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Hochschule: Görlitzer Erweiterungsbau klar, Zittau kurz vor der Entscheidung

Lehre und Forschung sollen an beiden Standorten enger zusammenrücken. Die Zeit drängt, weil die Substanz einiger Gebäude immer schlechter wird. So ist der Stand.

Von Frank-Uwe Michel
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Der Blick vom Fraunhofer-Institut auf die Hochschule in Zittau dürfte demnächst ein anderer werden. Auf dem Gelände des weggerissenen "Klugscheißer-Aquariums" wird ein Neubau entstehen.
Der Blick vom Fraunhofer-Institut auf die Hochschule in Zittau dürfte demnächst ein anderer werden. Auf dem Gelände des weggerissenen "Klugscheißer-Aquariums" wird ein Neubau entstehen. © Matthias Weber/photoweber.de

Prof. Alexander Kratzsch ist ein positiv denkender Mensch. Es stört ihn, dass in aufgeregten Zeiten wie diesen oft negative Nachrichten ganz oben stehen. Das Gute komme viel zu kurz, meint der Rektor der Hochschule Zittau/Görlitz. Deshalb will er den aktuellen Stand bei den Neubauprojekten an beiden Standorten auch mit einem "Daumen nach oben" verkaufen. "Alle Seiten ziehen an einem Strang. Dass wir in Deutschland an Bürokratie gebunden sind, kennen wir ja. Und es ist leider nicht zu ändern."

Bei genauem Hinsehen ist noch nicht alles positiv, was Kratzsch und sein Dezernent für Technik und Gebäudemanagement, Ralf Ulbrich, in Sachen Bauprojekte zu berichten haben. Allerdings gibt es Fortschritte. Die betreffen vor allem die Neißestadt. Schon seit Längerem hatte sich der Freistaat um das Gebäude Brückenstraße 10 bemüht, wollte es unbedingt kaufen. Das ist gelungen. Mitte 2022 ist die früher hier ansässige Softwarefirma Expleo ausgezogen - und der Weg für das Umbau- und Erweiterungsvorhaben zugunsten der Hochschule damit faktisch frei.

Das ist das Gebäude auf der Görlitzer Brückenstraße, das die Hochschule erworben hat und ausbauen wird. Früher war es der Sitz der Softwarefirma SQS, die sich später in Expleo umbenannte.
Das ist das Gebäude auf der Görlitzer Brückenstraße, das die Hochschule erworben hat und ausbauen wird. Früher war es der Sitz der Softwarefirma SQS, die sich später in Expleo umbenannte. ©  Archivfoto: Nikolai Schmidt

Das Objekt soll Teil einer Wissenschaftsmeile werden, die sich am Ufer der Neiße vom früheren Kondensatorenwerk auf der Uferstraße bis hinauf zur ehemaligen II. Medizinischen Klinik an der Dr.-Kahlbaum-Allee erstreckt, in dem das neue Großforschungszentrum seinen Sitz haben wird. Die Hochschule wird mit dem bisherigen Expleo-Gebäude räumlich noch einmal deutlich wachsen.

Wie es dort weitergeht, steht seit einem Termin in der Vorwoche inzwischen fest. Vertreter des Wissenschaftsministeriums, des für das Bauvorhaben zuständigen Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB), der Hochschule und der Stadt waren sich einig, dass mit dem Objekt bald etwas geschehen muss. "Wir sind froh, dass in diesem Jahr die Planung für die Aufstockung eines Teils des Gebäudes erfolgt", so Kratzsch. Ebenfalls noch 2024 sollen die Gewerke ausgeschrieben werden, konkrete Bauarbeiten dürften dann 2025 beginnen, schätzt Ulbrich ein. Die dafür notwendigen drei Millionen Euro seien sicher.

Vorgesehen ist zudem ein Anbau an das Bestandsgebäude. Dessen Umsetzung schließt sich an die erste Bauphase an. Wie er genau aussehen soll und was er kosten wird, muss die Planung zeigen. Die Finanzierung, so der Rektor, wird in den Doppelhaushalt 2025/26 eingeordnet - je nachdem, mit welcher Priorität der Freistaat das Projekt nach der Landtagswahl weiter verfolgt. Geht alles wie jetzt angedacht voran, könnte der Anbau ab 2027 entstehen. Insgesamt gewinnt die Hochschule damit 2.250 Quadratmeter - 1.250 im Bestandsgebäude, 250 durch die Aufstockung und 750 im künftigen Anbau. Davon profitieren werden die Studiengänge Management und Kulturwissenschaften.

Noch nicht ganz so klar ist das Zeitmanagement der Neubauprojekte in Zittau. Negativ bewerten will das Prof. Kratzsch aber nicht. "Wir haben gute Vorarbeit geleistet, alle Seiten sprechen miteinander." Darüber hinaus hätten die technischen Fakultäten, die es betreffe, schon genaue Vorstellungen, wie die künftigen Einrichtungen und Labore aussehen sollen. Zudem müsse man sehen, dass 14 Hochschulen im Freistaat ihre Projekte mit ähnlichem Hochdruck vorantreiben. "Ich weiß zum Beispiel aus Zwickau und Mittweida, dass dort ebenfalls große Herausforderungen zu lösen sind."

Hintenan stellen will Alexander Kratzsch die Zittauer Bauprojekte deshalb aber nicht. Im Gegenteil: "Im Februar oder März, auf jeden Fall noch im Frühjahr, wird es hier ein ähnliches Treffen wie kürzlich in Görlitz geben. Dann müssen wir festzurren, wie, wann und mit welchem Geld es in den nächsten Jahren vorangehen kann." Schon längere Zeit steht fest, dass zwei neue Laborgebäude gebaut werden müssen, weil die aktuellen Häuser VI (am Külzufer) und VII (am Schwenninger Weg) mit den dortigen Nebengebäuden außer Dienst genommen werden sollen. Damit würden rund 12.700 Quadratmeter Labor-, Lehr- und Bürofläche fehlen.

Das marode Haus zwischen dem Hochschul-Altbau und den neuen Gebäuden am Stadtring muss perspektivisch abgerissen werden. Der bauliche Zustand ist schon jetzt bedenklich.
Das marode Haus zwischen dem Hochschul-Altbau und den neuen Gebäuden am Stadtring muss perspektivisch abgerissen werden. Der bauliche Zustand ist schon jetzt bedenklich. © Matthias Weber/photoweber.de

"Als Ersatz beantragt haben wir 10.582 Quadratmeter", sagt Ralf Ulbrich. "Die sind aber nicht komplett in einem Gebäude unterzubringen." Aktuell gebe es ein Tauziehen um notwendige Größen. "Ist das beendet, entscheidet das SIB, in welchen Bauformen der Bedarf gedeckt werden kann." Das Diffizile dabei: Auch das zur TU Dresden gehörende Internationale Hochschulinstitut (IHI) muss mit in den Campus eingeordnet werden. An verschiedenen Standorten in Zittau hat es jetzt rund 2.500 Quadratmeter zur Verfügung.

Noch nicht ganz klar ist, ob die neuen Gebäude ausschließlich auf der Fläche des früheren "Klugscheißer-Aquariums" und dem angrenzenden Areal am Stadtring entstehen oder auch der Standort an der Hochwaldstraße gegenüber dem Hauptgebäude - auf der Lautex-Brache - genutzt werden soll. Vieles spricht dafür, dass die erste Wahl auf das Gelände zwischen Hochschule und Fraunhofer-Institut fällt. Die beiden dort noch stehenden älteren Häuser befinden sich bereits im Eigentum des Freistaates. Weil sie so marode sind, müssen sie dringend abgerissen werden.

Mit den geplanten Neubauten soll der Campus der Hochschule in Zittau noch mehr verdichtet werden. Das bringt Vorteile für den Hochschulbetrieb, aber auch für die Studenten mit sich.
Mit den geplanten Neubauten soll der Campus der Hochschule in Zittau noch mehr verdichtet werden. Das bringt Vorteile für den Hochschulbetrieb, aber auch für die Studenten mit sich. © Matthias Weber/photoweber.de

"Die Zeit drängt", das ist dem Rektor völlig klar. Nicht nur wegen der Konzentration von Forschung und Lehre an einem zentralen Standort, sondern auch wegen der Zittauer Bewerbung für die Landesgartenschau Anfang der 2030er-Jahre. Mit dem Projekt "Green Zitty 2032+" will sich die Stadt im Dreiländereck nachhaltig für den Klimawandel in Stellung bringen. Angedacht sind unter anderem Bauprozesse und -verfahren, die möglichst auch bei den Ergänzungsbauten des Hochschulcampus berücksichtigt werden sollen.