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Wolf reißt Schaf nahe Kinderspielplatz

Das Tier wurde nahezu vollständig aufgefressen. Die Einwohner von Wölkisch sind besorgt. Ist der Wolf noch da?

Von Jürgen Müller
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Es war ein Wolf, der das Schaf in Wölkisch riss . Zu diesem Ergebnis kamen Experten aufgrund der aufgefundenen Spuren.
Es war ein Wolf, der das Schaf in Wölkisch riss . Zu diesem Ergebnis kamen Experten aufgrund der aufgefundenen Spuren. © Symbolfoto: Stefan Seidel

Diera-Zehren. Im Diera-Zehrener Ortsteil Wölkisch herrschen seit Tagen Unruhe und Aufregung. Der Grund: In der Nacht zum Sonnabend wurde mitten im Ort ein Schaf gerissen. Das Tier wurde fast vollständig aufgefressen. Was die Einwohner besonders beunruhigt: Es geschah in unmittelbarer Nähe eines Kindesspielplatzes. Inzwischen ist eines ziemlich sicher: Für den Schafsriss ist ein Wolf verantwortlich.

Jagdpächter Wolfgang Schneider wurde am Sonnabend kurz nach 9 Uhr zum Ort des Geschehens gerufen. „Es wurde nur eines der vier Schafe gerissen, die anderen konnten weglaufen. Dass das Tier fast vollständig aufgefressen wurde, spricht dafür, dass der Wolf entweder sehr hungrig war oder es sich um mehrere Wölfe handelte“, sagt er. Dass es tatsächlich ein Wolfsriss war, ist für ihn eindeutig: Kehlbiss, die gefundenen Pfotenabdrücke und der Kot lassen keine Zweifel übrig.

Schaf nicht ausreichend geschützt

Die Fachstelle Wolf des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie hat noch am gleichen Tag die Begutachtung vorgenommen. „Die vor Ort vorgefundenen Indizien ließen die Annahme zu, dass der Wolf als Verursacher nicht auszuschließen ist. Wir können bestätigen, dass die Muskelmasse und die Organe des Schafes vollständig genutzt worden sind und im Nachgang auch Vögel wie Raben oder Krähen am Kadaver gefressen haben“, sagt Pressesprecherin Katrin Bernhardt.

 Die Mindestschutzanforderungen nach Sächsischer Wolfsverordnung waren nicht erfüllt. Zu diesen gehören, dass Schaf-, Ziegen- und Gatterwildhalter als Mindestschutz mindestens 90 Zentimeter hohe, stromführende Elektrozäune oder 120 Zentimeter hohe, feste Koppeln aus Maschendraht, Knotengeflecht oder ähnlichem Material, mit festem Bodenabschluss wie Spanndraht, die aufgrund ihrer Bauart ein Durchschlüpfen von Wölfen verhindern,  verwenden müssen.

Nach dem Wolf haben auch Vögel wie Krähen und Raben an dem Kadaver gefressen. 
Nach dem Wolf haben auch Vögel wie Krähen und Raben an dem Kadaver gefressen.  © privat

Laut Wolfgang Schneider hatte der Jagdpächter im angrenzenden Revier Kobeln in der vergangenen Woche einen Wolf gesichtet. Er vermutet, dass es jenes Tier war, das später das Schaf in Wölkisch gerissen hat. Schneiders Söhne, die ebenfalls Jäger sind, waren nach dem Wolfsriss zwei Nächte lang von 23 bis 3 Uhr im Revier, um mit Nachtsichtgeräten nach dem Wolf zu suchen. Fündig wurden sie nicht. 

Was ebenfalls auffiel: Seit dem Wolfsriss wurden im Revier keine Rehe mehr gesehen. Erst am Mittwoch tauchten sie erstmals wieder auf. Wolfgang Schneider geht deshalb davon aus, dass der Wolf oder die Wölfe weitergezogen sein müssen.

Wirklich beruhigen kann das die Einwohner von Wölkisch aber nicht, zumal es nicht die erste Wolfssichtung in der Gegend war. „Ich habe erst im vergangenen Jahr hier einen Wolf gesehen. Er ist über die B 6 gelaufen“, sagt ein Wölkischer, der nicht genannt werden will. 

Im Dezember 2013 gab es auf der B 6 in Zehren, also ganz in der Nähe, einen schweren Verkehrsunfall, bei dem eine 39-jährige Frau und ein 24-jähriger Mann schwer verletzt wurden und neun Pferde starben. Die Pferde befanden sich auf einer Koppel, wurden aufgescheucht und liefen in Panik auf die Straße. Auslöser soll ebenfalls ein Wolf gewesen sein. Jedenfalls fanden Gutachter nahe der Unfallstelle Spuren wie Pfotenabdrücke und Kot, die auf einen Wolf hindeuteten.

Fütterung kann zum Problem werden

Doch laut Umweltamt besteht kein Grund zur Sorge. Besondere Schutzmaßnahmen müssten durch diesen Vorfall nicht ergriffen werden, so Pressesprecherin Bernhardt. Von einem wildlebenden Wolf gehe in der Regel keine Gefahr für Menschen aus, sie zählten nicht zu seiner natürlichen Beute. Wölfe mieden Begegnungen mit Menschen, reagierten mit äußerster Vorsicht auf sie und seien normalerweise nicht aggressiv.

Berichte, über Angriffe aus früheren Jahrhunderten, ließen sich zum größten Teil auf tollwütige Wölfe zurückführen. Deutschland sei durch das Ausbringen von Impfködern seit 2008, Brandenburg bereits seit 2000 und Sachsen seit 2004 tollwutfrei.

 „Die instinktive Vorsicht, die Wölfe vor Menschen haben, kann jedoch verlorengehen, wenn die Tiere, zum Beispiel über lange Zeit gezielt angefüttert werden. Eine daraus resultierende Gewöhnung kann zu problematischem Verhalten führen“, sagt sie. Bisher sei in Sachsen kein Fall von einem aufdringlichen oder aggressiven Wolf bekannt geworden.

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