und Kupfer ist das innere Labor dann. Diese schirmt letztlich die natürliche Radioaktivität des Felsgesteins weitgehend ab.

In Elementen, wie sie ganz am Anfang unseres Universums vorkamen, werden einzelne, und heute nur noch ganz selten vorkommende Kernumwandlungen beobachtet. Damit diese überhaupt in den Daten sichtbar werden, muss der enorme Aufwand mit der Abschirmung betrieben werden. „Es geht um die ganz fundamentalen Dinge dieser Welt“, sagt Daniel Bemmerer.

Zwei Professoren, ein Thema: das Universum, und was es zusammenhält. Prof. Kai Zuber (l.) und Prof. Daniel Bemmerer im Leitstand für den Beschleuniger im Felsenkeller-Labor
Zwei Professoren, ein Thema: das Universum, und was es zusammenhält. Prof. Kai Zuber (l.) und Prof. Daniel Bemmerer im Leitstand für den Beschleuniger im Felsenkeller-Labor © Jürgen Lösel

Letztlich darum, wo kommt das alles her, was uns heute umgibt. Von diesem Universum wissen wir fast nichts, sagt Bemmerer. Nur fünf Prozent des Universums sind uns bekannt. Es die normale Materie wie Sonne, Mond und Sterne, und wir selbst. 70 Prozent sind unbekannte Energie. 25 weitere Prozent sind Dunkle Materie, ein uns unbekannter Stoff. Und den zu finden, dabei könnte das Dresdner Felsenkellerlabor entscheidend mithelfen.

Für all das, den Ausbau des Stollens, den Ionenbeschleuniger, den neuen empfindlichen Detektor und all die Elektronik waren gut drei Millionen Euro nötig. Mit dabei sind auch Elitegelder der TU. Und 20 Jahre Vorarbeit, berichtet Kai Zuber. An die 20 Mitarbeiter arbeiten hier im Felsenkeller nun regelmäßig, die Gästeliste ist international und lang. Die Forschungszeit im Felsenkeller-Labor bleibt allerdings begrenzt und daher begehrt sagt Bemmerer.

Kaum fertig plant der Kernphysiker Kai Zuber schon mehr und weiter. In der Lausitz entsteht das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA), 200 Meter tief im Granit. „So tief unter der Erde, das wäre auch ein idealer Ort für uns“, sagt Zuber. Und hat dazu bereits mit dem Chef vom DZA, Günther Hasinger verhandelt. Der forscht zwar in Görlitz, lehrt aber auch an der TU Dresden. Hasinger und Zuber sind Kollegen, sie planen da schon was.