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Funkturm-Streit wird Fall fürs Fernsehen

In Zeithain hatten Anwohner den Bau eines geplanten Mastes mit parkenden Autos blockiert. Das interessiert nun auch den MDR.

Von Christoph Scharf
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Protest im Blickpunkt: Anwohner von der Langenberger Straße in Zeithain wollen keinen 40-Meter-Mast direkt vor ihrem Haus haben - und setzen dabei auch auf die Öffentlichkeit.
Protest im Blickpunkt: Anwohner von der Langenberger Straße in Zeithain wollen keinen 40-Meter-Mast direkt vor ihrem Haus haben - und setzen dabei auch auf die Öffentlichkeit. © Sebastian Schultz

Zeithain. Ein Kamerateam ist angerückt, der Bürgermeister und künftige Landrat ist da, eine Vertreterin des Kreis-Bauamts, der Technik-Dezernent - und aufgebrachte Anwohner ohnehin. Nur der Anlass des ganzen Treffens fehlt: ein Vertreter des Unternehmens Deutsche Funkturm. Dessen Projekt, einen 40-Meter-Mast in unmittelbarer Nähe einer Eigenheimsiedlung zu errichten, bewegt seit Wochen die Nachbarschaft.

99 Widersprüche waren beim Landratsamt eingegangen. Zuletzt hatten Anwohner mit geschickt im Zickzack geparkten Autos verhindert, dass auf der einzigen Zufahrtsstraße zum geplanten Mast-Standort zwei Autokräne anrollen konnten. Weil sie dabei die vorgeschriebene Mindest-Fahrbahnbreite einhielten, hatte die Gemeinde die Fahrzeuge auch nicht abschleppen lassen.

Mit Sprüchen auf der Fahrbahn der Sackgasse protestieren Zeithainer gegen das Bauprojekt in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft an der Langenberger Straße.
Mit Sprüchen auf der Fahrbahn der Sackgasse protestieren Zeithainer gegen das Bauprojekt in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft an der Langenberger Straße. © Sebastian Schultz

Der kreative Protest verzögerte zwar den Weiterbau um einige Wochen. Verhindert es ihn aber auch? Bislang ist von dem Mast nur das Fundament vorhanden, auf einem telekomeigenen Grundstück direkt neben einem Technikgebäude des Konzerns. Die Anwohner fürchten nun, dass die Telekom-Tochter Deutsche Funkturm Fakten schafft - ehe ihre Widersprüche beim Landratsamt und vor Gericht bearbeitet und entschieden sind.

Tatsächlich besitzt das Bonner Unternehmen eine gültige Baugenehmigung, weil die eingelegten Beschwerden baurechtlich keine aufschiebende Wirkung haben.  "Wir prüfen Ihre Widersprüche derzeit", sagt Landkreis-Dezernent Andreas Herr in Richtung der Anwohner. Vorrangig würden die Anträge bearbeitet, die eine baurechtlich aufschiebende Wirkung hätten. Und man arbeite auch dem Gericht zu, wo ein Antrag gelandet sei und als Dringlichkeits-Sache bearbeitet werde.

Problematisch dabei: Um die Standortfrage geht es bei diesem Verfahrensstand schon gar nicht mehr - lediglich darum, ob sich der geplante Funkmast mit den geltenden Regeln verträgt. Über den Standort hätte man schon auf Ebene der Gemeinde reden müssen. 

Die Deutsche Funkturm hatte im Zeithainer Rathaus zwar angefragt, ob sie in einem bestimmten Gebiet ein kommunales Grundstück besitze. Allerdings sei die Anfrage bewusst unklar gehalten gewesen, beschweren sich Anwohner: So hätte man im Rathaus gar nicht rechtzeitig bemerkt, dass es hier um den geplanten Bau eines Funkmastes ging. "Das war kein Zufall", sagt ein Anwohner. "Warum man das so unsauber formuliert, hätte ich die Vertreter des Unternehmens gern selbst gefragt."

Viel ist vom geplanten 40-Meter-Mast noch nicht zu sehen - fast nur ein neuer Anschlusskasten. Allerdings wurde schon eine mehrere Meter lange Stahlröhre als Fundament eingerammt.
Viel ist vom geplanten 40-Meter-Mast noch nicht zu sehen - fast nur ein neuer Anschlusskasten. Allerdings wurde schon eine mehrere Meter lange Stahlröhre als Fundament eingerammt. © Sebastian Schultz

Die Deutsche Funkturm hatte den Vor-Ort-Treff am Montag ursprünglich selbst vorgeschlagen, aber dann doch abgesagt. Nach Informationen von sächsische.de lag das daran, dass nicht nur die Presse, sondern auch das Fernsehen Interesse an dem Thema bekundet hatten. Demnach hätten die vorgesehenen Mitarbeiter keine Genehmigung, sich gegenüber der Presse zu äußern.

Von der Deutschen Funkturm heißt es auf Anfrage, man schließe die Presse nicht von einer Informationsveranstaltung aus. "Den ursprünglich geplanten Termin direkt am Mobilfunkmast konnten wir aufgrund der jüngsten Entwicklungen in der Form nicht durchführen", teilt Sprecher Benedikt Albers mit. Man wolle aber nach wie vor im Dialog bleiben und stimme mit der Gemeinde "geeignete Rahmenbedingungen" ab.

Am Standort aber, so hatte das Unternehmen bereits Ende September mitgeteilt, lasse man nicht rütteln. Die bauvorbereitenden Maßnahmen für den Mast seien abgeschlossen, die Bauarbeiten selbst werde man in den nächsten Wochen abschließen.

Zu einem neuen Versuch werden die Autokräne wohl schon in der nächsten Woche anrollen: "Für den Zeitraum 21. bis 23. Oktober liegt uns ein Antrag auf ein neues Parkverbot vor", sagt Zeithains Bürgermeister Ralf Hänsel (parteilos), der gerade erst zum neuen Landrat gewählt wurde, das Amt aber noch nicht angetreten hat. Dieses Mal werde das Parkverbot die gesamte Zufahrtsstraße umfassen, sodass sie sich kein zweites Mal legal von parkenden Autos blockieren lasse.

Auch Hänsel selbst findet den Mast-Standort in direkter Nähe der Wohnhäuser nicht ideal. Man müsse sich aber an geltendes Recht halten. "Wenn wir formal zulässige Genehmigungen verzögern oder gar nicht erteilen, machen wir als Gemeinde nur schadensersatzpflichtig."

Schadensersatz-Ansprüche machen jetzt aber die Eigentümer der beiden Einfamilienhäuser gegenüber des Funkmast-Bauplatzes geltend: In einem Wohnhaus und einem Garagenanbau gibt es Risse, die beim Einrammen des stählernen Gründungsrohres für den Mast entstanden seien. Die Zeithainer Gemeindeverwaltung hat die Risse fotografisch dokumentiert und an die Deutsche Funkturm gesandt, dort seien sie an die Versicherung übergeben worden.

Den Bau verhindern dürfte das allerdings nicht, sagt Bürgermeister Hänsel. "Das eine sind zivilrechtliche Schadensersatzforderungen, das andere Fragen des Baurechts", so der künftige Landrat. Zeithains Vize-Bürgermeister Dieter Wamser (BIG) spricht beim Funkturm-Projekt gar von "Bürger-Verarsche". "Bei so was ist eine Standortpolitik nötig, die nicht nur die Belange der Technik berücksichtigt, sondern auch die Belange der Bürger. Die wurden hier einfach ignoriert."

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