SZ + Dippoldiswalde
Merken

Wie weiter mit dem Tourismus im Osterzgebirge?

AfD und Wählergemeinschaft kürzen Investitionen in den Tourismus aus dem Altenberger Haushalt. Kurzsichtig, findet der Schellerhauer Ortschaftsrat.

Von Siiri Klose
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Evelin Kunze, Ines Schubert und Ingo Rümmler in der ehrenamtlich gebauten Schutzhütte am Glückspilz. Die Schellerhauer fordern In einem offenen Brief den Stadtrat auf, mehr in den Tourismus zu investieren.
Evelin Kunze, Ines Schubert und Ingo Rümmler in der ehrenamtlich gebauten Schutzhütte am Glückspilz. Die Schellerhauer fordern In einem offenen Brief den Stadtrat auf, mehr in den Tourismus zu investieren. © Karl-Ludwig Oberthür

Kein Geld für Wanderhütten, kein Geld für Fahrrad-Ladestationen, kein Geld für Info-Terminals - der Haushaltsplan, den der Altenberger Stadtrat bei seiner letzten Sitzung im Dezember für die Jahre 2021 und 2022 verabschiedete, sah ganz schön gerupft aus. Der Schellerhauer Ortschaftsrat sieht das mit Sorge.

Nach den drastischen Kürzungen im touristischem Bereich stelle sich die Frage, "ob der wirtschaftliche Stellenwert nicht ausreichend argumentiert wurde. Zumal für die Ortsteile Oberbärenburg und Schellerhau in den nächsten Jahren die Verteidigung des Titels 'Staatlich Anerkannter Erholungsort' wieder ansteht", steht in dem offenen Brief an die Stadt Altenberg, den die Schellerhauer auch an die Sächsische Zeitung sendeten.

Minus im Altenberger Haushalt verkleinern

Die Streichungen gingen alle auf Anträge der Fraktionen Wählergemeinschaft Osterzgebirge und der AfD zurück. Zusammen erreichten sie mit 13 Stimmen eine Mehrheit dafür im 22-köpfigen Stadtrat.

"Ich rede nicht über das, was wünschenswert ist, sondern, was finanzierbar ist", begründete Bernd Greif (CDU) als Fraktionsvorsitzender damals das Vorgehen der Wählergemeinschaft Osterzgebirge. Ihm ginge es darum, das Minus von 560.000 Euro im Haushalt zu verkleinern - auch wenn Altenbergs Bürgermeister Thomas Kirsten beteuerte: "Der Haushalt hat dieses Minus durch die Mindereinnahmen wegen Corona. Das können wir aber ausgleichen. Die Liquidität haben wir."

Keine Haushaltsmittel, keine Fördermittel

Für den Schellerhauer Ortschaftsrat besteht das Problem nicht nur aus den gestrichenen Haushaltsmitteln: "Fördermittel sind ein attraktives Finanzierungsinstrument, da zum größten Teil die Zuschüsse nicht zurückbezahlt werden müssen. Der Tourismus, das wichtigste Standbein der Region, ist ein förderfähiger Bereich", heißt es in dem offenen Brief.

Im Fall der öffentlichen Fahrrad-Ladestationen, die an den Bahnhöfen Kipsdorf und Geising gebaut werden sollten, verzichtet Altenberg auf eine 80-prozentige Förderung von 160.000 Euro, die zum eigenen Einsatz von 40.000 Euro dazugekommen wäre. Im Fall der Wanderhütten gehen pro anvisiertem Förderjahr 45.000 Euro verloren, also insgesamt 180.000 Euro bei einem eigenen Einsatz von 60.000 Euro - das entspricht einem Zuschuss von 75 Prozent.

Wanderhütten brauchen jetzt Geld

Gerade jetzt sei dieses Geld aber nötig, bemerkte Bürgermeister Kirsten. "Viele Wanderhütten wurden nach der Wende in ABM-Maßnahmen gebaut. Jetzt sind sie in die Jahre gekommen." Der Entschluss, dafür kein Geld bereitzustellen, bedeute, dass sie ersatzlos weggerissen werden müssten.

"In diesem Winter wird besonders deutlich, wie sehr Wanderer und Tourengeher auf Hütten und Bänke angewiesen sind", sagt Ingo Rümmler, der Ortsvorsteher von Schellerhau. "Sie können ja nirgends einkehren. Und im Schnee kann man sich auch schlecht einfach mal auf den Boden setzen."

Schellerhauer sehen Stadträte in der Pflicht

In ihrem offenen Brief argumentieren die Schellerhauer: "Über viele Jahrzehnte entwickelten Menschen, viele auch im Ehrenamt, interessante und neue Wanderwege, machten sich Gedanken über die Vermittlung von Traditionen und schufen sich eigene Existenzen." So seien moderne, attraktive und zertifizierte gastronomische Einrichtungen und Vermietungsangebote entstanden. "Die Region Altenberg zeigt und verspricht dadurch dem Urlauber eine besondere Qualität, die ihn in der Region erwartet", heißt es weiter. "Da beneidet uns so mancher Mitbewerber anderer Regionen nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit." Auch deshalb seien nun die Stadträte in der Pflicht, diese positive Präsentation nach außen zu pflegen und weiter zu entwickeln. "Dazu zählen auch Wanderwege und Wanderhütten, deren Pflege und Instandhaltung nun laut Beschluss gekürzt wurde."

Wanderwege lassen sich nicht im Ehrenamt pflegen

Einen Wanderweg wie den Kammweg Erzgebirge-Vogtland, der eben erst vom Tourismusverband Erzgebirge zu „Deutschlands schönstem Wanderweg 2021“ in der Kategorie Mehrtagestouren nominiert wurde, allein im Ehrenamt instand zu halten, sei nicht möglich, "und den vielen fleißigen Helfern nicht zu vermitteln."

Bei den E-Bike-Ladestationen "wurden Gelder gestrichen, wo wir ohnehin schon Nachholbedarf haben. Es gibt andere Regionen, die sind schon beim Bau eigener Radwege für E-Biker".

Doch die Mehrheit der Fraktionen Wählergemeinschaft Osterzgebirge und AfD im Stadtrat Altenberg hätten mit ihrem Streichungsbeschluss "gar nicht zugelassen, dass es hier eine Weiterentwicklung geben kann."

Tourenplanung nach Ladestationen für E-Bikes

Laut AfD-Fraktionsvorsitzendem Uwe Frank würden die E-Bike-Fahrer keine öffentliche Ladestelle brauchen: "An jeder Haushaltssteckdose kann man die laden", sagte er. Diese Einstellung findet Ingo Rümmler angesichts der eben eröffneten Blockline eher kurzsichtig. "Die Blockline ist eine Mehrtagesstrecke. Die Radfahrer planen ihre Touren sehr wohl nach den Aufladestationen auf dem Weg", sagt Rümmler.

Als Region mit einer langen Tradition im "Gastgeber sein" müsse die Weiterentwicklung des Tourismus ein kommunalpolitisches Ziel für Altenberg sein, geben die Schellerhauer den Stadträten noch mit auf den Weg. "Wir würden uns vor der Erstellung des nächsten Haushaltsplanes wünschen, dass viele Ideen zur Weiterentwicklung unserer Region eingebracht werden, aber vor allem auch im Vorfeld eine zielführende Diskussion dazu geführt wird."

Mehr Nachrichten aus Dippoldiswalde und Umgebung lesen Sie hier.