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Hunderte Millionen für die Rossendorfer Forschung

Das Helmholtz-Zentrum will so viel Geld wie noch nie für Wissenschaft in Sachsen investieren. Dabei geht es vor allem um neue Krebsbehandlungen und nachhaltige Energie.

Von Stephan Schön
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Dresdner Forscher arbeiten bei Hamburg in ihrem Extremlabor, das Zustände erzeugt, wie sie im Innern von Sternen herrschen.
Dresdner Forscher arbeiten bei Hamburg in ihrem Extremlabor, das Zustände erzeugt, wie sie im Innern von Sternen herrschen. © European XFEL / Jan Hosan

Dresden. Sachsens größtes Forschungszentrum bekommt neue Themen und braucht neue Geräte. Das Helmholtz-Zentrum Dresden Rossendorf (HZDR) mit seinen 1.400 Mitarbeitern und 40 Professoren hat jetzt seinen Masterplan bis 2030 und darüber hinaus. Wenn dies alles umgesetzt werden kann, dann wird hier Forschungsinfrastruktur im Werte von fast einer halben Milliarde Euro investiert. Das berichtet Institutsdirektor Sebastian M. Schmidt der Sächsischen Zeitung.

An sechs Standorten hat das HZDR Teilinstitute, so auch in Görlitz und Freiberg. Investiert wird überall. Die grundlegenden Voraussetzungen dafür hat die Wissenschaftsorganisation Helmholtz mit ihrer Roadmap gesetzt. Es geht um neuartige Krebsbehandlungen und frühzeitige Tumorerkennung. Es geht um die neue, nachhaltige Energie für Deutschland. Es geht um neue Materialien für Chips und Technik. "Um dies so durchführen zu können, betreiben wir Großgeräte. Einige davon müssen ersetzt werden", sagt Schmidt.

Die dabei wohl größte Investition wäre Dali, eine Terahertzquelle, für 200 Millionen Euro. Mit der kann in die Physik und Chemie lebender Zellen und einzelner Moleküle geschaut werden. "Gutachter haben dazu gesagt, das sei eine Terahertz-Revolution, die wir damit vorhaben." So etwas gibt es weltweit noch nicht. Da könnte Deutschland führend sein. "Viele Forschungseinrichtungen aus dem Dresdner Raum wollen da mitmachen und wollen Dali auch nutzen."

Weltweit gibt es bisher keine solche Anlage. 2024 soll die Entscheidung fallen. Inbetriebnahme ist für 2030 vorgesehen.

Zustände wie im Innern der Sterne

Gemeinsam mit der Universität Rostock soll ein neues Teilinstitut geschaffen werden. Es würde sich dann um das Rossendorfer Extremlabor Hibef bei Hamburg kümmern. Dort wird Materie in Zustände versetzt, wie sie im Innern von Sternen und Planeten herrschen. Die Anwendungen sind dann aber recht irdisch, neue Materialien härter als Diamant zum Beispiel. "Wir haben noch nicht richtig verstanden, warum zum Beispiel das Erdinnere so ist wie es ist. Aber ein ganz wesentlicher Teil des Klimas wird letztlich durch die Wärme, die Thermodynamik und die Kreislaufprozesse im Erdinnern geprägt. Das können wir nun im Labor nachbilden und verstehen."

Eine der kostspieligsten Investitionen soll auch Freiberg bekommen. Im dortigen Ressourceninstitut vom HZDR ist für 66,7 Millionen Euro eine Forschungsfabrik vorgesehen, die Rohstoffe, vor allem Metalle, auf völlig neue Art rückgewinnt. Aus Elektronikschrott sowie Konsum- und Industriegütern sollen Dinge wie Kupfer, Gold, Platin, Seltene Erden automatisch und sortiert herausgeholt werden.

Recycling einer ganz neuen Art

Dieser Trennprozess ist unglaublich kompliziert. Baubeginn ist für 2024 vorgesehen. "So etwas gibt es noch nicht. Der Industrie ist das zu teuer. Aber wir können uns doch nicht hinstellen als grüne Gesellschaft hier und setzen dann dort in Afrika auf Kinderarbeit beim Rohstoffabbau", argumentiert Physikprofessor Sebastian M Schmidt.

Dieses Projekt soll für Deutschland Ressourcen schaffen und Energie sparen. "Das Recycling von Metallen, ist in Deutschland und auch weltweit völlig unterbelichtet. Wenn wir den Energiebedarf herunterfahren wollen, dann müssen Wiederverwertungsprozesse dieser Stoffe eine ganz andere Bedeutung bekommen."

"Es wird künftig weniger Forschung zur Reaktorsicherheit geben, obwohl die Forschung dort von Weltrang ist. Wir wurden hier ziemlich allein gelassen von der Politik. Kaum einer will sich politisch mit diesem Thema gern öffentlich in Verbindung bringen lassen. Da fehlt uns oft die Rückendeckung. Das machen wir so nicht mehr mit", sagt Schmidt. Dafür wird dieses Institut künftig verstärkt erforschen, wie sich radioaktive Stoffe in der Flora und Fauna auswirken.