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Zugunglück: Toter stammte aus Sachsen

Zwei tschechische Züge sind nahe der deutschen Grenze kollidiert. Es gibt zwei Tote. Ein Lokführer wurde festgenommen.

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Die beiden Züge stehen nach der Kollision ineinander verkeilt auf dem Gleis.
Die beiden Züge stehen nach der Kollision ineinander verkeilt auf dem Gleis. © Slavomír Kubeš/CTK/dpa

Karlsbad. Nach dem tödlichen Zugunglück im tschechischen Grenzgebiet zu Deutschland steht die Suche nach der Ursache im Mittelpunkt.

Zwei Personenzüge waren am Dienstagnachmittag auf einer eingleisigen Strecke zwischen dem westböhmischen Karlsbad (Karlovy Vary) und dem sächsischen Johanngeorgenstadt frontal ineinander gefahren. Bei dem Unfall kam ein Deutscher ums Leben. Es handele sich um einen 49 Jahre alten Mann aus dem Erzgebirge, teilte das sächsische Innenministerium am Mittwoch auf Anfrage mit. Auch ein Tscheche starb bei der Kollision. Nach einer letzten Bilanz des Rettungsdienstes wurden zudem neun Menschen schwer und 15 leicht verletzt.

Schwerverletzte sind außer Lebensgefahr

Unter den Verletzten sind nach derzeitigen Erkenntnissen zwei Deutsche. Ein 49 Jahre alter Mann sei mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus nach Zwickau geflogen worden. Zudem kam ein 78-Jähriger zur Behandlung ins Krankenhaus nach Erlabrunn.

Rettungskräfte inspizieren am Unglücksort die Züge, die miteinander kollidiert sind.
Rettungskräfte inspizieren am Unglücksort die Züge, die miteinander kollidiert sind. © Staatliche Eisenbahnverwaltung Tschechien/dpa
© CTK
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Rettungskräfte versorgen Verletzte in der Nähe der Unfallstelle. 
Rettungskräfte versorgen Verletzte in der Nähe der Unfallstelle.  © Staatliche Eisenbahnverwaltung Tschechien
Rettungskräfte stehen am Bahnhof Pernink. 
Rettungskräfte stehen am Bahnhof Pernink.  © dpa/Bernd März

Vier weitere Schwerverletzte werden im Krankenhaus in Pilsen (Plzen) behandelt. Sie seien in einem stabilen Zustand und außer Lebensgefahr, sagte eine Kliniksprecherin am Mittwoch nach Angaben der Agentur CTK. Die übrigen Verletzten konnten inzwischen nach Hause entlassen werden.

Insgesamt befanden sich 33 Personen in den beiden Zügen. Der Sachschaden an den Fahrzeugen wurde auf mindestens 20 Millionen Kronen, umgerechnet knapp 750.000 Euro geschätzt.

Lokführer festgenommen

Die Unglücksstelle in einem Waldstück zwischen den Gemeinden Pernink und Nove Hamry im Westen Tschechiens war für die Rettungskräfte nur schwer zugänglich. Beim Rettungsdienst wurden laut Informationen des tschechischen Fernsehens die erste Stufe einer Massenkatastrophe ausgerufen. Das Unglück geschah gegen 15.10 Uhr, etwa 600 Meter vom Bahnhof Pernink entfernt.

"Es ist offensichtlich, dass es zu menschlichem Versagen gekommen ist", sagte der tschechische Verkehrsminister Karel Havlicek dem Sender CT. Er war noch am Abend an den Unglücksort geeilt. Die Polizei nahm einen der beiden Lokführer fest. Der Verdacht laute auf fahrlässige Gefährdung der Allgemeinheit, sagte eine Sprecherin. 

Der Mann soll nach ersten Erkenntnissen zu früh losgefahren sein. Er habe neben den Gleisen gesessen und gesagt "Was habe ich nur getan, was habe ich nur getan?", berichtete ein Augenzeuge der Zeitung "Pravo". Auch die Eisenbahninspektion nahm Ermittlungen zur Unglücksursache auf.

Der Leiter der Eisenbahninspektion, Jan Kucera, sagte am Mittwoch im Rundfunk, der Mann habe noch nicht verhört werden können. Aus Tonaufzeichnungen der Funkkommunikation zwischen ihm und dem Fahrdienstleiter gehe hervor, dass der Lokführer im Bahnhof Pernink auf den entgegenkommenden Zug hätte warten müssen.

Hubschrauber aus Sachsen im Einsatz

Der eine Zug war auf der eingleisigen Strecke unterwegs vom westböhmischen Bäderort Karlsbad ins sächsische Johanngeorgenstadt, der andere in umgekehrter Richtung. Die kurvenreiche und hügelige Trasse führt über den Erzgebirgskamm. Warum die Züge zusammenstießen, ist unklar. Sie sollten sich eigentlich erst im nächsten Bahnhof kreuzen. Betrieben wird dieser Teil der Trasse von der staatlichen tschechischen Eisenbahn (CD).

Mehrere Rettungshubschrauber waren im Einsatz, darunter auch einer aus dem benachbarten Sachsen. Die Einsatzkräfte waren mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Feuerwehr musste die Verletzten wegen des unzugänglichen Geländes über die Gleise zu Fuß in den nächsten Bahnhof tragen. In den Krankenhäusern der Region wurde ein sogenannter "Traumaplan" ausgerufen. Das bedeutet, das Personal wird darauf vorbereitet, dass eine Vielzahl an Patienten eingeliefert wird.

Auf Fotos war zu sehen, dass die beiden Fahrerbereiche komplett demoliert waren. Der Betrieb auf der Strecke wird im vereinfachten Betrieb ohne besondere sicherungstechnische Einrichtungen durchgeführt. Dafür ist die Höchstgeschwindigkeit auf 90 Kilometer pro Stunde begrenzt.

Die Front eines Zuges ist zertrümmert.
Die Front eines Zuges ist zertrümmert. © Slavomír Kubeš/CTK/dpa

Der Verkehrsexperte und Gewerkschaftsfunktionär Jindrich Berounsky kritisierte die fehlenden automatischen Sicherheitseinrichtungen auf vielen Strecken: "Wie viele Opfer muss es noch bei Eisenbahnunglücken geben, damit das Verkehrsministerium endlich eine systematische Lösung des Sicherheitsproblems findet, die des 21. Jahrhunderts würdig ist?" Tschechien hat eines der dichtesten Eisenbahnnetze in Europa, das aber in vielen Teilen veraltet ist. (dpa)