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Dresdner Forscher spüren die ersten Europäer auf

Viel früher als bisher bekannt war erreichten die ersten Menschen den europäischen Kontinent und lebten hier. Wissenschaftler aus Dresden-Rossendorf haben dies herausgefunden.

Von Stephan Schön
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Die Ausgrabung von Korolewo in der Ukraine ist eine Welterbestätte. Hier gefundene Steinwerkzeuge der Frühmenschen haben Dresdner Forscher nun datiert. Mit einer großen Überraschung am Ende.
Die Ausgrabung von Korolewo in der Ukraine ist eine Welterbestätte. Hier gefundene Steinwerkzeuge der Frühmenschen haben Dresdner Forscher nun datiert. Mit einer großen Überraschung am Ende. © Wikipedia/Ivan Iv Gerhardt

Dresden/Prag. Die ersten Menschen erreichten Europa erheblich früher, als bisher angenommen. Schon vor 1,4 Millionen Jahren kamen sie von Afrika über Asien auf den europäischen Kontinent. Das ist etwa 300.000 Jahre zeitiger, als der bislang früheste Nachweis von Menschen auf diesem Kontinent. Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) haben dies mit einem neuen Datierungsverfahren anhand von Steinen herausgefunden.

Um winzige Mengen der Radionuklide Beryllium-10 und Aluminium-26 in Proben aufzuspüren, nutzen die Rossendorfer Forscher einen Beschleuniger.
Um winzige Mengen der Radionuklide Beryllium-10 und Aluminium-26 in Proben aufzuspüren, nutzen die Rossendorfer Forscher einen Beschleuniger. © HZDR/Oliver Killig

Diese Steinwerkzeuge der Ur-Menschen stammen aus der Ausgrabung Korolewo in der Ukraine. Bereits in den 70-er und 80-er Jahren waren diese Steinwerkzeuge dort gefunden worden. Aber erst jetzt gelang mittels neuartiger mathematischer Modellierung in Verbindung mit angewandter Kernphysik die Datierung. Der große Beschleuniger im Rossendorfer Institut lieferte die entscheidenden Daten.

Wissenschaftler aus fünf Ländern unter Leitung der Tschechischen Akademie der Wissenschaften haben an diesem europäischen Großprojekt mitgearbeitet. Im Fachmagazin Nature berichten sie jetzt über die überraschenden Ergebnisse. Mit diesen neuen Erkenntnissen muss die erste menschliche Besiedlung Europas nun neu geschrieben werden.

Studienleiter Roman Garba von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften steht an der Ausgrabungsstätte bei Korolewo in der Ukraine. Heute existiert nur noch Homo sapiens, einst aber gab es viele andere Hominine, unter anderem Homo erectus.
Studienleiter Roman Garba von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften steht an der Ausgrabungsstätte bei Korolewo in der Ukraine. Heute existiert nur noch Homo sapiens, einst aber gab es viele andere Hominine, unter anderem Homo erectus. © Roman Garba

Vor etwa zwei Millionen Jahren verließ Homo erectus Afrika. Ein anderer Teil der Population blieb indes in Afrika. Dies ist der gemeinsame Vorfahre von uns Neumenschen (Homo sapiens) und den Neandertalern. Von Afrika kommend erreichten die ersten Frühmenschen dann vor etwa 1,8 Millionen Jahren den Nahen Osten und Asien. Von Osten kommend kamen sie vor 1,4 Millionen Jahren in der heutigen Ukraine an. Dieses Gebiet nahe der Grenzen zu Rumänien und Ungarn gilt nun als das nördlichste Siedlungsgebiet des Homo erectus weltweit. Denn von dort zog es ihn wieder nach Süden. Vor etwa 1,1 Millionen Jahren erreichte Homo erectus dann das heutige Spanien.

Erst viel später kamen die Neandertaler nach Europa. Das war vor etwa 300.000 Jahren. Da war Homo erectus schon lange aus Europa verschwunden. Und als letzte kamen schließlich unsere unmittelbaren Vorfahren hier an, die Neumenschen. Erst vor kurzem hatten Leipziger Forscher vom Max-Planck-Institut Eva in einer Höhle in Thüringen nachgewiesen, dass diese Neumenschen bereits vor 45.000 Jahren hier lebten. Eine Zeit lang bewohnten daher Neandertaler und Neumenschen als zwei unterschiedliche Menschenarten gemeinsam den europäischen Kontinent. Sie sind sich begegnet. Und sie hatten auch gemeinsame Nachfahren.