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Hochwaldbaude: Großbaustelle bei laufendem Betrieb

Die Sanierung des höchstgelegenen Gebäudes im Zittauer Gebirge ist eine riesige Herausforderung für Bauleute und Baudenwirt. Und so geht es jetzt weiter.

Von Jana Ulbrich
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Torsten Scholz von der Gerüstbaufirma Berger aus Markersdorf hatte noch nie einen höheren Arbeitsplatz. Die Hochwaldbaude in Oybin ist das höchstgelegene Gebäude im Zittauer Gebirge.
Torsten Scholz von der Gerüstbaufirma Berger aus Markersdorf hatte noch nie einen höheren Arbeitsplatz. Die Hochwaldbaude in Oybin ist das höchstgelegene Gebäude im Zittauer Gebirge. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Ganz oben auf dem Oybiner Hochwald dreht sich ein riesengroßer Kran. Da staunen nicht nur die Wanderer. "Ich hätte nicht geglaubt, dass sie den hier raufkriegen", sagt Baudenwirt Torsten Grundmann. Der einzige befahrbare Weg auf den Hochwald ist zwar asphaltiert, aber schmal, kurvig und steil. Die Bauleute schmunzeln: "Hinten auf dem Anhänger, ganz langsam, das ging", erklären sie. Das viele Baumaterial auf den zweithöchsten Berg des Zittauer Gebirges zu bekommen und dann auch noch ganz hinauf bis zur Baude, die hoch oben auf dem Gipfel thront, das ist nur eine der täglichen Herausforderungen für die Männer vom Bau und den Wirt, der die Hochwaldbaude quasi rund um die Uhr offen hält - egal, was rundherum gerade passiert.

An diesem Tag sind es die Gerüstbauer der Firma Berger aus Markersdorf, die das riesige Gerüst um die große Baude noch weiter aufstocken. Nächste Woche kommen die Dachdecker, sagt Gerüstbauer Torsten Scholz, der noch nie einen höheren Arbeitsplatz hatte. An dieser Baustelle hier oben ist alles riesig - von der mehr als 400 Quadratmeter großen Dachfläche über die meterdicken Grundmauern bis hin zu den Phonolith-Brocken unterm Küchenfußboden. "Die mussten wir alle erstmal rausholen, ehe wir die neue Abwasserleitung legen konnten", erzählt Wirt Torsten Grundmann.

Die große Baude auf dem Hochwald in Oybin ist eingerüstet. Nächste Woche kommen die Dachdecker.
Die große Baude auf dem Hochwald in Oybin ist eingerüstet. Nächste Woche kommen die Dachdecker. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Trotz laufender Bauarbeiten ist die Hochwaldbaude jeden Tag ab 10 Uhr geöffnet - auch wenn es manchmal Einschränkungen gibt.
Trotz laufender Bauarbeiten ist die Hochwaldbaude jeden Tag ab 10 Uhr geöffnet - auch wenn es manchmal Einschränkungen gibt. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Diesen Berg Phonolith-Gestein mussten die Bauleute aus dem Boden unter der Küche holen, ehe die neue Abwasserleitung verlegt werden konnte.
Diesen Berg Phonolith-Gestein mussten die Bauleute aus dem Boden unter der Küche holen, ehe die neue Abwasserleitung verlegt werden konnte. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Der Wirt steht am Zapfhahn. Die Baude ist wie immer gut besucht, die Obstknödel mit Heidelbeeren sind der Renner. Der halbe Liter Bier, den Torsten Grundmann gerade zapft, kostet jetzt fünf Euro. Über die riesigen Kosten dieser Grundsanierung will der Wirt am liebsten gar nicht reden. Alleine schon die Stromkosten, die gerade explodieren. Nicht alle Gäste hier oben akzeptieren, dass das Bier jetzt fünf Euro kostet. In den Bauden rundherum ist es günstiger. "Aber irgendwie muss ich die gestiegenen Kosten umlegen", sagt Grundmann, "sonst können wir hier zumachen."

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Aber gerade das will der Wirt um keinen Preis. Trotz dieser gewaltigen Baumaßnahme und der damit verbundenen Einschränkungen für Küche und Gäste, ist die Oybiner Hochwaldbaude täglich ab 10 Uhr geöffnet. Torsten Grundmann gönnt sich keinen Ruhetag. Und wenn wie vorgestern abends um halb zehn unangekündigt drei Wanderer vor der Tür stehen, dann macht er ihnen freilich noch ein Bett für die Nacht zurecht. Auch wenn das alles derzeit ein bisschen provisorisch ist und die Gäste damit rechnen müssen, am Morgen vom Baulärm geweckt zu werden.

Hochwaldbaude drohte abzurutschen

Die grundhafte Sanierung der Hochwaldbaude ist lange überfällig und dringend nötig: Die Grundmauern, die das Gebäude tragen, waren instabil geworden, weil durch Baufehler in der Vergangenheit jahrzehntelang ungehindert Wasser in den Baugrund dringen konnte. So hatten sich Unterspülungen, Ausspülungen und Hohlräume gebildet, die dringend verdichtet werden mussten. Die Baude drohte abzurutschen. In einem aufwendigen Verfahren haben Mitarbeiter der Spezialbau-Firma Kühnapfel aus Liegau-Augustusbad das inzwischen geschafft.

Jetzt geht es mit der Dachsanierung weiter. Statt der Holzschindeln wird die Hochwaldbaude ein Dach aus Stehfalz-Blech bekommen, wie es für Bergbauden, vor allem auch in Tschechien, weit verbreitet und üblich ist. Eigentlich sollten die Dachdecker schon im Frühjahr anrücken. Doch die Stadt Zittau, auf deren Grund und Boden die Baude steht, musste die Ausschreibung wiederholen, weil beim ersten Mal kein annehmbares Angebot abgegeben wurde. Erst im zweiten Anlauf ist es nun die Löbauer Firma NH-Bedachung, die das schwierige Projekt angehen wird.

Wetterstation Hochwald vorübergehend außer Betrieb

Die Stadt Zittau und Erbpächter Grundmann stemmen die Sanierung der Baude gemeinsam. Rund eine Million Euro waren geplant - zu 80 Prozent gefördert mit Geld aus dem Vermögen der ehemaligen DDR-Staatspartei SED. Doch inzwischen ist klar, dass die Million nicht reichen wird. "Wegen der gestiegenen Baukosten haben wir das Projekt abspecken müssen und können nicht mehr alles umsetzen, was wir eigentlich geplant hatten", sagt Robert Reinhold vom Zittauer Hochbau-Referat. So müssen beispielsweise die Fenster in der historischen Veranda erst einmal unsaniert bleiben.

Die Kachelmann-Wetterstation auf dem Baudendach ist vorerst außer Betrieb. Torsten Grundmann hat die Messgeräte am Morgen abgebaut und gut verwahrt. Wenn das Dach neu gedeckt ist, wird die Station wieder installiert, versichert der Wirt. Denn die Messwerte vom Hochwald werden oft erwähnt in den Wetterberichten der Meteomedia-Gruppe im MDR-Fernsehen und im Internet. "Vor allem der Wind weht ja hier oben oft in Orkanstärke", weiß Torsten Grundmann, der die Erbpacht der Baude von seinem Vater übernommen hat und hier oben aufgewachsen ist. Hoffentlich erleben das die Dachdecker nicht.