Zittau sichert nächstes marodes Innenstadthaus - und hat die nächsten im Blick
Ein Gerüst steht an der Fassade, ein Zaun versperrt den Zugang zur Baustelle an der Böhmischen Straße 30 in Zittau. "Das Haus war bisher ein Sorgenkind", sagt Robert Reinhold vom Referat Hochbau der Stadt Zittau, die Eigentümer des leerstehenden Objekts ist. Eines, das sie seit Oktober unter seiner Betreuung notsichern lässt - wieder einmal. Zuletzt hat die Stadt dort 2013 handeln müssen. Im Zuge der Sanierung des Nachbarhauses mit der Nummer 32 war eine Brandwand zu errichten. Zudem kamen Anker an die Vorder- und Rückseite des Gebäudes, um ein Kippen der Fassade zu verhindern. Und die Fenster erhielten Holzrahmen, damit die Simse nicht abfallen.
Nun musste ein neuer Dachstuhl eingezogen werden. "Der alte war zu marode zum Retten und entsprach nicht mehr den Anforderungen", erklärt der Verantwortliche des Projekts. Auch die Decken sind nach seinen Angaben teilweise verfault und durchgebrochen gewesen, was einen Austausch erforderlich machte. Im Dachgeschoss ließ die Stadt eine neue Wand hochziehen, weil die Ziegel an der Stelle "zerfroren" waren. Die muss noch verputzt werden. Ebenso ist das Dach fertig zu decken, damit das Haus künftig trocken steht. Und durch das Mauerwerk ziehen sich noch Risse, die in den nächsten Wochen verpresst werden. Bis Ende März soll die Notsicherung beendet sein.
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Der Grund: Ab April geht die Sanierung der Böhmischen Straße weiter. In Vorbereitung der Baustelle prüfte ein Gutachter sämtliche Gebäude auf vorhandene Schäden. Erhebliche stellte er in der Nummer 30 fest, wodurch die Standsicherheit gefährdet ist. Wegen der dieses Jahr vor dem Haus laufenden Tiefbauarbeiten meldete der Gutachter Bedenken an. Deshalb entschied die Stadt, sofort eine Notsicherung vorzunehmen und ließ ein Konzept erarbeiten. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 350.000 Euro, die zu etwa einem Drittel gefördert werden.
Die zehn Entwicklungsquartiere
Der Zuschuss stammt aus dem Städtebau-Programm und sollte ursprünglich in die Sicherung der maroden Gebäude an der Hochwaldstraße 19 sowie 21 fließen. Der Haken dabei: Eigentümer Benjamin Pfefferkorn hätte die Häuser bei den in Aussicht gestellten 200 Euro pro Quadratmeter innerhalb von fünf Jahren modernisieren müssen, sonst wären die Mittel zurückzuzahlen gewesen. Nach seiner Berechnung ist in dem Fall mit Kosten von 2.000 bis 3.000 Euro pro Quadratmeter zu rechnen. "Dieses Zauberwerk kann ich als Privater nicht leisten", meint der Architekt mit Blick auf die Schäden "aus jahrzehntelanger Vernachlässigung". Dennoch will er die Objekte an "städtebaulich wichtiger Stelle" erhalten und nun in Minimalschritten sichern. Das gilt auch für das Külzufer 17, das ebenfalls ihm gehört. Gleichzeitig müsse gemeinsam überlegt werden, wer die "Modernisierung" finanzieren könne, sagt er. Benjamin Pfefferkorn entwickelt dazu gerade ein Gesamtkonzept und hofft, bis Sommer Ideen präsentieren zu können.
Die Böhmische Straße 30 sowie die Hochwaldstraße 19 und 21 gehören auch zu zwei Quartieren, welche die Zittauer Stadtentwicklungsgesellschaft getreu ihrem Namen mit voranbringen will. Insgesamt hat sie zehn in und um das Zentrum ausgemacht. "Ausgesucht nach Dringlichkeit", sagt Geschäftsführerin Susanne Mannschott und meint Objekte oder Ensembles, die sich bisher negativ aufs Stadtbild auswirken oder wo gar eine Gefährdung droht. Und die, die Eigentümer nicht - allein - entwickeln wollen oder können. Dazu gehören unter anderem die Fleischbänke an der Reichenberger Straße, das ehemalige Gefängnis an der Lessingstraße, die alte Stempelfabrik an der Zirkusallee, aber auch ein Großteil der Gebäude links und rechts des Justgässchens sowie zwischen Neustadt, Schul- und Brüderstraße. Seit Januar ist ein Ingenieurbüro damit beauftragt, eine Bestandsanalyse zu erstellen und darauf aufbauend Nutzungsperspektiven zu zeigen. Dazu sind auch Wettbewerbe geplant. Bis zum Frühjahr 2025 sollen die Ergebnisse vorliegen.
Das Haus an der Böhmischen Straße 30 will die Stadt verkaufen, denn sie hat keine Verwendung dafür. Doch bislang fand sich niemand, zumal auch das im Privatbesitz befindliche Nachbargebäude mit der Nummer 28 unsaniert ist. Das macht die spätere Vermarktung schwierig, weshalb sich laut Susanne Mannschott eine gemeinsame Entwicklung anbietet. "Es braucht schon einen Liebhaber", sagt Robert Reinhold zum Kauf der Böhmischen 30. Eine Sanierung schließt die Stadt aus und wird im schlimmsten Fall die Fördermittel für die Notsicherung in fünf Jahren zurückzuzahlen. Aber bis dahin hat Zittau erstmal Zeit gewonnen, einen neuen Eigentümer zu finden.