SZ + Zittau
Merken

Nach Kabelklau: Bis März kein Zug von Zittau nach Görlitz

Nicht zum ersten Mal haben Diebe den Zugverkehr über die Neißebrücke in Hirschfelde komplett lahmgelegt. Hilft jetzt ein geheimer Plan?

Von Jana Ulbrich
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Vor-Ort-Begehung von Mitarbeitern der Deutschen Bahn und der Bundespolizei an der Neißetal-Bahnbrücke in Hirschfelde: Nach erneutem Kabeldiebstahl musste der Zugverkehr auf der Strecke eingestellt werden.
Vor-Ort-Begehung von Mitarbeitern der Deutschen Bahn und der Bundespolizei an der Neißetal-Bahnbrücke in Hirschfelde: Nach erneutem Kabeldiebstahl musste der Zugverkehr auf der Strecke eingestellt werden. © Matthias Weber/photoweber.de

Es ist wieder ein unglaublicher Schaden entstanden vorige Woche an der Grenz-Bahnbrücke über die Neiße in Hirschfelde: dreiste Diebe flexen die Widerlager auf beiden Seiten der Brücke auf. Sie wollen an das Kupferkabel gelangen, das unter der stählernen Brücke entlangführt. Mit einer Eisensäge, die Polizeibeamte später im Gebüsch finden, durchtrennen sie auf beiden Seiten das Kabel und ziehen es - wahrscheinlich mit einem Fahrzeug - auf der polnischen Seite heraus.

Es sind über 30 Meter Kupferkabel, die die Diebe mitgehen lassen - mehr als 300 Kilogramm Kupfer. Der Zugverkehr auf der Strecke zwischen Zittau und Görlitz ist seitdem lahmgelegt. Wieder einmal. Erst vor einem Jahr war die Strecke monatelang nicht befahrbar. Nach mehreren Kabeldiebstählen damals hatte die Deutsche Bahn die Kabel neu - und extra unter der Brücke über die Neiße verlegt.

Kollegen des Sicherheitsbetriebs der Deutschen Bahn (DB) hatten die Brücke ein halbes Jahr lang Tag und Nacht bewacht. Die DB hat zudem eine Überwachungskamera anbringen lassen. "Aber auch die Kamera kann nicht jede Stelle der Brücke erfassen", sagt Stephan John, der Regionalleiter der DB Sicherheit, einigermaßen resigniert.

Die Bahnbrücke in Hirschfelde führt über die Neiße auf die polnische Seite. Für die Deutsche Bahn, der das Streckennetz gehört, ist diese Brücke der absolute Schwerpunkt von Kabeldiebstählen in ganz Sachsen.
Die Bahnbrücke in Hirschfelde führt über die Neiße auf die polnische Seite. Für die Deutsche Bahn, der das Streckennetz gehört, ist diese Brücke der absolute Schwerpunkt von Kabeldiebstählen in ganz Sachsen. © Matthias Weber/photoweber.de

Am Donnerstagnachmittag ist John gemeinsam mit seiner Kollegin Franca Sperling von der DB Netz und Alfred Klaner von der Bundespolizei nach Hirschfelde gekommen, um vor Ort die weiteren Schritte zu besprechen. Fakt ist: Ohne die Streckenkabel kann kein Zug fahren. "Wir brauchen sie für die Steuerung der Signale, für die Verständigung der Lokführer mit den Fahrdienstleitern, für die Sicherheitstechnik und die Überwachung des Verkehrs auf den Strecken", erklärt Franca Sperling.

Baumaßnahme dauert voraussichtlich bis Ende Februar

Jetzt will die Deutsche Bahn etwas ganz Neues versuchen: "Es wird eine umfangreiche Baumaßnahme werden", kündigt Franca Sperling an. Was genau da jetzt gebaut wird? "Kein Kommentar", sagt die Leiterin für das Anlagen- und Instandhaltungsmanagement der Bahn. Wie die Kupferleitungen künftig versteckt und ein für allemal vor Diebstahl geschützt werden sollen, das soll nicht verraten werden.

"Wir werden alles tun, es den Kriminellen künftig schwerer zu machen", sagt sie. "Dazu gehört auch, dass wir nicht öffentlich machen wollen, was wir jetzt vorhaben", erklärt sie. Das Genehmigungsverfahren für das Projekt läuft bereits, sagt Franca Sperling. Weil die Brücke über die deutsch-polnische Grenze verläuft, muss auch die polnische Seite beteiligt werden. "Wir hoffen, dass das jetzt zügig geht", sagt Sperling, "anders können wir einen sicheren Betrieb dieser Strecke nicht mehr gewährleisten."

Bei der Deutschen Bahn rechnet man jetzt damit, dass die Bauarbeiten in den nächsten Wochen beginnen können und Ende Februar abgeschlossen sind. So lange wird die Odeg, die die Strecke Zittau - Görlitz befährt, zwischen Zittau und Hagenwerder wieder Busse im Ersatzverkehr einsetzen. Man könne die Fahrgäste da nur um Verständnis bitten, so Sperling.

Polizei hat bisher keine Tatverdächtigen

Die Polizei hat bisher keinen Tatverdächtigen ermitteln können. "Wir gehen davon aus, dass die Täter von der polnischen Seite kommen", sagt Alfred Klaner von der Bundespolizeiinspektion Ebersbach. Auch sind sich die Ermittler sicher, dass die Täter in einer Gruppe agieren und sehr gezielt vorgehen.

Für die Deutsche Bahn ist die Hirschfelder Brücke über die Neiße der absolute Schwerpunkt-Ort von Kabeldiebstählen im gesamten Streckennetz in Sachsen. Nach Auskunft der Anlagenmanagerin ist der Schaden für das Unternehmen an dieser Stelle erheblich: Bei mehreren großen Kabel-Diebstählen in den letzten Jahren sind hier anderthalb Tonnen Kupfer entwendet worden - einmal sogar während der Bauarbeiten.

Neben dem finanziellen Schaden werde es auch immer mehr zum Problem, die gestohlenen Kabel schnell wieder ersetzen zu können, sagt Franca Sperling: "Kupferkabel für Bahnanlagen sind zurzeit Mangelware." Alle Hoffnungen liegen nun darauf, dass der geheime Plan am Ende auch wirklich aufgeht - und Kabeldiebe an der Hirschfelder Brücke künftig keine Chance mehr haben.