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Zittauer Krankenschwester schreibt an Karl Lauterbach

Die Pflegefachkraft setzt sich für ihre Kollegen auf der Corona-Station ein, die beim Bundes-Bonus leer ausgehen. Jetzt kam die enttäuschende Antwort aus Berlin.

Von Jana Ulbrich
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Blick in die Corona-Station 4 im Zittauer Krankenhaus. Viele Mitarbeiter gehen hier trotz harter Arbeit bei der Bundesprämie leer aus - und nicht nur hier.
Blick in die Corona-Station 4 im Zittauer Krankenhaus. Viele Mitarbeiter gehen hier trotz harter Arbeit bei der Bundesprämie leer aus - und nicht nur hier. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Dieses Jahr im Mai hat Petra Zückert gekündigt. Nach zwei Jahren auf der Corona-Station ist die Krankenschwester mit ihren Kräften am Ende. Petra Zückert ist jetzt 62. Sie muss es nun irgendwie schaffen bis zur Rente. "Es ging einfach nicht mehr länger, ich konnte nicht mehr", sagt sie. Sie sagt das, als ob sie sich entschuldigen müsste. Mit leisen Worten. Es ist kein leichter Abschied für sie nach 41 Jahren im Zittauer Krankenhaus.

Im November hat Petra Zückert noch einen schönen Bonus auf ihr Konto bekommen für ihre Arbeit auf der Corona-Station: eine Prämie von der Bundesregierung. Dank und Anerkennung für ihren Einsatz am Krankenbett während der Pandemie. Die 62-Jährige gehört damit zu dem Teil der Pflegekräfte in den Krankenhäusern, der in diesem Jahr überhaupt in den Genuss dieser Prämie kommt. Weil sie zuletzt auf der Corona-Station gearbeitet hat und auch noch eine ausgebildete Fachkrankenschwester ist, bekommt sie den höchsten Prämiensatz.

Dabei hat ihre Qualifikation zur Anästhesie- und Intensiv-Schwester an den Betten der Corona-Patienten überhaupt keine Rolle gespielt. "Natürlich freue ich mich über die Prämie", sagt sie. "Aber ich empfinde es als absolut ungerecht, wie der Bund das Geld diesmal verteilt hat". Diesmal nämlich konnten die Kliniken den staatlichen Bonus nicht nach eigenem Ermessen an die Pflegekräfte verteilen. Die Bundesregierung hat ganz genaue Vorgaben gemacht: Pflegefachkräfte erhalten eine Prämie von 2.203,82 Euro, Intensivpflegefachkräfte bekommen sogar 3.305,73 Euro. Krankenpflegehelfer bekommen gar nichts.

"Dabei haben gerade die Pflegehelfer auf der Corona-Station Schwerstarbeit geleistet", weiß Petra Zückert. "Sie waren es, die die schwerkranken Corona-Patienten gepflegt haben. Sie haben sie gewaschen, gefüttert, gewindelt, ihnen beim Trinken den Kopf gehalten, sie rasiert, die Nägel geschnitten", so schildert es die Krankenschwester. Viele der Corona-Patienten auf der Station seien so schwer krank gewesen, dass sie rund um die Uhr Hilfe gebraucht hätten. "Sie konnten sich nicht selber umdrehen, nicht aufstehen, nicht ohne Hilfe essen und trinken", erzählt Petra Zückert. Ohne die Pflegehelfer hätten sie die Arbeit nicht schaffen können.

"Wir waren so ein tolles Team auf der Corona-Station", sagt die Krankenschwester. "Wir haben alle zusammen Hand in Hand gearbeitet, ganz egal, was einer gelernt hat." Und bei der Prämie mache es nun auf einmal einen Unterschied, welchen Abschluss einer in der Tasche hat. "Diesen Bonus haben doch alle gleichermaßen verdient", findet Petra Zückert.

Also hat sie sich hingesetzt und einen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verfasst. "Ich wollte nicht untätig sein und mich alleine über meine Prämie freuen", sagt sie. "Ich wollte irgendetwas tun für meine ehemaligen Kollegen auf der Corona-Station, die alle eine unglaubliche Arbeit geleistet haben und die mir schon noch sehr am Herzen liegen."

Petra Zückert schreibt das also alles auf, erklärt dem Minister, dass der Pflegehelfer neben ihr am Krankenbett genauso viel geleistet hat wie sie, die Intensivpflegefachkraft. Sie schreibt auch an Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) und - weil das Klinikum Oberlausitzer Bergland dem Landkreis Görlitz gehört - an Landrat Stephan Meyer (CDU). Doch die Antworten, die die Krankenschwester jetzt erhalten hat, seien alle drei enttäuschend, sagt sie. Vor allem die Antwort aus Berlin hat Petra Zückert entsetzt:

"Aufgrund der Begrenztheit der Mittel"

"Aufgrund der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Mittel war es notwendig, den Kreis der Prämienberechtigten anhand klar definierter Kriterien zu begrenzen", so erklärt ihr der "Bürgerservice" des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Anknüpfung an die Qualifikation der 'Pflegefachkraft' sei gewählt worden, um "eine zweifelsfreie Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises" zu gewährleisten. "Das ist doch ein Hohn", sagt Petra Zückert. Sie jedenfalls wolle sich von keinem Krankenpflegehelfer "zweifelsfrei abgrenzen". "Man hätte doch die Mittel, die zur Verfügung stehen, auch ganz einfach anders aufteilen können", sagt sie.

Auch der Antwort aus Sachsens ebenfalls SPD-geführtem Sozialministerium kann Petra Zückert nichts abgewinnen. "Die schieben das Problem einfach als 'nicht zuständig' von sich", ärgert sie sich: So teilt ihr eine Bürgerbeauftragte des Ministeriums lediglich mit, dass es sich hier um ein Bundesgesetz handelt und die Länder in dieser Sache keine Gesetzeskompetenz hätten. Dass Petra Zückert und viele ihrer Kolleginnen und Kollegen die gewünschte Anerkennung ihrer Arbeit vermissen, könne die Bürgerbeauftragte aber "gut nachvollziehen". Aha.

Der Görlitzer CDU-Landrat Stephan Meyer gibt zumindest ein politisches Statement ab: "Mit dieser Regelung wird die Gesamtleistung aller im Krankenhaus tätigen Mitarbeitenden infrage gestellt", schreibt er. Die Art der Unterteilung sei nicht geeignet, um den Einsatz aller Kolleginnen und Kollegen angemessen zu würdigen. Die Geschäftsführung des Klinikums Oberlausitzer Bergland habe sich deshalb ebenfalls mit einem Brief an das Bundesgesundheitsministerium gewandt, der den Verteilmodus als "realitätsfern" kritisiert und die Möglichkeiten eines Ausgleichs für weitere Beschäftigte erwirken soll. Er wolle das mit Kräften unterstützen, schreibt Stephan Meyer. Bisher allerdings hat sich in dieser Sache nichts getan.