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Polarlichter über Sachsen in der Nacht zu Dienstag möglich

Die Sonne ist aktiv wie selten. Das macht Polarlichter auch über Deutschland möglich. Am späten Montagabend könnte sich der Blick in den Himmel über Sachsen noch einmal besonders lohnen.

Von Stephan Schön
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Der Leiter der Sternwarte Riesa, Stefan Schwager, hat am  25. September 2023 nachts gegen 1 Uhr diese Polarlichter bei Riesa aufgenommen. Nun besteht dafür erneut eine Chance. Ein Blick in den Abendhimmel lohnt sich heute umso mehr.
Der Leiter der Sternwarte Riesa, Stefan Schwager, hat am 25. September 2023 nachts gegen 1 Uhr diese Polarlichter bei Riesa aufgenommen. Nun besteht dafür erneut eine Chance. Ein Blick in den Abendhimmel lohnt sich heute umso mehr. © Stefan Schwager

Berlin/Dresden. Ein Teilchenstrom jagt von der Sonne auf die Erde zu. Die Folge davon sind heftige Polarlichter. Und dies nicht nur im Hohen Norden, sondern sie reichen mit etwas Glück bis nach Mitteleuropa. Bereits vergangene Nacht hat dafür selbst in Sachsen eine gute Chance bestanden. Hätte. Nur gab es keine Wolkenlücken, sodass die Beobachtung ausfallen musste. Doch nun, in der Nacht zum Dienstag besteht dazu erneut die Chance. Der private Weltraumwetterdienst Spaceweather.com berichtet darüber.

Die App PolarlichtPro geht ebenfalls von heftigen Lichterscheinungen aufgrund der Heftigkeit des Sonnensturms für heute Nacht aus. Wie weit diese nach Süden reichen, ist zum Zeitpunkt der Berechnungen am Montagmittag noch offen. Aufgrund der Sonnenaktivität besteht zumindest eine Chance. SpaceWeatherLive.com erwartet ebenfalls nochmals einen hohen KP-Wert. Ein Indiz dafür, das heftige Lichterscheinungen entstehen können.

Das Auftreffen des Teilchenstroms auf das Erdmagnetfeld der Erde findet bereits seit Sonntag statt. Schon in der Nacht zum Sonntag wurden in Sachsen Polarlichter gesichtet:

Polarlichter über Sachsen: "Leider war gestern nichts zu sehen"

Wenn diese Sonnenteilchen auf die Erde treffen, reagieren sie mit deren Atmosphäre. Es entstehen die faszinierenden Himmelserscheinungen. Die Prognose für das Polarlichtoval im Norden wird im Laufe des Nachmittags stetig präzisiert. Den Berechnungen und Abschätzungen zufolge könnte sich nach 22 Uhr und in die Nacht hinein auch ein Blick in den Himmel über Sachsen lohnen. Der ist zumindest diesmal weitgehend wolkenfrei.

„Nur, Gewissheit gibt es da nicht.“ Weder für die Polarlichtsichtung im Hohen Norden, erst recht nicht für unsere Region, sagt der Leiter der Sternwarte Radebeul Ulf Peschel der SZ. „Leider war gestern nichts zu sehen.“ Und Peschel hofft nun auf heute Abend. Wenn etwas zu sehen sein sollte, dann ist dies eher ein Schimmern als ein Leuchten, wie es aus dem Norden bekannt ist.

Für Fotos hat Ulf Peschel einen Tipp: Die Kamera auf ein Stativ stellen. Dann drei, vier Sekunden belichten. So würde man letztlich ein Polarlicht einfacher als mit bloßem Auge erkennen. „In unseren Breiten wäre dies dann rötlich bis orange-gelb. Im Hohen Norden sind Polarlichter grün.“ Die unterschiedliche Färbung hängt mit der Höhe der Teilchen zusammen. Im Norden können die Sonnenteilchen entlang der Erdmagnetfeldlinien senkrecht viel tiefer in die Atmosphäre eindringen. Dort reagieren die Teilchen mit dem Sauerstoff in etwa 80 bis 100 Kilometern. Das ergibt grünes Licht. Mitunter findet auch eine sichtbare Reaktion mit Stickstoff statt, dann entstehen purpurne Lichter. In unseren Breiten ist das Magnetfeld höher und eher flach. Dann treffen die Teilchen des Sonnenwinds in 140 bis 160 Kilometer auf die Moleküle der Restatmosphäre. „Das ergibt dann rote Polarlichter.“

Die Aktivität ist heute nicht ganz so hoch wie die Nacht davor. Dafür sind die Wolken weitgehend verschwunden. „Was aber heute enorm stören könnte, das ist der Vollmond“, sagt Ulf Peschel. Wenn es Polarlicht über Sachsen geben sollte, dann überstrahlt der Mond dies möglicherweise. „Der stört entscheidend." Die Hoffnung: Der Himmel bleibt wolkenfrei, der Mond steckt aber hinter einer Wolke.

Aktivität der Sonne nimmt stetig zu

Die in Richtung Erde geschleuderten hochenergetischen Teilchen der Sonne sind nicht nur faszinierend schön, sie können den Weltraumwetter-Beobachtern zufolge in hohen Breitengraden aber auch Störungen beim Funkverkehr erzeugen. Für Flugzeuge über der Nordpolarregion werden erhöhte Strahlenwerte erwartet, heißt es bei Spaceweather.com. Im Extremfall kann die Elektronik von Satelliten gestört oder beschädigt werden. Stark schwankende Magnetfelder beeinflussen zudem elektrische Leitungsnetze auf der Erde. Dies wiederum kann zu Überlastungen von Transformatoren führen und großflächige Stromausfälle auslösen. Das ist aber derzeit nicht zu erwarten. In der Vergangenheit war dies jedoch schon vorgekommen.

Auslöser von Sonnenstürmen sind schlagartige Änderungen im Magnetfeld des Sterns. Sie gehen auf eine Art magnetischer Schläuche zurück, die an die Oberfläche durchbrechen können und dort kühle Zonen – die dunklen Sonnenflecken – erzeugen: Treffen außerhalb der Sonne solche Magnetfeld-Schläuche aufeinander, kann es zu einer Art Kurzschluss kommen, wobei große Mengen an Energie freigesetzt werden. Folge ist ein sogenannter koronaler Massenauswurf. Dabei wird elektrisch geladene Materie aus der heißen Sonnenatmosphäre – der Korona – mit hoher Geschwindigkeit ins All hinausgeschleudert.

Ein solcher Massenauswurf braucht in der Regel an die 48 Stunden, um an der Erde anzukommen. Wenn diese Teilchen dann auf das Erdmagnetfeld treffen, führt das zu den Polarlicht-Erscheinungen. Normalerweise sind diese jenseits des Polarkreises am ehesten zu beobachten. Selten wie derzeit dann auch weiter im Süden.

Die Sonne durchlebt einen etwa elf Jahre währenden sogenannten Sonnenfleckenzyklus mit Phasen schwacher und starker Aktivität. Im Minimum können monatelang keine Flecken zu sehen sein, im Maximum Hunderte. Seit Dezember 2019 hatte die Aktivität der Sonne stetig zugenommen. Aktuell befindet sie sich nahe an einem Maximum. „Wir könnten also durchaus in den kommenden Wochen und Monaten immer wieder mal die Chance auf ein Polarlicht bei uns bekommen“, sagt Ulf Peschel. Und das bis in den kommenden Winter noch. (mit dpa)